Wintercheck VfL Osnabrück
Analyse & Prognose zur Rückrunde
Die Ausgangslage für den VfL Osnabrück ist vor Beginn der Rückrunde denkbar schlecht. Nur neun Punkte konnte der Aufsteiger aus den 17 Hinrundenspielen sammeln, kassierte zehn Niederlagen und feierte nur einen einzigen Sieg. Dennoch und trotz acht Zählern Rückstand auf den Relegationsplatz sowie sogar neun Punkten ans rettende Ufer hat man sich an der Bremer Brücke noch nicht aufgegeben. Auch deshalb nicht, weil vor Weihnachten nach dem Trainerwechsel von Tobias Schweinsteiger zu Uwe Koschinat zumindest ein leichter Aufschwung einsetzte.
Die Hinrunde in der Zusammenfassung
Nur ein Punkt aus den ersten sechs Spielen sowie das unglückliche Erstrunden-Aus im DFB-Pokal gegen den 1. FC Köln (1:3 n.V.) bedeuteten für den VfL Osnabrück einen klassischen Fehlstart. Just als mit einem 0:7 bei Hannover 96 der Tiefpunkt erreicht war, gelang im folgenden Heimspiel gegen den Hamburger SV (2:1) aber der ersehnte, erste Saisonsieg. Diesem schlossen sich respektable Unentschieden gegen den zu diesem Zeitpunkt noch formstarken 1. FC Kaiserslautern (2:2) und bei Fortuna Düsseldorf (1:1) an, sodass die Hoffnung auf eine dauerhafte Trendwende durchaus berechtigt war.
Danach allerdings holten die Lila-Weißen aus den Partien gegen den SV Wehen Wiesbaden (0:2), bei der SpVgg Greuther Fürth (0:4), gegen Holstein Kiel (1:1) und bei Eintracht Braunschweig (2:3) nur einen von zwölf möglichen Zählern. Die Last-Minute-Pleite im Kellerduell in Braunschweig geriet dann zur Abschiedsvorstellung von Aufstiegstrainer Schweinsteiger, für den zunächst interimsweise Co-Trainer Martin Heck übernahm, indes gegen den 1. FC Magdeburg (0:2) auch eine Niederlage kassierte. Der neue Chefcoach Koschinat führte sich anschließend mit einem 0:4 beim FC Schalke 04 auch alles andere als gut ein, stabilisierte die Mannschaft in der Folge aber und konnte mit Mut machenden Unentschieden gegen den FC St. Pauli (1:1) sowie bei Hertha BSC (0:0) in die Winterpause gehen.
Stärken & Schwächen
Man muss schon ein wenig suchen, um angesichts der bisherigen Punktausbeute auf Stärken des VfL Osnabrück zu stoßen. Und doch gibt es sie. So verfügen die Lila-Weißen trotz der 38 kassierten Gegentore gleich über zwei zweitligataugliche Torhüter. Lennart Grill und der zuletzt unter Koschinat ins Tor zurückgekehrte Philipp Kühn lieferten überdurchschnittliche Leistungen ab und verhinderten sogar oft noch Schlimmeres.
Eine Stärke zeigen auch die offiziellen DFL-Statistiken, gewann doch kein anderer Zweitligist mehr Zweikämpfe als der VfL, was freilich auch in Zusammenhang mit nur 44 Prozent Ballbesitz steht. Sowohl bei der Passquote (78,6%) als auch in allen Laufkategorien (absolvierte Kilometer, intensive Läufe und Sprints) gehört Osnabrück unterdessen zu den drei schwächsten Teams der Liga. Der Ansatz von Koschinat, nach seinem Amtsantritt direkt an der Fitness zu arbeiten, ist damit bestens begründet.
Nicht nur die 38 Gegentore sind der schlechteste Wert, sondern auch 15 eigene Tore bedeuten ligaweit Platz 18. Kein anderer Verein hatte zudem weniger als acht verschiedene Torschützen in seinen Reihen. Die verbesserte Fitness, die Wintertransfers (siehe unten) und die Rückkehr von Abwehrchef Timo Beermann, der verletzungsbedingt in der Hinrunde nur auf vier Einsätze kam, lassen in beiden Bereichen aber auf Besserung hoffen.
Gewinner & Verlierer
Gewinner gab es in der Osnabrücker Hinrunde eher wenige. Erik Engelhardt ist der Sprung von der 3. Liga in die 2. Bundesliga aber im Vergleich zu vielen Kollegen gut gelungen. Nach elf Toren und acht Vorlagen in der Aufstiegssaison ist der 25-Jährige auch aktuell mit fünf Toren und einem Assist der interne Top-Scorer. Engelhardt, der auch unter Koschinat gesetzt scheint, zeichnet sich indes nicht nur mit seinen Torbeteiligungen aus, sondern auch mit seiner Arbeit gegen den Ball. So hat ligaweit kein anderer Spieler mehr Zweikämpfe gewonnen als der im Sommer 2022 von Energie Cottbus gekommene Stürmer.
Nicht gut gelaufen ist die Hinserie für gleich mehrere Profis. Die als Hoffnungsträger für den Sturm geholten Kwasi Wriedt und John Verhoek sind noch torlose und konnten die Erwartungen nicht ansatzweise erfüllen. Auch Charalampos Makridis kam über eine Nebenrolle nicht hinaus. Und Maximilian Thalhammer, mit der Erfahrung aus 98 Zweitliga-Spielen für den FC Ingolstadt und Jahn Regensburg als Stabilisator im defensiven Mittelfeld verpflichtet, musste unter Koschinat zunächst in der Innenverteidigung aushelfen und blieb dann an den beiden letzten Spieltagen vor Weihnachten komplett auf der Bank.
Winter-Transfers: Wer kommt, wer geht?
Während es bislang auch im Winter nicht gelungen ist, mit Oliver Wähling und Paterson Chato zwei Akteure ohne echte Einsatzperspektive von der Gehaltsliste zu streichen, stehen bislang mit dem vom 1. FC Kaiserslautern ausgeliehenen Lex-Tyger Lobinger und dem von Olympiakos Piräus gekommenen Athanasios Androutsos zwie Neuzugänge fest.
Zwei der drei Wünsche, die Trainer Koschinat kurz vor Weihnachten äußerte, wurden mit Mittelstürmer Lobinger und Rechtsverteidiger Androutsos, dessen rechtzeitige Verpflichtung wegen der Sperre von Bashkim Ajdini zum Rückrundenaufakt besonders wichtig war, erfüllt. Ob auch noch ein zentraler Mittelfeldspieler hinzu kommt, ist offen und könnte von den ersten Ergebnissen abhängen.
Vorbereitungsfazit & Prognose
Der VfL Osnabrück hat in der Vorbereitung die positive Tendenz seit dem Trainerwechsel bestätigt und nach einem 2:2 im ersten Test gegen Twente Enschede vor allem mit dem 3:1-Erfolg gegen den FC St. Pauli bei der über zwei Mal 75 Minuten angesetzten Generalprobe aufhorchen lassen. Insbesondere der griechische Nationalspieler Androutsos hat dabei angedeutet, zu einer echten Verstärkung werden zu können.
Doch obwohl der Trend in die richtige Richtung geht und auf dem Transfermarkt ausgemachte Lücken geschlossen werden konnten, wiegt das Handicap der schwachen Hinrunde schwer. Aus unserer Sicht zu schwer. Wir glauben zwar, dass die Lila-Weißen eine deutlich bessere Rückserie spielen werden, aber für den Klassenerhalt reichen wird es am Ende vermutlich nicht mehr.