VfL Bochum: Interview mit Kevin Stöger

"Die Unruhe wurde von den Medien entfacht“

Autor: Christian Slotta Veröffentlicht: Sonntag, 29.10.2017 | 10:00
Kevin Stöger, Mittelfeldmann in Bochum

Kevin Stöger steht seit 2016 beim VfL unter Vertrag. ©Imago/Team 2

Zwei Trainerwechsel, einen in der Kritik stehenden Manager Christian Hochstätter und einen zeitweise suspendierten Kapitän Felix Bastians – der VfL Bochum erlebt unruhige Tage. Das Pokal-Aus gegen den Drittligisten SC Paderborn hat die Situation weiter verschärft.

Ausgerechnet jetzt steht am Montagabend ein Heimspiel gegen die Überflieger von Fortuna Düsseldorf (20:30 Uhr) an. Kevin Stöger spricht im Interview mit Liga-Zwei.de über die Krise des VfL, die Unruhen um den Verein und das Duell gegen die Fortuna.

Der VfL Bochum galt für viele Experten vor Saisonbeginn als ein Aufstiegsfavorit und steckt nun tief in der zweiten Tabellenhälfte. Wurde die Mannschaft überschätzt oder wo sehen Sie die Gründe dafür, dass die Saison bislang unter den Erwartungen blieb?
Kevin Stöger: „Vor der Saison war in der Aufstiegsfrage kein klarer Favorit auszumachen. Anders als im letzten Jahr, als mit Hannover und Stuttgart zwei echte Schwergewichte in die 2. Bundesliga abgestiegen waren. Der VfL stand ja mit seiner Meinung, dass für uns der Aufstieg möglich sei, nicht alleine da.

Allerdings haben wir es bis hierhin nicht geschafft, konstant gute Leistungen abzurufen. Das hatte unterschiedliche Gründe, bedeutet aber in Summe Platz 13. Dass dieser Platz nicht unser Anspruch ist, dürfte klar sein. Und dass wir uns schleunigst davon nach oben weg bewegen wollen, dürfte ebenso klar sein.“

Inwiefern wurde der Saisonstart auch dadurch erschwert, dass kurz vor dem ersten Spieltag der erste Trainerwechsel stattfand?
Stöger: „Die Eingewöhnungszeit für den neuen Coach war zwar kurz, aber nicht zu kurz. Und es bringt jetzt nichts mehr, darüber zu räsonieren, was hätte wann passieren können. Die Situation ist aktuell so wie sie ist und wir müssen sie nun annehmen.“

Erst Verbeek, dann Atalan, nun Rasiejewski. Inwiefern hat sich die taktische Ausrichtung bei den drei Trainern unterschieden?
Stöger: „An der grundsätzlichen Ausrichtung hat sich nichts geändert. Wir wollen offensiv spielen, den Ball haben, den Gegner unter Druck setzen und gewinnen.“

„ Er bereitet uns optimal vor. ”
über seinen neuen Coach Jens Rasiejewski

Was zeichnet denn Jens Rasiejewski als Trainer aus? Würden Sie es begrüßen, wenn er zur Dauerlösung wird?
Stöger: „Er bereitet uns optimal auf die Spiele und die jeweiligen Gegner vor und hat eine klare Ansprache an die Mannschaft. Wir fokussieren uns voll auf den kommenden Gegner und blenden alles andere drum herum aus.“

Es gab die angesprochenen Trainerwechsel, einen in der Kritik stehenden Manager und einen zeitweise suspendierten Kapitän – Wie schwer ist es bei all diesen Nebenschauplätzen, sich auf den Fußball zu konzentrieren?
Stöger: „Es ist unser Job, dass wir uns auf das, was wir können, nämlich den Fußball, zu konzentrieren. Die Unruhe wurde seitens der Medien entfacht und versucht, in die Mannschaft hineinzutragen. Innerhalb des Teams war es aber wesentlich ruhiger, als von außen angenommen. Sonst hätten wir wohl kaum gegen Sandhausen gewinnen können.“

Ganz rund läuft es aber weiterhin nicht. Wie erklären Sie sich rückblickend die Pokal-Niederlage gegen Paderborn?
Stöger: „Wir waren in der Anfangsphase zu wenig präsent, obwohl wir wussten, was auf uns zukommt. Wie in Braunschweig rennen wir dann früh einem Rückstand hinterher. Aber schon in der ersten Halbzeit haben wir die Partie besser in den Griff bekommen und hatten selbst zwei, drei Möglichkeiten, um den Ausgleich zu erzielen.“

