Interview mit Trainer Torsten Fröhling
Eine gewisse Erfahrung gehört einfach dazu
Torsten Fröhling machte sich zunächst im Norden Deutschlands einen Namen und rettete dann den TSV 1860 München sowie den SV Wehen Wiesbaden vor dem Abstieg. Momentan ist er vereinslos. Im Interview mit Liga-Zwei.de spricht der 51-Jährige über seine Ex-Vereine, den Trend hin zu jungen Trainern und verrät, wie sein Alltag momentan aussieht.
Herr Fröhling, nach dem Rücktritt beim SV Wehen Wiesbaden im Februar dieses Jahres sind Sie vereinslos. Wie sehr fehlt Ihnen die Zusammenarbeit mit einer Mannschaft?
Torsten Fröhling: „Das fehlt schon sehr. Besonders, wenn man sein ganzes Leben Fußball gespielt und danach noch in dem Bereich gearbeitet hat. Eine Auszeit ist zwar ganz schön, allerdings fehlt mir der Stallgeruch. Ich schaue schon, dass ich schnellstmöglich wieder auf dem Platz sein kann.“
Wie darf man sich den Alltag eines vereinslosen Trainers vorstellen?
Fröhling: „Meine Familie hat sich gefreut, dass ich wieder mehr Zeit hatte. Meine Arbeit war immer sehr zeitintensiv, vor Allem, weil ich viel auswärts unterwegs war. Da hat man dann gewisse Sachen nachzuholen und den Akku wieder aufzufüllen.
Danach fing ich an, mich fortzubilden. Ich habe den HSV und St. Pauli vor der Tür, wo ich öfters zugucke oder fahre nach Wolfsburg oder Bochum, um mir Spiele anzusehen. Außerdem schaue ich Partien bis zur Regionalliga und der U19-Bundesliga. Nebenbei spiele ich für die Traditionself von St. Pauli, um mich fit zu halten.“
Ihr Nachfolger bei Wehen Wiesbaden, Rüdiger Rehm, führte den Klub von Rang 18 auf Platz sieben, auch in dieser Saison steht der SVWW gut da. Warum klappt es mit ihm besser, als mit Ihnen?
Fröhling: „Ich habe Wehen Wiesbaden in einer ganz schwierigen Situation übernommen. Wir haben uns damals in der Nachspielzeit durch das Tor von Alf Mintzel gerettet, das war ja schon ein kleines Wunder. Durch den Klassenerhalt haben sich viele Verträge verlängert, sodass wir bei der Verpflichtung neuer Spieler eingeschränkt waren.
In der neuen Saison wollten wir unsere Philosophie durchsetzen. Es ging auch ganz gut los. Jedoch kann es passieren, dass man in einen Abwärts-Kreisel hineingerät, wenn es mal nicht so läuft. Im Winter haben wir daher personell reagiert.
In den zwei Spielen nach der Winterpause erkannte ich jedoch, dass die Mannschaft neue Impulse braucht und habe das dem Verein auch gesagt. Zur momentanen Situation kann ich Wehen Wiesbaden nur gratulieren.“
Bei der Vergabe von Trainerposten kommt Ihr Name momentan nur selten auf. Woran liegt das?
Fröhling: „Ich bin kein Sprücheklopfer und möchte mich nicht aufdrängen. Ein Trainerwechsel muss in Ruhe organisiert werden. Entscheidend ist, dass die Klubs sehen, wie man als Trainer arbeitet und am Ende die Chemie stimmt.“
Der Trend geht zu jungen Trainern, idealerweise aus den Nachwuchsleistungszentren. Warum ist es trotzdem sinnvoll, auf die „alte Schule“ zu setzen?
Fröhling: „Der Begriff ‚alte Schule‘ passt nicht ganz. Auch die Trainer der älteren Generation haben ihren Fußball-Lehrer gemacht und müssen sich jährlich fortbilden, um auf dem neuesten Stand zu bleiben. Es gab früher auch schon junge Trainer, bloß waren sie eben nicht so extrem in den Schlagzeilen, wie es zurzeit der Fall ist.
Genauso hat man schon immer gesehen, dass eine gewisse Erfahrung einfach dazu gehört. Wir wissen ja alle wie Trainingslehre funktioniert. Entscheidend ist also auch: Wie geht man mit den Menschen um? Diese Erfahrung muss man sammeln. Wir sehen am Beispiel von Carlo Ancelotti bei Bayern München, dass es deswegen noch genügend ältere Trainer gibt.“
Schauen wir etwas auf Ihre weiteren Ex-Klubs. Holstein Kiel mischt aktuell die 2.Bundesliga auf. Wie bewerten Sie die Arbeit von Markus Anfang?
