KSC Teamcheck

Analyse & Prognose zur neuen Saison

Autor: Johannes Ketterl Veröffentlicht: Dienstag, 30.07.24 | 12:10
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War im letzten Drittel der vergangenen Saison eine feste Größe: Marcel Beifus (r.). © IMAGO / Zink

Nur der FC St. Pauli hat in der Rückrunde der vergangenen Saison noch zwei Punkte mehr geholt als der Karlsruher SC (34), für den es aber aufgrund einer mit 21 Zählern bedeutend schwächeren Hinserie in der Endabrechnung dennoch „nur“ zum fünften Platz reichen sollte – aber damit immerhin zur besten Platzierung seit 2014/15, als als Tabellendritter die Relegation gegen den Hamburger SV auf denkbar bittere Art und Weise verloren wurde.

Der starken Rückrunde indes folgte ein größerer Kaderumbau inklusive dem Verlust mehrerer Leistungsträger. Ob der neuformierte KSC an die Vorsaison anknüpfen kann oder kleinere Brötchen backen muss, analysieren wir in unserem Teamcheck.

Kommen & Gehen

Angesichts der sehr guten Entwicklung des Duos war früh absehbar, dass die nur ausgeliehenen Paul Nebel (1. FSV Mainz 05) und Igor Matanovic (Eintracht Frankfurt) zu ihren Stammvereinen zurückbeordert werden. Beide reißen im offensiven Mittelfeld und im Angriff große Lücken. Mit Torwart Patrick Drewes (VfL Bochum) und Mittelfeldmann Jerome Gondorf (Profikarriere beendet) sind zwei weitere Stammkräfte künftig nicht mehr dabei. Ebenso wenig wie Lars Stindl (Karriereende), Daniel Brosinski (Fortuna Kirchfeld), Philip Heise (Dynamo Dresden) und Marco Thiede (Ziel noch offen), die allesamt mit über 30 Jahren den Weg für einen Umbruch freimachten bzw. freimachen mussten.

Daniel O’Shaughnessy (HJK Helsinki) und Tim Rossmann (Fortuna Düsseldorf) spielten zuletzt verletzungsbedingt keine Rolle, ebenso wenig der verliehene Eren Öztürk (VSG Altglienicke) und Ersatzkeeper Kai Eisele (noch ohne neuen Verein).

Während Nebel und Matanovic nicht zu halten waren, konnte der KSC mit Linksverteidiger David Herold (FC Bayern München) einen anderen zur Stammkraft avancierten Leihspieler fest an sich binden. Mit Mittelfeldspieler Robin Heußer (SV Wehen Wiesbaden), Linksverteidiger Lasse Günther (FC Augsburg, ausgeliehen) und Torwart-Backup Robin Himmelmann (1. FC Kaiserslautern) verfügen neben Herold indes nur vier von neun externen Neuzugängen über Erfahrung in der 2. Liga.

Torwarttalent Aki Koch (1. FSV Mainz 05 II), der beidseitig einsetzbare Außenverteidiger Benedikt Bauer (SpVgg Unterhaching), Mittelfeldmann Noah Rupp (FC Luzern), Offensiv-Allrounder Bambasé Conté (TSG Hoffenheim, ausgeliehen) und Angreifer Andrin Hunziker (FC Basel, ausgeliehen) betreten hingegen Neuland, stehen mit jeweils 20 bzw. 21 Jahren zudem noch am Anfang ihrer Karriere. Genau wie Mateo Kritzer und Efe Kaan Sihlaroglu, die beide aus dem eigenen Nachwuchs aufrücken, wobei letzterer abermals wegen einer schweren Knieverletzung lange pausieren muss. Neu bzw. wieder dabei ist schließlich noch Stefano Marino, der nach einer Leihe zum FCA Walldorf auf Einsatzzeiten im Zweitliga-Sturm hofft.

So lief die Vorbereitung

Nachdem die beiden ersten deutlich gewonnenen Vorbereitungsspiele beim FSV Kappelrodeck-Waldulm (24:0) und beim SV Schluchtern (16:0) keine wirklichen Gradmesser waren, kassierte der KSC anschließend gegen Viktoria Pilsen (0:2) und gegen Górnik Zabrze (0:3) zwei Niederlagen ohne eigenes Tor. Der zu diesem Zeitpunkt durchaus zu spürenden Skepsis allerdings konnten die Badener dann drei Siege in Serie gegen HNK Rijeka (1:0), gegen die TSG 1899 Hoffenheim (3:1) und gegen den TSV 1860 München (2:0) entgegensetzen.

