HSV vs Kiel: Interview mit Rafael Kazior
"Wie ein Pokalspiel gegen einen Bundesligisten."
Im Eröffnungsspiel am kommenden Freitag treffen zwei Nordlichter aufeinander, die Rafael Kazior besonders gut kennt. Beim HSV kickte er in der Jugend sowie drei Jahre lang für die zweite Mannschaft. Noch weitaus häufiger trug er das KSV-Trikot, nämlich ganze 167 Mal.
Im Interview mit Liga-Zwei.de spricht der 35-Jährige über die Hamburger Stürmer, seine Ex-Kollegen Patrick Herrmann sowie Tim Siedschlag und verrät, was er der KSV in der kommenden Saison zutraut.
Herr Kazior, Sie haben Ihre aktive Karriere beendet, sind momentan Videoanalyst für Werder Bremen. Wie sehr haben Sie denn die zweite Liga auf dem Schirm?
Kazior: „Wir schauen natürlich auch in andere Ligen und da gehört die 2. Bundesliga, wo interessante Mannschaften spielen, dazu. Es geht dann darum, sich auf dem Laufenden zu halten und andere Taktiken kennenzulernen.“
Am ersten Spieltag kommt es gleich zum Duell zwischen Ihren Ex-Klubs HSV und Kiel. Welche Verbindung haben Sie noch zu den Hamburgern?
Kazior: „Eher wenig. Ich kenne noch ein, zwei Spieler, außerdem den Zeugwart und ein paar Physios. Ansonsten besteht nicht mehr viel Kontakt.“
Sie kickten in der Jugend bis 2001 für den HSV sowie nochmal zwischen 2008 und 2011 für die zweite Mannschaft. Wie sehr hat sich der Verein aus Ihrer Sicht verändert?
Kazior: „In der Zeit, in der ich da war, hat sich alles professionalisiert. Die Profis zogen damals zum Beispiel raus aus Norderstedt in die Arena. Gerade jetzt mit dem neuen Campus hat sich wieder viel getan. Für das Leistungszentrum des HSV war der Campus meiner Meinung nach ein wichtiger Schritt in die Zukunft der Hamburger Talentförderung.“
Wenn Sie als Videoanalyst die Rothosen bewerten müssten: Worauf müssten die Zweitligisten beim HSV besonders achten?
Kazior: „Um das zu beurteilen, bin ich etwas zu weit weg. Der HSV konnte auf jeden Fall wichtige Spieler halten und im Stadion wird immer eine gute Stimmung sein. Gegen Kiel ist es ja schon ausverkauft. Der HSV wird wie Köln oder auch Hannover vor zwei Jahren ständig der Gejagte sein. Ich bin gespannt, wie der Verein und die Mannschaft mit dieser schweren Rolle umgehen.“
Gibt es unter den Stürmern Lasogga, Wintzheimer und Arp einen, den Sie als ehemaliger Angreifer besonders stark einschätzen?
Kazior: „Jeder hat seine Stärken. Lasogga ist ein Brecher. Er läuft sehr viel, wühlt, reibt sich auf – ein absoluter Teamplayer. Arp ist ein Top-Talent, genauso wie Wintzheimer. An den Jungs waren auch andere Vereine dran, was für ihre Qualität spricht. In der Offensive ist der HSV schon sehr gut besetzt.“
Jetzt geht es gegen Holstein Kiel. Das letzte der vier Duelle endete vor elf Jahren mit 5:0 für den HSV. Was macht Sie optimistisch, dass es diesmal besser für Kiel laufen könnte?
Kazior: „Ich weiß nicht, wie stark die Kieler in dieser Saison sind. Ihren Trainer und wichtige Spieler haben sie ja verloren. Ich traue ihnen einiges zu, aber mein Gefühl sagt, dass die kommende Saison schwierig wird. Die Mannschaften nehmen Kiel jetzt anders wahr, das hat man schon in der Rückrunde der letzten Saison gesehen. Unterschätzen wird sie sicher niemand mehr.
Das Spiel gegen den HSV wird spannend. Für die Kieler wird es toll sein, im vollen Stadion aufzulaufen. Das gibt nochmal einen Extra-Schub Motivation. Es ist zwar ein Ligaspiel, aber die KSV geht es wahrscheinlich an wie ein Pokalspiel gegen einen Bundesligisten.“
Sie selbst absolvierten 167 Spiele für die KSV, waren lange Zeit Kapitän. Wieso klappte es für Sie in Kiel so gut?
Kazior: „Ich kam vom HSV, hatte dort schon viel gespielt und war in einer guten Form. Unser Sportvorstand in Kiel, Andreas Bornemann, hat damals einen guten Job gemacht und starke Spieler geholt, die bei anderen Vereinen nicht auf dem Zettel standen.
Wir waren damals ein echtes Team, das auch abseits des Platzes viel unternommen hat und länger zusammenblieb. Mit den guten Jungs um mich rum und den top Trainingsbedingungen in Kiel hat es mir dann immer Spaß gemacht.“
Über 100-Mal standen Sie mit Patrick Herrmann und Tim Siedschlag auf dem Feld. Haben Sie heute noch Kontakt?
Kazior: „Mit Patrick Herrmann weniger, mit Tim Siedschlag schreibe ich ab und zu SMS. Das hat sich in den letzten Jahren alles ein bisschen verloren, was aber daran liegt, dass man andere Prioritäten hat. Wir sind zum Beispiel alle drei Papa geworden. Wie früher samstags nach dem Spiel zusammensitzen, grillen und bis in die Puppen Geschichten erzählen, würde nicht mehr gehen.“
Verstanden Sie sich auf dem Platz auch so gut?
Kazior: „Die beiden sind auf jeden Fall gute Jungs, mit denen ich gerne zusammengespielt habe. Bei Patrick Herrmann wusste man, in der Defensive brennt nichts an. Er war eine Maschine, unser Mr. Zuverlässig. Tim Siedschlag war der freischaffende Künstler, der sich überall bewegen durfte. Er konnte 85 Minuten kein gutes Spiel haben, aber dennoch am Ende ein Spiel mit einer Einzelaktion entscheiden.“
Sie sind im Norden viel herumgekommen: HSV, St. Pauli, Kiel und Bremen hießen u.a. die Stationen. Inwiefern hat sich die Vormachtstellung im Norden aus Ihrer Sicht während Ihrer Karriere verändert?
Kazior: „Ich weiß nicht, ob sich das während meiner Karriere überhaupt verändert hat. Werder hatte früher eine Top-Mannschaft, zur gleichen Zeit auch der HSV. Das waren damals immer enge Rennen, sodass man nicht von einer Vormachtstellung sprechen kann.
Nach dem Abstieg geht es für den HSV darum, wieder aufzusteigen. Wenn ihnen das gelingt, freuen sich auch die Bremer, weil es wieder ein Nordderby gibt.“
Sie selbst sind momentan wie eingangs erwähnt Videoanalyst. Sehen wir Sie in Zukunft vielleicht auch als Trainer an der Seitenlinie?
Kazior: „Geplant ist, dass ich meine Trainerscheine beginne. Im Moment bin ich aber erstmal glücklich in meiner neuen Position. Ich bin Werder Bremen dankbar, dass mir der Verein die Chance gegeben hat, den Übergang vom aktiven Spieler in den Trainerstab zu ermöglichen.
Jetzt gilt es für mich einfach nur, so viel wie möglich zu lernen. Das macht mir unheimlich viel Spaß. Meine Frau und ich fühlen uns in der Stadt wohl und sind sehr zufrieden.“
Herr Kazior, vielen Dank für das Gespräch!
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