SC Paderborn: Interview mit Lukas Kruse
"Das konnte keiner erwarten"
Lukas Kruse ist Paderborner durch und durch. Er durchlief die Jugend des SC Paderborn und hütete für seinen Heimatverein von der Regionalliga bis zur Bundesliga in über 200 Spielen das Tor. Doch auch für Braunschweig, Augsburg, den BVB und Paderborns kommenden Gegner Holstein Kiel stand er zwischen den Pfosten. Bei Liga-Zwei.de spricht er über sein Karriereende, Zukunftspläne und seinen Blick auf das anstehende Duell der Ex-Klubs.
Herr Kruse, im Winter haben Sie Ihren Vertrag bei Eintracht Braunschweig aufgelöst. Warum?
Lukas Kruse: „Der neue Trainer André Schubert, der mich ja im Oktober nicht geholt hatte, hatte einfach andere Vorstellungen. Das hat er mir einige Tage vor dem Trainingslager mitgeteilt und gefragt, ob wir da eine Lösung finden können.
Ich hätte auch bleiben können, hätte dann aber bei der zweiten Mannschaft trainieren müssen, was ich auch kurze Zeit getan habe. Wir sind dann jedoch zu einer Verständigung gekommen und haben aufgelöst. Manchmal passt es einfach nicht und dann ist es besser man findet eine vernünftige Lösung.“
Was haben Sie im Anschluss gemacht?
Kruse: „Ich sitze gerade an meiner Bachelor-Arbeit im Sportmanagement und habe die Fußballschuhe an den Nagel gehängt.“
Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Kruse: „Das wird man sehen. Ich würde schon gerne etwas im Bereich Fußball machen, vielleicht in einem NLZ arbeiten oder bei einem Verein ins Management einsteigen. Das braucht aber Zeit, im Moment hat das Studium Priorität.“
Gibt es nach langen Jahren beim SC Paderborn nicht die Möglichkeit, dort im Verein zu arbeiten?
Kruse: „Es gab immer mal lose Gespräche mit dem einen oder anderen Verantwortlichen, aber da ist nichts konkret.“
Wie verfolgen Sie dennoch die Entwicklung des SCP?
Kruse: „Die verfolge ich natürlich sehr gespannt und sehr intensiv. Ich freue mich immer, wenn es so läuft wie im Moment. Die Ergebnisse des SCP sind immer die ersten, die ich nachgucke.“
Sie stiegen mit Paderborn in die Bundesliga auf, anschließend bis in die 3. Liga ab. Wie erklären Sie im Nachhinein diese Berg- und Talfahrt?
Kruse: „Der Aufstieg hat im Nachhinein dazu geführt, dass Fehlentscheidungen getroffen wurden in Bezug darauf, wie man den Verein aufstellen und in die Zukunft gehen möchte. Es hat alles nicht richtig zusammengepasst. Das hat man dann nach dem Abstieg aus der Bundesliga gesehen, als direkt der Abstieg in die 3. Liga folgte. Man hat es verpasst, aus dieser Chance Bundesliga heraus den Verein richtig zu strukturieren.“
Nun hat der SC erneut realistische Chancen in die Bundesliga aufzusteigen. Hätten Sie das bei Ihrem Abschied 2017 erwartet?
Kruse: „Das konnte keiner erwarten. Es war ja erstmal ein Glücksfall, dass 1860 die Lizenz nicht bekommen hat, sonst würden wir darüber jetzt nicht sprechen. Aber die Personen, die jetzt am Ruder sind, haben alles richtig gemacht, haben dem Verein ein klares Gesicht und eine klare Spielweise gegeben. Dazu kommt, dass eigentlich alle Transfers eingeschlagen haben. Daher ist es schon eine tolle Sache, dass sie jetzt wieder an die Tür zur 1. Liga klopfen.“
Sie gingen zu Holstein Kiel in die 2. Bundesliga. Der damalige Aufsteiger startete direkt bis in die Relegation durch. Welche Parallelen sehen Sie zum SCP in dieser Saison?
