St. Pauli vs Union Berlin: Interview mit Holger Wehlage

Der Ex-Spieler über das anstehende Duell

Autor: Christian Slotta Veröffentlicht: Mittwoch, 08.03.2017 | 08:00
Holger Wehlage in den Trikots vom FC St. Pauli und dem 1. FC Union Berlin.

Holger Wehlage spielte zwei Jahre für St. Pauli (l.) und ein halbes Jahr für Union Berlin (r.). ©Imago

Holger Wehlage holte 2004 mit Werder Bremen die Meisterschaft und den Pokalsieg. Dennoch bezeichnet der ehemalige Mittelfeldspieler die Zeit beim FC St. Pauli als seine persönlich besten Jahre. Zwischen 1999 und 2001 absolvierte Wehlage für den Kiezklub 46 Zweitliga-Spiele.

St. Pauli trifft am Freitagabend (Anstoß: 18.30 Uhr) auf einen anderen Kult-Klub – Union Berlin. Auch für die „Eisernen“ war Wehlage einst aktiv, in der Rückrunde der Saison 2002/03. Wie er die Chancen seiner beiden Ex-Klubs hinsichtlich ihrer Saisonziele einschätzt, verrät Holger Wehlage im Interview mit Liga-Zwei.de!

Herr Wehlage, St. Pauli trifft am Freitag auf Union Berlin – mehr Kult geht nicht, oder?
Holger Wehlage: „Das glaube ich auch. St. Pauli und Union mischen mit verschiedenen Vorzeichen im Moment die 2. Liga auf. Auf das Spiel und das ganze Drumherum kann man sich einfach nur freuen. Freitagabends am Millerntor – was gibt es Schöneres?“

Kann man die Atmosphäre am Millerntor mit der an der Alten Försterei vergleichen oder haben beide etwas ganz Spezielles?
Wehlage: „Beide sind für sich einzigartig. Wer schon einmal als Spieler am Millerntor gewesen ist, wird das nie vergessen. An der Alten Försterei ist das ähnlich, aber doch auch irgendwie anders. Beide Klubs haben eine einzigartige Stimmung und einzigartige Fans. Das sollte man beides mal miterlebt haben.“

„Hells Bells“ oder „Eisern Union“ – bei welcher Einmarschmusik bekommen Sie mehr Gänsehaut?
Wehlage: „Hells Bells, weil ich bei St. Pauli ich meine erfolgreichste Zeit hatte. Ob nun beim Einmarsch oder wenn man ein Tor erzielt – das ist einfach gigantisch, das mitzuerleben.“

„ Die Mannschaft muss weiter den Weg gehen, den das Trainerteams vorgibt. ”
über den FC St. Pauli

Wie sehr wundern Sie sich über den Aufschwung des Kiezklubs nach der Winterpause?
Wehlage: „Das war auf jeden Fall so nicht zu erwarten, weil die Hinrunde völlig verschlafen wurde. Der Aufschwung war bitter nötig und ich hoffe, dass es so weitergeht. Die Mannschaft muss weiter den Weg gehen, den das Trainerteam vorgibt. Wenn das klappt, dann wird das Ziel Klassenerhalt machbar sein und am Ende hoffentlich auch erreicht.“

Zuletzt gab es vier Siege aus fünf Partien. Was läuft jetzt besser als in der Hinrunde, als es ja insgesamt nur zwei Erfolge gab?
Wehlage: „Ich glaube, dass die Spieler es verinnerlicht haben, dass sie nicht aufgrund der guten letzten Saison einen Schritt weniger machen können. In der letzten Saison haben sie lange um den Aufstieg mitgespielt und es sah so aus, als hätte jeder einzelne Spieler gedacht, das geht so weiter. Wenn der eine oder andere auch nur zwei Prozent nachlässt, dann reicht es nicht für die 2. Liga. Aber das Trainerteam hat jetzt wohl den richtigen Dreh gefunden, die Mannschaft bei der Ehre zu packen und das zahlt sich aus.“

Rechnen Sie damit, dass es für St. Pauli so weitergeht?
Wehlage: „Das entscheidet die Mannschaft selbst. Es wird mit Sicherheit der eine oder andere Rückschlag kommen. Mit Union und Hannover warten jetzt zwei Aufstiegsaspiranten. Aber selbst wenn St. Pauli mal wieder verliert, muss man daraus die Lehren ziehen und weiterarbeiten. Dann werden die nötigen Punkte auch eingefahren, davon bin ich felsenfest überzeugt.“

„ Union wäre eine Bereicherung für die Bundesliga. ”
über den möglichen Aufstieg der Eisernen

In ganz anderen Tabellenregionen befindet sich aktuell Union Berlin. Glauben Sie an den ersten Bundesliga-Aufstieg in der Vereinsgeschichte?
Wehlage: „Auf jeden Fall. Union ist derzeit die Mannschaft der Stunde in der 2. Liga. Berlin hat einen super Lauf und eine tolle Mannschaft beisammen. Ich hoffe wirklich, dass Union den Aufstieg schafft, denn Berlin kann sicherlich auch zwei Erstligisten gebrauchen. Und es wäre für die Bundesliga mit den Fans und der Unterstützung eine absolute Bereicherung, Union dort zu sehen – das hat man ja schon beim Pokalspiel in Dortmund gemerkt.“

Was macht die „Eisernen“ in dieser Saison so stark?
Wehlage: „Der eine oder andere hat eine sehr starke individuelle Qualität. Aber wenn der eine nicht für den anderen rackert, kann der Einzelne noch so stark sein. Wenn es in der Mannschaft nicht passen würde, dann würde es mit Sicherheit nicht so gut laufen wie momentan. Union ist die beste Mannschaft der Rückrunde – und das nicht umsonst.“

Welchen Anteil hat Trainer Jens Keller an der aktuellen Erfolgsserie?
Wehlage: „Der Erfolg gibt ihm absolut recht. Jens Keller war der richtige Mann, den nächsten Schritt zu machen. Er scheint ein gutes Händchen zu haben, das passt einfach.“

Sie sind am Freitag selbst im Stadion am Millerntor dabei. Was für ein Spiel erwarten Sie?
Wehlage: „Ein absolutes Kampfspiel. Wer St. Pauli in den letzten Spielen beobachtet hat, hat gesehen, dass die Mannschaft die Zeichen der Zeit erkannt hat und um jeden Ball rackert. Dagegen ist Union spielerisch ganz gut, aber kämpferisch eben auch nicht zu unterschätzen. Ich freue mich einfach darauf. Ich werde zusammen mit Union-Ikone Ronny Nikol auf der Tribüne sitzen und bin mal gespannt, wer im Endeffekt die Nase vorne hat.“

Was glauben Sie denn, wer es sein wird?
Wehlage: „Den Sieg können beide gebrauchen. Ich gönne es auch beiden, damit sie ihre Ziele erreichen. St. Pauli hat die Punkte ein bisschen nötiger als Union. Aber wenn es ein Unentschieden wird, dann können beide Teams wohl damit leben.“

Herr Wehlage, vielen Dank für dieses Interview!

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