Sebastian Jung vom KSC im Interview: „Früher fragte ich mich, warum ich? Warum schon wieder?“
Jung spricht über das Spiel gegen Schalke und sein früheres Verletzungspech
Sebastian Jung spricht im exklusiven Interview mit Liga-Zwei.de über die starke Rückrunde des Karlsruher SC, seine Favoriten im Aufstiegskampf, das bevorstehende Spiel gegen Schalke 04 und sein früheres Verletzungspech.
Herr Jung, wie gut fühlt sich eine Länderspielpause an, wenn das letzte Spiel zuvor gegen den 1. FC Magdeburg mit 7:0 gewonnen wurde?
Es ist immer schön, wenn man das letzte Spiel vor einer Länderspielpause gewinnt und ruhige zwei Wochen hat. Das Ergebnis war natürlich sehr deutlich. Davon dürfen wir uns allerdings nicht blenden lassen. Auch dafür gibt es nur drei Punkte. Aber wir können für die kommenden Wochen auf die Leistung aufbauen.
Wie ist es zu erklären, dass Sie den 1. FC Magdeburg in diesem verrückten Spiel regelrecht überrollt haben? Mal abgesehen davon, dass Magdeburg auch einige Fehler gemacht hat…
Einerseits hat der Gegner sicherlich Fehler gemacht, aber andererseits haben wir die Fehler auch provoziert und ausgenutzt. Das ist uns mehrfach gelungen. Dann kann so ein Ergebnis zustande kommen.
Der Karlsruher SC hat nun drei der letzten vier Spiele gewonnen. Der Rückstand auf den Relegationsplatz beträgt sechs Punkte. Haben Sie im Kopf, dass Platz 3 noch möglich ist?
Möglich wäre rein theoretisch auch noch ein Abstieg… Klar, sechs Punkte auf den Relegationsplatz sind nur zwei Siege. Aber es sind eben zwei Siege, die wir mehr holen müssten als zum Beispiel der HSV, der momentan auf dem Relegationsplatz steht. Bei acht ausbleibenden Spielen wird das wohl nichts werden. Von daher schielen wir gar nicht dorthin. Wir wollen einfach weiter Gas geben, Punkte holen und in der Tabelle so gut wie möglich abschneiden.
Was glauben Sie, welche Mannschaften in die Bundesliga aufsteigen werden?
Mit St. Pauli und Holstein Kiel gibt es zwei Mannschaften, die sich ein bisschen abgesetzt haben. Ich vermute, dass die am Ende auch aufsteigen werden. Um Platz 3 ist es deutlich enger mit HSV, Düsseldorf und auch Hannover. Ich kann mir vorstellen, dass der HSV in die Relegation gehen wird.
Nach der Hinrunde stand der KSC auf Tabellenplatz 12. In der Rückrundentabelle liegen Sie auf Rang 2. Nur der Tabellenführer FC St. Pauli holte in der Rückrunde noch mehr Punkte. Wie erklären Sie sich die zwei unterschiedlichen Halbserien?
Ich denke, die positive Entwicklung fing bereits im November an…
Sie haben nur zwei der letzten 14 Spiele verloren…
Genau. Ich denke, dass wir auch zuvor bereits viele gute Spiele gemacht haben, in denen das Ergebnis allerdings nicht passte. Das haben wir über die ersten zwölf Spieltage leider nicht konsequenter hinbekommen.
Nach der Länderspielpause steht das Auswärtsspiel gegen den FC Schalke 04 an. In der Hinrunde gewannen Sie gegen Schalke mit 3:0. Schalke steht nach der Niederlage gegen Hertha BSC unter Druck und hat nur noch zwei Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz. Was für ein Spiel erwarten Sie?
Ich erwarte, dass Schalke alles reinhaut und vor den eigenen Fans kämpft bis zum Umfallen. Wir müssen kühlen Kopf bewahren, dürfen uns aber auch nicht in irgendeiner Form einschüchtern lassen. Wir müssen versuchen, guten Fußball zu spielen, aber auch die Zweikämpfe annehmen. Dann kann man überall in der 2. Liga bestehen.
Wie sehr überrascht es Sie, dass Schalke im Abstiegskampf steckt?
Es ist immer überraschend, wenn sich ein Bundesliga-Absteiger in der 2. Liga sehr, sehr schwertut und fast die gesamte Saison unten drinhängt. Es gab zwar schon einige Absteiger, die zunächst Schwierigkeiten hatten, sich anzupassen. Aber am Ende setzte sich meist die Qualität durch, sodass es ins obere Drittel geht. Das hat Schalke verpasst. Natürlich ist das ein Club, der nicht dorthin gehört.
