KSC: Interview mit Christian Eichner
"Wir haben viel Quantität verloren"
Im Februar wurde Christian Eichner vom Assistenz-Trainer zum Cheftrainer des Karlsruher SC befördert und sicherte den Klassenerhalt. Mit Liga-Zwei.de spricht der Ex-Profi über die bevorstehende Saison, über sein Verhältnis zu seinem Vorgänger Alois Schwarz und über Gemeinsamkeiten zwischen Trainern und Lehrern.
Herr Eichner, für viele Aufsteiger ist das zweite Jahr das Schwierigste. Erwarten Sie das auch beim Karlsruher SC?
Christian Eichner: „Ich denke, dass die Gesamtkonstellation insgesamt aktuell nicht einfach ist. Corona betrifft die ganze Welt. Das macht es auch für uns noch schwieriger. Ansonsten beschäftige ich mich mit diesem Spruch, dass das zweite Jahr das schwierigste ist, aber überhaupt nicht.“
Dem Karlsruher SC drohte im Mai eine Insolvenz, die dank des „Bündnis KSC“ abgewendet werden konnte. Inwiefern wirken sich die finanziellen Engpässe dennoch auf die Saison- und Personalplanung aus?
Eichner: „Ich denke, dass momentan jeder Club die Folgen von Corona spürt – wir aufgrund der Fast-Insolvenz vielleicht noch etwas mehr als andere Vereine. Dadurch mag die Situation auf dem Transfermarkt vielleicht noch ein Stück komplizierter sein.
Wir sprechen hier im Verein aber sehr viel miteinander und haben einen guten Austausch. Wir versuchen, Wirtschaft und Sport bestmöglich miteinander zu verbinden. Klar ist, dass unser Kader noch nicht komplett ist.“
Der Etat gilt als ausgeschöpft. Auf welchen Positionen würden Sie sich dennoch gerne verstärken?
Eichner: „Wir haben viel Quantität verloren. Zehn Spieler haben uns verlassen, lediglich drei sind hinzugekommen. Dadurch haben wir auf einigen Positionen Engpässe. Ein Beispiel: Auf der Linksverteidiger-Position habe ich momentan nur Dirk Carlson.
Danach muss ich bereits auf Spieler aus unserem NLZ zurückgreifen. Dort wird tolle Arbeit abgeliefert. Aber es ist für meine Begriffe wichtig die jungen Spieler weiterhin Schritt für Schritt an den Profifußball heranzuführen.“
In Benjamin Uphoff haben Sie einen sehr starken Torhüter verloren, der nun durch den Neuzugang Markus Kuster ersetzt wird. Erwarten Sie einen offenen Konkurrenzkampf zwischen ihm und Marius Gersbeck?
Eichner: „Ja, ganz klar. Es ist uns wichtig, dass Marius Gersbeck nicht einfach einen anderen Torwart vor die Nase gesetzt bekommt. Beide können dem Trainerteam nun beweisen, dass sie der Nachfolger von Benjamin Uphoff sein sollten. Ich bin der Meinung, dass ein fairer Konkurrenzkampf beide befruchtet.“
Die 2. Liga erscheint ausgeglichener als in den vergangenen Jahren, weil aus der Bundesliga keine vermeintliche Über-Mannschaft heruntergekommen ist. Wer sind für Sie die stärksten Mannschaften?
Eichner: „Aus meiner Sicht sind das der Hamburger SV, Hannover 96, der 1. FC Nürnberg und der VfL Bochum.“
Wie beurteilen Sie dann den Spielplan mit dem Auftakt bei Hannover 96 und dem VfL Bochum als Gegner an Spieltag 2?
Eichner: „Das Programm hat es in sich, direkt danach folgt noch Regensburg auswärts und wir dürfen mit Union Berlin gegen einen Bundesligisten im DFB-Pokal ran. Aber ich mache mir darüber keinen Kopf, weil wir in der Liga ohnehin gegen jeden Gegner zweimal spielen müssen.“
Sie übernahmen bereits im August 2017 gemeinsam mit Zlatan Bajramović interimsweise den Posten als Cheftrainer. Hatten Sie bereits damals auf eine Dauerlösung gehofft?