„ Das ist uns zum Verhängnis geworden. ”
über die Chancenverwertung im Pokal

Im zweiten Durchgang haben wir in der Phase, als wir am Drücker waren, Pech gehabt. Erst wird ein klar reguläres Tor nicht gegeben, dann verschießen wir einen Elfmeter und kassieren eine Gelb-Rote Karte. Doch selbst in Unterzahl haben wir noch Großchancen, um auszugleichen. Dass wir alle diese Chancen nicht genutzt haben, ist uns zum Verhängnis geworden.“

Kevin Stöger im Duell mit seinem Gegenspieler

Links, rechts oder in der Mitte – Stöger profitiert von seiner Flexibilität. ©Imago/Revierfoto

Befürchten Sie, dass es einen Riss zwischen Fans und Verein geben könnte? Gerade in den sozialen Medien ist die Kritik sehr groß.
Stöger: „In den sozialen Medien ist so etwas Gang und Gäbe. Anonym lässt sich halt immer gut Kritik absondern, oft unter der Gürtellinie. Dieses Phänomen tritt nicht nur beim Fußball auf. Die VfL-Fans haben uns immer großartig unterstützt und ich bin davon überzeugt, dass sie es weiterhin tun werden.“

„ Die Fans haben uns immer großartig unterstützt. ”
über den Support der VfL-Anhänger

In Robert Tesche und Sidney Sam wurden im Sommer zwei sehr populäre und erfahrene Spieler geholt, die der Mannschaft allerdings bislang kaum helfen konnten. Warum ist es Ihrer Meinung nach für die beiden so schwierig, sich beim VfL richtig zu etablieren?
Stöger: „Das ist eine Behauptung, die nicht stimmt. Es ist überhaupt nicht schwierig, sich beim VfL zu etablieren. Die Mannschaft, die Trainer, das Team dahinter, Vorstand und Mitarbeiter – sie alle nehmen einen herzlich auf. Natürlich brauchst du als neuer Spieler ein wenig Zeit, um dich an die Abläufe auf dem Platz zu gewöhnen.

Das brauchte ich letzte Saison auch, als ich neu dazugekommen bin. Ich hatte dann das Pech, dass ich mich gerade in der Phase, in der es für mich gut lief, verletzt habe (Stöger erlitt einen Kreuzbandriss, Anm.d.Red.). Aber das habe ich überstanden und der Blick geht nach vorn.“

Nun steht am Montag das Duell mit Fortuna Düsseldorf an. Was macht die Fortuna Ihrer Einschätzung nach so stark?
Stöger: „Die Mannschaft hat den Lauf, den sich andere Vereine wünschen. Sie haben den zweitbesten Wert, was die Gegentore anbelangt, scheinen also eine gute Verteidigung zu haben. Aber unschlagbar ist auch Fortuna Düsseldorf nicht. Den besten Wert in puncto Gegentore hat übrigens Sandhausen – und gegen die haben wir mit 2:0 gewonnen.“

Zu Ihrer Person: Sie galten früh als Top-Talent und sind alle U-Nationalmannschaften von Österreich durchlaufen. Sie haben beim VfB auch einmal im DFB-Pokal gespielt. Warum hat es Ihrer Meinung nach trotzdem nicht mit dem Bundesligadebüt geklappt?
Stöger: „Ich war seinerzeit richtig gut drauf und habe auf meine Chance gehofft. Ich war ein paar Mal im Kader, die Einsatzchance war also da. Der damalige VfB-Trainer Bruno Labbadia setzte allerdings auf ältere und erfahrene Spieler. Insofern bekam ich nur im Pokal die Möglichkeit, mich zu zeigen.“

„ Er hat eher auf ältere Spieler gesetzt. ”
über den damaligen VfB-Trainer Bruno Labbadia

Danach sind Sie zum 1. FC Kaiserslautern gewechselt. Auch das ist ein Traditionsverein mit vielen Fans, aber auch viel Unruhe. Inwiefern unterscheiden sich die Vereine Kaiserslautern und Bochum voneinander?
Stöger: „In vielen Punkten sind sie sich ähnlich, was Professionalität und Infrastruktur angeht. Da sind beide Vereine schon auf erstklassigem Niveau. Ein Unterschied ist vielleicht die Bedeutung der Clubs. Während der FCK in der Region die absolute Nummer Eins ist, ist der VfL in seiner Stadt die Nummer Eins – aber direkt nebenan sind Dortmund und Schalke, zwei Großclubs des deutschen Fußballs.

Und im Umkreis von 80 Kilometern hast du hier von Bochum aus betrachtet auch noch Köln, Leverkusen, Mönchengladbach, Düsseldorf und Duisburg. Selbst im benachbarten Essen gehen in der Regionalliga im Schnitt rund 7.000 Fans zum dortigen Verein. Da ist es deutlich schwieriger, jemand von außerhalb für den VfL zu begeistern.“

Vielen Dank für das Interview, Herr Stöger!

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