Trotz der sportlichen Misere wird der FC Schalke in jedem Heimspiel von durchschnittlich 61.400 Zuschauern unterstützt. Liegt Ihre Aufgabe auch darin, dafür zu sorgen, dass die Fans unzufrieden werden, sodass die Unterstützung zum Beispiel bei einem Gegentor vielleicht ins Gegenteil umschlägt?
Naja, wir wollen das Spiel gewinnen und daher zwangsläufig auch ein Tor schießen. Was dann auf den Rängen passiert, können wir nicht beeinflussen und liegt nicht in unserer Hand. Wir wollen aber jedenfalls nicht, dass Sie einen Sieg feiern können.
Themawechsel: Sie spielen nun Ihre zweite weitestgehend verletzungsfreie Saison, nachdem Sie in den sieben Jahren zuvor praktisch von einer Verletzung in die nächste geraten sind. Genießen Sie den Fußball dadurch nun besonders?
Ja, absolut. Die letzte Saison verlief mit den Einsätzen schon sehr gut. Diese Saison läuft es – toi, toi toi – nahezu perfekt. Ich habe 25 von 26 Spiele gemacht und kann zufrieden sein. Die Leistungen sind auch gut, daher ist das eine gute Saison für mich. Es macht echt viel Spaß mit der Truppe.
Sie erlitten zwei Kreuzbandrisse und viele weitere Verletzungen. Hatten Sie einmal darüber nachgedacht, Ihre Karriere zu beenden?
Ich glaube, dieser Gedanke kommt zwangsläufig. Aber nach zwei, drei Tagen habe ich immer wieder nach vorne geschaut. Gut, bei meinem zweiten Kreuzbandriss hier in Karlsruhe habe ich schon gedacht, dass es das vielleicht gewesen sein könnte. Aber es gab sehr zeitnah ein Gespräch mit dem Trainerteam. Die sagten mir, dass sie schauen wollen, wie die Reha anläuft und dass sie den Vertrag vielleicht noch einmal mit mir verlängern würden. Das gab mir ein positives Gefühl, sodass ich wieder nach vorne geguckt habe. Ich glaube, beide Seiten haben davon profitiert, dass wir die Zusammenarbeit fortgesetzt haben.
Haben Sie aus Ihren Verletzungen Konsequenzen gezogen? Gibt es eine Möglichkeit, noch mehr Prävention zu betreiben?
Ein Kreuzbandriss ist oft nur Schicksal. Bleibt man im Rasen hängen und macht man einen unglücklichen Schritt, kann das Kreuzband sofort gerissen sein. Auch in Zweikämpfen kann man sich jederzeit verletzen. Das lässt sich nicht immer verhindern. Aber Muskelkraft ist natürlich eine Komponente, mit der sich ein Kreuzband etwas schützen lässt. Daher ist regelmäßiges Krafttraining wichtig.
Sie debütierten 2014 bei der deutschen Nationalmannschaft und galten als einer der vielversprechendsten Außenverteidiger im deutschen Fußball. Denken Sie manchmal darüber nach, wo Sie heute ohne all die Verletzungsprobleme stehen würden?
Mittlerweile nicht mehr, aber früher gab es natürlich schon solche Gedanken. Ich ging von Frankfurt nach Wolfsburg, riss mir dort das Kreuzband und war neun Monate raus. Danach kam ich dort nicht mehr so richtig auf die Beine, habe nie 20 Spiele oder so am Stück gespielt. Oft habe ich drei oder vier Spiele gemacht, ehe die nächste Verletzung entstand. Dann denkt man sich mit 24, 25 Jahren: Warum ich? Warum schon wieder? Rückblickend könnte man sich auch fragen, ob man immer die richtige Entscheidung getroffen hat, wenn es zum Beispiel um Verträge ging. Aber es bringt nichts, viel darüber nachzudenken.
Dann blicken wir noch einmal in die Zukunft: Ihr Vertrag in Karlsruhe endet nach dieser Saison. Wie geht es danach weiter?
Das weiß ich noch nicht. Es gab ein erstes Gespräch mit dem Verein, aber dabei ging es noch nicht konkret um einen Vertrag. Wir haben darüber gesprochen, was der Verein vorhat und was meine Vorstellung ist. Mehr gibt es dazu noch nicht zu sagen.
Aber Sie fühlen sich wohl in Karlsruhe…
Ja, wir fühlen uns sehr wohl und sind nun auch schon fast vier Jahre hier. Wir haben zwei tolle Kinder, die sich hier in der Kita eingelebt haben. Wir sind auch nicht weit von der richtigen Heimat entfernt. Wir sind froh, hier zu sein und hoffen, dass es eventuell weitergeht.
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