Eichner: „Zum damaligen Zeitpunkt war die Aussicht, Cheftrainer zu sein, überschaubar, weil ich das formell ohne Trainerschein noch gar nicht durfte. Aber natürlich wären wir als Trainerteam gerne in der Verantwortung geblieben. Wir wären keine guten Trainer, hätten wir diesen Ehrgeiz nicht gehabt.
Dafür bräuchte man aber auch ein Quäntchen Glück. Letztendlich hat sich der Verein mit Alois Schwartz für eine externe Lösung entschieden. Und wenn man sich seine Erfolge anschaut, erwies sich das als richtig.“
Sie sprechen es selbst an: Sie hatten zweieinhalb Jahre mit Alois Schwartz als sein Co-Trainer zusammengearbeitet. Fühlte es sich komisch an, dann seine Nachfolge einzunehmen?
Eichner: „Zuerst hatte ich tatsächlich ein ungutes Gefühl, das muss ich ganz ehrlich zugeben. Einerseits freut man sich zwar über diese Chance. Andererseits konnte ich mich gut in ihn hineinversetzen. Wir hatten lange gut zusammengearbeitet.
Aber natürlich hat jeder Trainer seine eigene Philosophie. Ich habe versucht, diese auf die Mannschaft zu übertragen. Letztendlich hatten wir auch das Quäntchen Glück, um über dem Strich zu bleiben.“
Gibt es noch Kontakt zwischen Ihnen beiden?
Eichner: „Ich habe es versucht. Ich habe mich bei ihm für die Zusammenarbeit bedankt, habe ihm auch zu seinem Geburtstag gratuliert. Ansonsten habe ich ihn aber in Ruhe gelassen. Es ist für ihn keine einfache Situation, wenn jemand aus dem Trainerteam seine Funktion übernimmt.
Aber ich habe oft genug betont, dass ich eine absolut charakterstarke Mannschaft von ihm übernommen habe. Ich ziehe meinen Hut davor, was er in den zweieinhalb Jahren erreicht hat. Wir werden ihn sicherlich bald wieder auf der Fußball-Bühne sehen.“
Inwiefern hat sich Ihr Tages- und Wochenablauf durch die Beförderung zum Cheftrainer verändert?
Eichner: „Mit Blick auf die Anwesenheit: Ich bin morgens früher im Büro und abends einen Tick länger da, weil ich viele unterschiedliche Bereiche zusammenfügen muss. Der entscheidende Unterschied ist die größere Verantwortung. Es gilt, jedem im Verein gerecht zu werden. Gerade auf der sozialen Ebene ist mein Anspruch immens gestiegen, jedem Mitarbeiter im Verein und jedem Spieler in der Mannschaft die notwendige Aufmerksamkeit zu schenken.“
Letzte Frage: Sie haben Mathematik, Ethik und Geographie an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe studiert, später dann ein Fernstudium im Sportmanagement begonnen. Was konnten Sie daraus für sich als Trainer ziehen?
Eichner: „Vieles. Lehrer und Trainer haben einige Gemeinsamkeiten. Gerade das Unterrichtsfach Ethik, mit all den verschiedenen Ansichten und Kulturen, bot viele interessante Diskussionen zu unterschiedlichen Themen. Ähnliches erlebe ich nun jeden Tag in der Mannschaft. Auch da muss ich verschiedene Ideen, verschiedene Typen und verschiedene Individuen zusammenfügen.
Ich bin der Überzeugung, dass alle Fußballtrainer heutzutage fachlich sehr viel Wissen mitbringen. Aber in der heutigen Zeit ist es sehr wichtig, auch den Menschen mitzunehmen. So lässt sich am besten erfolgreich arbeiten. Daher ist es, um es einmal pädagogisch auszudrücken, mein Anspruch, jeden dort abzuholen, wo er gerade steht.“
Herr Eichner, vielen Dank für das Interview.
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