Hannover 96: Interview mit Ex-Kapitän Christian Schulz
Rückkehr zu Hannover ist vorstellbar
Christian Schulz spielte über neun Jahre in Hannover, ehe er im Sommer ausgebootet wurde. Bei seinem neuen Verein Sturm Graz läuft es wie geschmiert. Mit einem 1:0 im Spitzenspiel gegen Red Bull Salzburg hat sein Team die Tabellenführung auf sechs Punkte ausgebaut. Liga-Zwei.de sprach mit „Schulle“ über seinen neuen Verein und eine Rückkehr zu 96.
Herr Schulz, Hannover wollte Sie nicht mehr. Sie sind mit Ihrem neuen Klub Sturm Graz aktuell Tabellenführer in Österreich. Haben Sie mit Ihrem Wechsel also alles richtig gemacht?
Christian Schulz: „In Hannover wurde mein Vertrag nicht verlängert und als vertragsloser Spieler gab es dann einige Möglichkeiten. Ich wollte die Grenzen Deutschlands noch einmal verlassen, mit der Familie aber nicht jedem Angebot nachgehen, sondern nur etwas machen, wo es uns allen gut geht. Österreich lag relativ nahe und wir haben den Schritt nicht bereut. Die Familie fühlt sich wohl und sportlich läuft es auch gut, sodass es kein Grund zu beklagen gibt.“
Trainer Franco Foda hat Sie direkt zum Kapitän bestimmt. Hätten Sie damit gerechnet?
Schulz: „Ehrlich gesagt nicht. Der Trainer hat mir bereits nach einer Woche gesagt, dass er mit mir als Kapitän plant. Das kam für mich schon etwas überraschend, da ich die Strukturen vom Verein sowie Mitarbeiter vom Verein noch nicht kannte und auch die Mannschaft erst noch richtig kennenlernen musste. Eine Woche später hat der Trainer dann seine Entscheidung bekräftigt und dann sage ich natürlich nicht nein.“
Seit Einführung der 3-Punkte-Regel wurde der Viertelmeister in 57% der Fälle auch am Saisonende Meister. Beschäftigen Sie sich mit dem Titelgewinn?
Schulz: „(Lacht) Sie sind ja gut informiert, das wusste ich zum Beispiel gar nicht. Die Vorzeichen waren so, dass es mit Salzburg eine Mannschaft gibt, die ganz andere Möglichkeiten hat und die letzten Jahre immer souverän Meister geworden ist. Rapid Wien hat viel in die Mannschaft investiert und will mit einem neuen Stadion wieder oben angreifen.
Diese beiden Teams sind vom Potential noch ein Stücken größer und haben höhere Ambitionen, aber wir nehmen den Platz an der Sonne derzeit gerne mit. Dafür haben wir in den letzten Monaten gut gearbeitet und dann schauen wir, was am Saisonende dabei heraus springt. In der Stadt ist die Euphorie schon groß und Wörter wie Meisterschaft fallen auch, aber wir in der Mannschaft sollten nach einer Viertel-Saison nicht zu euphorisch werden und wissen, dass es extrem schwer ist, den 1. Platz zu halten. “
Was macht Sturm Graz so stark?
Schulz: „Ich denke, dass es die mannschaftliche Geschlossenheit ist. Vom ersten Tag gab es hier kein Abtasten oder keine Grüppchen-Bildung. Taktisch gibt uns der Trainer viel mit, sodass wir in jedem Spiel gut vorbereitet sind. Und unsere große Stärke ist die Effizienz vor dem gegnerischen Tor. Mit Deni Alar, der einen super Lauf hat, haben wir den besten Torjäger der Liga in unseren Reihen.“
Wie kommen Sie als deutsches Nordlicht mit dem Dialekt in der Steiermark zurecht?
Schulz: „Ja, es gibt in der Mannschaft so drei bis vier Spieler, wo ich genau hinhören und manchmal fragen muss, ob das Gesagte wiederholt werden kann. Aber zum größten Teil ist alles gut zu verstehen. Es gibt die eine oder andere Besonderheit im Vokabular, aber dass hier ein paar andere Begriffe sind, ist ja auch normal, wenn man in eine andere Region kommt.“
Wie sehr schauen Sie noch auf 96 und wie bewerten Sie den Saisonstart?
Schulz: „Die Bundesliga und 2. Bundesliga sind hier in Österreich stark im Fokus. Durch die lange Zeit bei 96 schaue ich natürlich täglich auf das Geschehen in Hannover. Ich freue mich, dass sie gut in die Saison gestartet sind und ihre kleine Durststrecke durch die Siege zuletzt ad acta gelegt haben. Ich hoffe, dass sie so schnell wie möglich die Rückkehr in die Bundesliga schaffen.“
Bei 96 wurde Ihnen in einem sehr kurzen Gespräch mitgeteilt, dass Sie keinen neuen Vertrag erhalten, was Sie öffentlich auch kritisiert haben. Ist eine Rückkehr zu 96 in anderer Funktion noch vorstellbar?
Schulz: „Die Gespräche gingen so in die Richtung, aber wir haben sie noch nicht konkretisiert. Ich muss mir natürlich auch Gedanken machen, was nach der aktiven Karriere passiert und kann mir das durch die lange Zeit in Hannover durchaus vorstellen. In den nächsten 1 ½ Jahren konzentriere ich mich ganz auf meine Aufgabe hier bei Sturm Graz und dann wird man sehen, was danach passiert.“
Aber ist nach Ihrer öffentlichen Kritik im Sommer und dem unglücklichen Umgang mit Ihnen etwas hängengeblieben, was eine zukünftige Aufgabe verhindern könnte?
Schulz: „Ich habe den Umgang mit mir damals so empfunden, deswegen lag es mir auf der Seele, das öffentlich anzusprechen und das Thema damit auch ad acta zu legen. Ich war im Nachgang aber mit Herrn Bader und Herrn Kind in Kontakt. Beide sagten mir, dass der Ablauf der Gespräche von Vereinsseite nicht glücklich war und sie Verständnis für meine Reaktion hatten. Wenn ich in 1 ½ Jahren zurück kommen möchte, gibt es laut ihnen eine Möglichkeiten, eine Aufgabe im Verein zu übernehmen.“
Sie haben lange Jahre in Bremen gespielt und noch Kontakt zu Werder. Wie sehen Sie die aktuelle Situation?
Schulz: „Nach dem Sieg gegen Wolfsburg ist zum Glück wieder etwas Ruhe eingekehrt, nachdem mit dem schlechten Saisonstart und Trainerwechsel etwas Unruhe entstand. Ich kenne die Leute, die in Bremen das Ruder in der Hand haben, sehr gut und weiß, dass sie die Ruhe behalten. Um Werder Bremen mache ich mir eigentlich nicht so viele Sorgen.“
Was halten Sie vom Werder-Weg, bei dem gerne auf interne Lösungen gesetzt wird?
Schulz: „Ich glaube jeder Verein sucht den passenden Trainer für seine Aufgaben. Wenn sie Alexander Nouri in dieser Position sehen, dann ist es relativ egal ob er ein interner oder externer Trainer ist. Intern hat den Vorteil, dass man die Abläufe kennt und weiß, wie man in gewissen Situationen reagiert.“
Was ist wahrscheinlicher. Hannover spielt nächste Saison Bundesliga oder Sturm Graz spielt international?
Schulz: „(Lacht). Ich denke, dass beides im Bereich des Möglichen liegt, wenn beide Mannschaften ihr Potential abrufen.“