KSC Teamcheck
Analyse & Prognose zur neuen Saison
Zwar schloss der Karlsruher SC die Saison 2022/23 mit stattlichen neun Punkten Rückstand auf den sechstplatzierten SC Paderborn ab, führte als Tabellensiebter aber dennoch den Rest der Liga hinter den Top-Sechs an und konnte sich vor allem stets in sicherem Abstand zur Abstiegszone bewegen. Nichts anderes ist nun auch in der neuen Spielzeit das oberste Ziel, die die fünfte in Folge in der Zweitklassigkeit ist und in der das nun fertige, neue Wildparkstadion zu einem Faktor werden könnte.
In unserem Teamcheck beschäftigen wir uns ausführlich mit dem KSC und wagen am Ende auch eine Prognose, wohin es in dieser Saison gehen könnte.
Kommen & Gehen
Mit Torwart Marius Gersbeck (Hertha BSC), dem freilich lange verletzt ausgefallenen Sechser Tim Breithaupt (FC Augsburg) und dem in der Rückrunde zum Torjäger avancierten Mikkel Kaufmann (1. FC Union Berlin, war vom FC Kopenhagen ausgeliehen) hat der KSC auf dem sommerlichen Transfermarkt fast eine ganze Achse verloren. Nicht mehr dabei ist künftig auch Daniel Gordon (Karriereende), der sich in fortgeschrittenem Fußballer-Alter noch immer als wertvoller Backup erwiesen hat. Bei Daniel Brosinski, dessen Vertrag am 30. Juni ausgelaufen ist, der aber große Teile der Vorbereitung absolviert hat, scheint derweil das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Stephan Ambrosius (war vom Hamburger SV ausgeliehen) hätte der KSC dem Vernehmen nach gerne behalten, doch eine Weiterverpflichtung ließ sich wohl aus wirtschaftlichen Gründen nicht realisieren, wohingegen die Abgänge der Verteidiger Florian Ballas (Jahn Regensburg), Felix Irore (Borussia Dortmund II), Lazar Mirkovic (noch ohne neuen Verein) ebenso nicht allzu schwer wiegen wie die Wechsel der Offensivkräfte Lucas Cueto (Dynamo Dresden), Malik Batmaz (Preußen Münster) und Simone Rapp (Neuchâtel Xamax) sowie das Vertragsende von Kyoung-Rok Choi.
Anders als die ebenfalls verliehenen Dominik Kother (von Waldhof Mannhein zu Jahn Regensburg) und Bastian Allgeier (weiter beim SSV Ulm 1846) kehrte Kelvin Arase von einer Leihe zu KV Oostende zurück und will seine Chance suchen. Wie Youngster Eren Öztürk aus der eigenen U19 muss sich Arase aber erst einmal hinten anstellen. Dagegen ist die Verpflichtung von Lars Stindl (Borussia Mönchengladbach), der seine Karriere in der Heimat beenden möchte, nicht nur der Karlsruher Königstransfer, sondern mutmaßlich der der gesamten 2. Liga.
Wie Stindl kehrt auch Innenverteidiger Robin Bormuth (SC Paderborn) an seine alte Wirkungsstätte zurück, an der außerdem auch Torwart Patrick Drewes (SV Sandhausen), Linksverteidiger David Herold, mit Marcel Beifus (FC St. Pauli) ein weiterer zentraler Abwehrspieler und Mittelfeldmann Dzenis Burnic (1. FC Heidenheim neu dabei sind. Gesucht wird überdies noch nach mindestens einem neuen Stürmer.
So lief die Vorbereitung
Mit Siegen beim SV Staufenberg (14:0) und bei der SpVgg 06 Ketsch (18:0) begann die Vorbereitung des KSC noch locker, doch die Qualität der Gegner sollte rasch größer werden. Einem 3:2-Erfolg gegen Türkgücü München auf dem Weg ins Trainingslager folgte dann in Österreich zwar ein deutliches 6:0 gegen den zyprischen Erstliga-Aufsteiger AEZ Zakakiou, gegen Viktoria Pilsen (0:3) aber auch ein Dämpfer.
Zurück in der Heimat besiegte der KSC dafür die TSG Balingen mit 4:0, bevor im Rahmen der offiziellen Stadioneröffnung dem FC Liverpool (2:4) lange mächtig Paroli geboten wurde. Am Samstag steigt schließlich die Generalprobe für den Auftakt eine Woche später gegen den SV Darmstadt 98.