Kruse: „Es ist für mich schwer, das zu vergleichen, weil ich in Kiel das Aufstiegsjahr nicht mitgemacht habe, sondern nur in dem einen Zweitliga-Jahr dabei war. Aber es zeigt sich einfach wieder, dass eine klare Philosophie und Denkweise für einen Verein gut sind. Wenn man dann den Schwung von einem Aufstieg mitnehmen kann, dann ist viel möglich.
Für Kiel hat es in der Relegation leider nicht geklappt, aber auch dieses Jahr spielen sie eine sehr gute Saison, was so auf Grund des Umbruchs nicht unbedingt zu erwarten war. Es ist eine gute Geschichte, was da in Kiel passiert.“
Sie sprechen es an: Kiel verlor im Sommer seinen Trainer und einige Leistungsträger. Paderborn ist Aufsteiger. Wer ist für Sie die größere Überraschung in diesem Jahr?
Kruse: „Ich finde, es sind beides Überraschungen. Bei Kiel war es so nicht zu erwarten. Sie haben Drexler, Ducksch und andere verloren, ein neuer Trainer, neuer Manager, da weiß man nie so ganz, in welche Richtung es geht. In Paderborn sind die Köpfe dageblieben und haben ihre Philosophie weiterverfolgt. Da weiß man aber auch nicht, ob die Spielweise auch eine Liga höher sofort funktioniert. Man konnte nicht unbedingt damit rechnen, dass es für beide so gut läuft.“
Am Samstag trifft Kiel auf Paderborn, der Anschluss zu den Aufstiegsplätzen steht auf dem Spiel. Wer hat den größeren Druck?
Kruse: „Druck hat eigentlich keiner von beiden. Klar ist aber, wenn man die Möglichkeit hat, auf einen Aufstiegsplatz zu kommen und ein Ziel zu erreichen, was man vorher gar nicht im Kopf hatte, fängt man irgendwann an zu überlegen und möchte dieses Ziel auch erreichen.
Zumindest Paderborn hat sich am Wochenende so präsentiert, als ob sie keinen Druck spüren. Druck sollten aber wie gesagt beide nicht haben. Paderborn ist gerade vielleicht in einer besseren Form.“
Das Hinspiel endete spektakulär 4:4. Was erwarten Sie vom Rückspiel?
Kruse: „Es könnte ähnlich verlaufen. Bei Kiel kommen einige Spieler zurück, beide Spielweisen sind auf viele Tore ausgelegt. Von daher könnte es wieder so ein Ergebnis geben.“
Wenn zwei Teams so offensiv spielen, können die Torhüter da nicht nur schlecht aussehen?
Kruse: „Nein, das muss nicht sein. Dass die Keeper vielleicht das ein oder andere Gegentor mehr bekommen, als wenn man sich nur hinten reinstellt, ist klar. Aber beide Torhüter machen diese Saison einen super Job. Durch die offensive Spielweise ihrer Mannschaften bekommen sie vielleicht auch mehr Chancen, sich auszuzeichnen, was für einen Torwart nie schlecht ist.“
Mit einigen Spielern auf beiden Seiten haben Sie selbst noch zusammengespielt. Zu wem haben Sie noch den engsten Kontakt?
Kruse: „In Kiel ist es Kenny Kronholm. Bei Paderborn sind es nicht mehr ganz so viele, wie in Kiel ist dort viel passiert. Da ich in Paderborn wohne, trifft man hin und wieder den ein oder anderen. Aber mit Spielern direkt habe ich eigentlich keinen regelmäßigen Kontakt, eher mit den Leuten um die Mannschaft herum.“
Für wen fiebern Sie also am Samstag mit?
Kruse: „Ich würde mir wünschen, dass der SCP gewinnt. Da ist die Verbundenheit doch größer, weil ich so lange für den Klub gespielt habe. Er ist mein Heimatverein, deshalb drücke ich dem SCP die Daumen.“
Herr Kruse, vielen Dank für das Interview!
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