Fröhling: „Er hatte einen großen Anteil am Aufstieg. Kiel hatte genug Qualität im Kader, um aufzusteigen und konnte sich in der Rückrunde stetig steigen. Sie haben damals Stabilität reinbekommen. In Kiel herrschen generell hervorragende Bedingungen, die ich noch aus meiner Zeit kenne.“
Die Umstellung auf die höhere Spielklasse scheint bei der KSV problemlos zu laufen. Auch Sie haben schon in beiden Ligen trainiert. Was ist der größte Unterschied zwischen Liga zwei und Liga drei?
Fröhling: „Die größten Unterschiede sind die mediale Präsenz und die höheren Zuschauerzahlen. Wenn man, wie im letzten Jahr in Stuttgart, plötzlich vor 50.000 Fans spielt, ist das schon ein großer Unterschied.
Außerdem ist die Qualität etwas höher und es geht alles ein bisschen schneller. Große Unterschiede im fußballerischen Bereich gibt es allerdings nicht. Das hat man auch in der Relegation zwischen Regensburg und 1860 München gesehen.“
Von der 3. Liga kann 1860 München aktuell nur träumen. Inwieweit haben Sie den Niedergang der Löwen verfolgt?
Fröhling: „Schon sehr. Ich war ja fast drei Jahre in München, habe die meiste Zeit bei der U21 gearbeitet, was mir sehr viel Spaß gemacht hat. Dort durfte ich gute Spieler begleiten, die dann Profis wurden.
Ich habe heute noch viel Kontakt nach München und verfolge über die Medien, was dort abläuft. Was passiert ist, ist schade und traurig. Es war aber absehbar, dass sich der Verein selbst kaputtmacht, weil er nicht an einem Strang gezogen hat.“
Was das zu Ihrer Zeit auch bereits abzusehen?
Fröhling: „Nach dem Last-Minute-Tor von Kai Bülow im entscheidenden Relegationsspiel 2015 gegen den Abstieg im eigenen Stadion vor fast ausverkauftem Haus, mit dem wir den Klassenerhalt geschafft haben, herrschte an dem Abend eine riesige Euphorie. Danach setzten wir uns zusammen und wollten einen Plan entwickeln, um uns vernünftig zu verstärken.
Bereits zu meiner Zeit herrschte jedoch keine Einigkeit im Verein und dadurch sind viele Transfers nicht vollzogen worden. Die Uneinigkeit wirkte sich damals schon auf die Mannschaft aus.
Der Weg mit Bierofka und Schellenberg (Anm. d. Red.: Trainer von 1860 München II) ist gut, aber durch den momentanen Erfolg sind sie immer noch nicht im Profifußball. Das ist ein langer Weg. Wenn sie die Rückkehr schaffen, muss man erst sehen, ob die Strukturen so beibehalten werden.“
Während Ihrer Zeit in Giesing hat Daniel Bierofka die zweite Mannschaft trainiert. Was konnten Sie dem Trainer-Novizen Bierofka mit auf den Weg geben?
Fröhling: „Dadurch, dass die Profis und die U21 nebeneinander oder auch mal miteinander trainierten, waren wir von morgens bis abends auf dem Platz zusammen und haben uns allgemein ausgetauscht. Danach hatten wir immer mal wieder Kontakt, seit 1860 in der Regionalliga spielt jedoch nicht mehr.“
Von Ihrem Kollegen Peter Vollmann stammt die Aussage, es sei ein Privileg in einer der ersten vier deutschen Ligen Trainer zu sein. Welche Voraussetzungen muss ein Verein mitbringen, damit Sie in der Regionalliga einsteigen?
Fröhling: „Das Umfeld muss stimmen, man sollte mit den Vorgesetzten klarkommen und der Verein muss ambitioniert sein sowie klare Ziele besitzen. Wenn das alles stimmt, ist jede Aufgabe interessant.
Mir macht zum Beispiel auch der Nachwuchsbereich Spaß, wo man an der Ausbildung der Spieler arbeiten kann. Auch in der vierten Liga habe ich schon trainiert, damals als ich in der Saison 2007/08 mit Altona 93 in die Regionalliga aufgestiegen bin. Am Ende muss die Arbeit einfach Spaß machen.“
Herr Fröhling, vielen Dank für das Interview!
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