Stärken & Schwächen
Obwohl mit Gersbeck, Breithaupt, Kaufmann und auch Gordon zentrale Spieler nicht mehr dabei sind, verfügt der KSC mit den Neuzugängen Drewes und Stindl sowie verbleibenden Routiniers wie Marcel Franke, Jerome Gondorf und Marvin Wanitzek über einen Kreis an Führungskräften, die den Karren auch 2023/24 wieder in die richtige Richtung ziehen werden. Dass gerade im Defensivbereich gezielt jüngere Spieler hinzugeholt wurden, sollte sich nicht zuletzt in puncto Tempo auszahlen, das vergangene Saison zumindest ab und an fehlte.
Die Anzahl der Gegentore (53) war auch deshalb zu hoch und sollte zwingend reduziert werden, während nicht zuletzt Stindl der große Hoffnungsträger dafür ist, dass die erzielten 56 Treffer bestätigt werden können. Ein ebenso spielstarkes wie auch torgefährliches Mittelfeld mit Wanitzek und dem für ein weiteres Jahr vom 1. FSV Mainz 05 ausgeliehenen Paul Nebel in Verbindung mit Gondorf als Strategen kann derweil in vielen Spielen gegen in diesem Bereich schwächer aufgestellte Gegner den Unterschied ausmachen.
Der Trainer
Im Februar 2020 ins Amt gehievt gehört Christian Eichner zu den dienstältesten Trainern im deutschen Profifußball, war zudem schon zuvor knapp vier Jahre als Nachwuchs- und Co-Trainer tätig. Nachdem der mit 40 Jahren noch junge Fußball-Lehrer bereits als Aktiver 13 Jahre lang für den KSC spielte, ist die Bindung an den Verein naturgemäß eng – und ein es scheint im Moment schwer vorstellbar, dass sich die Wege eines Tages trennen werden. Ein Vertrag bis 2025 dokumentiert aktuell aber ohnehin den beiderseitig vorhandenen Willen zu einer noch langen Zusammenarbeit.
Dass Eichner nach der Entlassung von Geschäftsführer Oliver Kreuzer in den vergangenen Wochen auch verstärkt in Sachen Kaderplanung gefragt war, unterstreicht das große Vertrauen der Verantwortlichen in den gebürtigen Sinsheimer, der weit entfernt ist von einem Sprücheklopfer, sondern für Bodenständigkeit steht und vielmehr regelmäßig Zurückhaltung etwa in Bezug auf die Saisonziele anmahnt.
Der potentielle Shooting-Star
Stefano Marino kann bislang zwar lediglich auf zwei Kurzeinsätze in der 2. Bundesliga zurückblicken, hat aber in einigen Testspielen schon auf sich aufmerksam gemacht und insbesondere mit 17 Toren in 31 Spielen der U19-Bundesliga sowie mit zwei Treffern in vier Partien für die deutsche U19-Nationalmannschaft aufhorchen lassen.
Dass die Karlsruher Offensive durch die schleppende Stürmersuche und den kurzfristigen Abgang von Rapp etwas ausgedünnt war bzw. ist, verschaffte dem in Pforzheim geborenen Deutsch-Italiener in der Vorbereitung einige Einsatzzeiten. Dabei ist der 19-Jährige näher an die erste Elf herangerückt und könnte zumindest als Joker bald die nächsten Zweitliga-Minuten erhalten.
Die mögliche Startelf
Drewes – Jung, Franke, Kobald, Heise – Gondorf – Jensen, Nebel, Wanitzek – Stindl, Schleusener
Fazit & Prognose
Natürlich hat die Verpflichtung von Lars Stindl die Erwartungshaltung in Karlsruhe steigen lassen, doch haben auch wichtige Spieler den Verein verlassen, die erst einmal gleichwertig ersetzt werden müssen. Wenn noch ein treffsicherer Stürmer gefunden wird, ist der Kader aber sicherlich nicht schlechter aufgestellt als vergangene Saison und kann vielmehr auch dank einer gesunden Mischung aus gestandenen Profis und veranlagten Talenten wieder einen Schritt nach vorne machen. Zum Aufstieg wird es zwar trotz Stindl nicht reichen, aber eine ähnliche Platzierung wie vergangene Saison – vielleicht mit ein paar Punkten mehr auf dem Konto – halten wir für nicht unwahrscheinlich.