Sommerpause: Interview mit Norbert Düwel
"Urlaub mit totalem Abschalten gibt es als Trainer nicht"
Was macht eigentlich ein Trainer in der Sommerpause? Einer, der es wissen muss, ist Norbert Düwel. Der 50-Jährige war lange Zeit Co-Trainer von Mirko Slomka bei Hannover 96 und Chefcoach beim FC Union Berlin. Für Liga-Zwei.de gewährt er im Interview Einblicke über intensive Phasen zwischen den Spielzeiten, Blicke über den Tellerrand sowie die Vorteile eines Trainingslagers.
Herr Düwel, die WM steht an. Wie verfolgen Sie die Partien: Als Fan oder als Trainer?
Norbert Düwel: „Als aktiver Trainer ist es schon so, dass man die Spiele immer etwas anders betrachtet. Es gibt natürlich Spieler, für die man sich interessiert. Abgesehen von Scouting und Analysemaßnahmen ist es dann schön, den Spieler nochmal auf hohem Niveau selbst zu sehen. Da auch Nationen teilnehmen, die sonst nicht so im Fokus stehen, ist auch der ein oder andere Spieler dabei, der sonst nicht auf dem Zettel steht.“
Momentan sind Sie vereinslos. Fiebern Sie jetzt anders mit oder fallen Ihnen ständig taktische Aspekte auf?
Düwel: „Es gibt Spiele, vor denen ich versuche, die Partie einfach zu genießen. Ich achte dann aber auf taktische Dinge oder was ein Spieler in bestimmten Situationen besser machen könnte. Einfach so drauflos ein Fußballspiel anzuschauen, das gelingt mir sehr, sehr selten – leider (lacht).“
Wie sehr fehlt Ihnen die Arbeit mit einem Team in dieser Zeit?
Düwel: „Die Zeit als Trainer ist sehr intensiv. Wie Manuel Baum vom FC Augsburg schon sagte: Es ist ein 24-Stunden-Job. Die Urlaubszeit ist dann keine Erholungszeit in diesem Sinne. Man begibt sich zwar an einen anderen Ort und hat Ruhe vor der Alltagsarbeit.
Gleichzeitig läuft aber die Transferperiode und es ist so, dass man immer irgendwie involviert ist. Urlaub mit totalem Abschalten gibt es als Trainer nicht. Von daher kann ich die Zeit momentan schon etwas mehr genießen.“
Haben Sie schon mal einen Transfer im Urlaub eingefädelt?
Düwel: „Natürlich. Die Sommerpause ist eine wichtige Periode, da die Vorbereitungszeit bald wieder beginnt. Man ist versucht, möglichst früh den Kader zusammenzubekommen. Von daher ist klar, dass man auch in der Zeit mit Hochdruck daran arbeitet und im ständigen Austausch mit Beratern, Sportdirektoren und sonstigen Protagonisten steht.“
Sie sagten vorhin, momentan können Sie die Zeit mehr genießen. Wobei entspannen Sie am besten?
Düwel: „Ich nutze die Zeit, um Urlaub mit der Familie zu machen. Das versuche ich aber auch einzubinden, wenn ich gerade einen Trainerjob habe. Ich möchte neue Kulturen kennenlernen und bin nicht der Nur-am-Strand-liegen-Typ. Auch ganz oben auf meiner Urlaubsliste: Selbst Sport machen.“
Wenn Sie so über den Tellerrand blickten. Wie oft hatten Sie dabei Ideen, die Sie später umsetzen wollten?
Düwel: „Klar kommen dabei immer neue Ideen. Ich hole mir auch aktiv immer neue Anregungen. Vor meiner Zeit bei Union Berlin habe ich mich zum Beispiel viel mit taktischen Dingen auseinandergesetzt, mir ganz intensiv die Dreierkette bei den internationalen Top-Mannschaften angeschaut. Das ist wichtig, um der Mannschaft dann fundierte Erkenntnisse über die Spielidee zu präsentieren.“
Die Spieler bekommen mittlerweile fast überall individualisierte Trainingspläne mit in den Urlaub. Was sind die Schwerpunkte?
Düwel: „Das ist von Verein zu Verein unterschiedlich. Wir haben es früher bei Union Berlin und Hannover 96 so gehandhabt: Ein Spieler braucht ein, zwei Wochen totale Entspannung, in denen er absolut gar nichts mit Fußball am Hut hat.
Danach sollte man aber immer darauf achten, dass der Spieler sich regelmäßig bewegt, um das Fitness-Level einigermaßen zu halten. Übungen gibt es in den Bereichen Beweglichkeit, Ausdauer, Schnelligkeit und Kräftigung. Das ist wichtig, um gleich in die hochintensive Phase der Vorbereitung starten zu können und Verletzungen vorzubeugen.“
Was passiert mit Spielern, die sich nicht daran halten?
Düwel: „Ich habe das gar nicht oder nur minimal erlebt. Die Spieler sind so professionell und wissen, dass die individuellen Trainingspläne wichtig für sie sind. Wenn sie die nicht befolgen, sind sie verletzungsanfälliger und es wird mitunter schwieriger, in die Startelf zu kommen. Die Spieler sind meiner Erfahrung nach froh darüber, sich mit einem Plan vorbereiten zu können.“
Wie sehr haben Sie in den ersten Wochen der Saisonvorbereitung Einfluss auf die Hierarchie, die sich innerhalb der Mannschaft bildet?
Düwel: „Man hat schon Einfluss, wenngleich man keine künstliche Hierarchie erschaffen sollte. Es gibt eine natürliche Hierarchie in einer Mannschaft, wie im normalen Leben auch. Ich mache es so: Schon im Vorfeld bei Transfers schaue ich, wie sich die Spieler präsentieren und wie sie in meine Mannschaft passen. Dann findet jeder Spieler seinen Platz selbst.“
Trainingslager können den Teamgeist beschwören, allerdings auch nach hinten losgehen. Was ist aus Ihrer Sicht für ein erfolgreiches Trainingslager wichtig?
Düwel: „Ich bin ein totaler Fan von Trainingslagern. Da braucht man auch nicht irgendwelche Teambuilding-Maßnahmen, denn ein Trainingslager an sich ist schon eine Teambuilding-Maßnahme. Wichtig ist dabei, dass alles reibungslos funktioniert.
Die Trainingsbedingungen vor Ort sind sehr wichtig, genauso wie kurze Wege oder auch das Essen und die Unterkunft. Das muss kein Fünf-Sterne-Hotel sein. Es geht mehr darum, einen Wohlfühlfaktor zu schaffen. In Deutschland sind die Trainingszeiten auch nicht so lange, dass man vom Lagerkoller befallen wird.“
Wann sehen wir Sie wieder an der Seitenlinie?
Düwel: „Wenn die Umstände passen. Aktuell bin ich bei Manchester United als Scout und fühle mich sehr, sehr wohl. Es macht Spaß, für den größten Klub der Welt zu arbeiten. Natürlich gab es aber auch immer wieder Gespräche wegen eines Trainerjobs. Bis jetzt war es so, dass es nicht gepasst hat. Wenn aber alles stimmt, dann würde ich auch gerne als Trainer zurückkehren.“
Herr Düwel, vielen Dank für das Gespräch!
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