Die Generalprobe gegen Racing Straßburg heizte die in den letzten Wochen zunächst langsam gewachsene Zuversicht dann mit einem 4:1-Sieg noch weiter an.

Stärken & Schwächen

Der KSC ist mit seiner Entscheidung, viele nach fußballerischen Maßstäben alte Zöpfe abzuschneiden und auf einen radikalen Verjüngungskurs zu setzen, ein großes Risiko eingegangen. Weil ein gewisses Korsett weiter vorhanden ist, bietet sich zwar zugleich die Chance, dass die vielen jungen Spieler schnell reifen, doch sollten nur wenige der verbliebenen Eckpfeiler wie Sebastian Jung, Marcel Franke, Marvin Wanitzek oder Budu Zivzivadze nicht mehr funktionieren, könnte das ganze Gebilde ins Wackeln geraten.

Weil mit Matanovic, Nebel und Stindl nicht weniger als 44 Scorer-Punkte nicht mehr dabei sind, bleibt vor allem hinter der Offensive ein Fragezeichen. Vieles wird davon abhängen, dass Zivzivadze auch ohne Matanovic an seiner Seite weiter verlässlich trifft – und der wechselwillige Fabian Schleusener entweder bleibt oder adäquat ersetzt wird.  Zudem muss ohne Nebel und Stindl neben dem verlässlichen Scorer Wanitzek auch das übrige Mittelfeld mehr Torgefahr entwickeln.

Eine eingespielte Defensivreihe hat derweil in der Vorbereitung schon wieder Stabilität an den Tag gelegt und könnte zu einem Trumpf werden.

Der Trainer

Im Juni war alles andere als sicher, dass Christian Eichner in sein letztes Vertragsjahr gehen würde. Unter anderem beim 1. FC Köln und beim FC St. Pauli wurde der 41-Jährige gehandelt, der kein Geheimnis daraus machte, mit seiner ungewissen Zukunft und den ausbleibenden Gesprächen mit dem KSC nicht glücklich zu sein. In der Zwischenzeit ist zwar ein Verlängerungsangebot erfolgt, mit dem Eichner allerdings nicht zufrieden war.

Nichtsdestotrotz richtet der gebürtige Sinsheimer, der im Februar 2020 zunächst interimsweise und dann komplett übernommen hat, den Fokus auf die tägliche Arbeit und darauf, den nicht geringen Umbruch erfolgreich zu gestalten. Gelingt dieses Vorhaben, würde Eichner für andere Vereine sicherlich nicht unattraktiver. Die nächsten Spekulationen um die Zukunft des Trainers sind aber ohnehin programmiert, solange keine Verlängerung erfolgt.

© IMAGO / Carmele TMC-Fotografie.de

Seit Februar 2020 im Amt: Christian Eichner. © IMAGO / Carmele TMC-Fotografie.de

Der potentielle Shooting-Star

Der KSC hat eine Reihe vielversprechender Talente im Kader, durchaus auch mit der Aussicht auf Spielzeit. Als Stammspieler geht aus diesem Kreis aber nur Max Weiß in die Saison – seine erste als Nummer eins. Im Vertrauen auf das große Potential des Junioren-Nationaltorwarts ließ der KSC mit Patrick Drewes einen verlässlichen Schlussmann ziehen und hofft, dass Weiß die Eindrücke aus seinen bisherigen vier Zweitliga-Einsätzen bestätigen kann. Experten zweifeln daran nicht, gilt der 20-Jährige doch als eines der größten Torwarttalente Deutschlands und befindet sich nicht zufällig auch schon auf dem Radar finanzkräftigerer Vereine.

Die mögliche Startelf

Weiß – Jung, Beifus, Franke, Günther – Burnic, Rapp, Jensen, Wanitzek – Zivzivadze, Schleusener

Fazit & Prognose

Der KSC hat einiges an Qualität und Erfahrung verloren. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die im Gegenzug hinzugeholten Talente die entstandenen Lücken schließen können, allerdings vermutlich nicht auf Anhieb. Dem KSC steht deshalb aus unserer Sicht trotz der guten Vorbereitung eine deutlich schwierigere Saison bevor. Erneut im vorderen Drittel zu landen, dürfte kaum möglich sein. Wir erwarten den KSC stattdessen in der unteren Tabellenhälfte, dank des verbliebenen Grundgerüsts an überdurchschnittlichen Zweitliga-Spielern aber auch nicht im Abstiegskampf.

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