FC Ingolstadt: Interview mit Philipp Tschauner
"Videobeweis in der 2. Liga? Brauchen wir nicht."
Philipp Tschauner wurde bis Saisonende von Hannover 96 an den FC Ingolstadt verliehen, um mit dem Zweitligisten den Klassenerhalt zu schaffen. Im Interview mit Liga-Zwei.de spricht der Torwart über den Abstiegskampf, seine Zukunft, Trainer Jens Keller und den Konkurrenzkampf unter Torhütern.
Herr Tschauner, haben Sie sich beim Betrachten des Kaders Ihrer Mannschaft schon einmal gefragt, warum der FC Ingolstadt gegen den Abstieg anstatt um den Aufstieg spielt?
Philipp Tschauner: „Natürlich habe ich gesehen, welche Stärke der Kader hat. Aber die Situation ist eben so, dass wir momentan um den Klassenerhalt spielen. Alles andere spielt nun keine Rolle mehr. Wir spielen um den Klassenerhalt und nehmen diese Aufgabe voll an.“
Sonntag steht nun das Auswärtsspiel beim FC Erzgebirge Aue an. Ist das die große Chance, nicht nur selber Punkte zu holen, sondern auch noch eine andere Mannschaft mit in den Abstiegskampf zu reißen?
Tschauner: „Ob wir jemanden mit reinziehen oder nicht, spielt im Endeffekt keine Rolle. Wir müssen auf uns selber schauen. Wenn wir nämlich selber keine Punkte holen, bringt das alles nichts. Im Abstiegskampf ist es das Wichtigste, selber Leistungen zu bringen und Punkte zu holen.
Was um einen herum passiert, ist erst am 34. Spieltag wichtig. Es geht nicht darum, jetzt auf einem Nicht-Abstiegsplatz zu stehen, sondern nach dem letzten Spieltag. Uns allen ist bewusst, dass wir bis zum Ende um den Klassenerhalt kämpfen müssen.“
Aber Sie schauen doch trotzdem mit Interesse, was die Konkurrenten machen, oder nicht?
Tschauner: „Ich schaue auf uns. Wenn wir keine Punkte holen, spielt es nämlich auch keine Rolle, was die anderen machen.“
Können Sie dem Abstiegskampf auch etwas Positives abgewinnen?
Tschauner: „Es ist für einen Fußballspieler eine große Herausforderung, solch eine Aufgabe zu meistern. Daraus kann man viel lernen. Ich habe solch eine Situation bereits erlebt und gemeistert, bringe also die Erfahrung mit. Und natürlich ist es ein großer Ansporn, das im Winter gesetzte Ziel zu erreichen und den FCI in der Liga zu halten.“
Sie sind direkt mit Beginn der Transferperiode auf Leihbasis von Hannover 96 nach Ingolstadt gewechselt. Wann reifte der Wunsch nach einer Veränderung?
Tschauner: „Das halbe Jahr bei Hannover 96 war für mich relativ schwer, weil ich als Kapitän und Stammtorhüter aus einer Bundesliga-Saison kam. Daher hatte ich zu Beginn der Saison ein kleines Tief und habe mir Gedanken gemacht.
Der Entschluss kam allerdings erst, als die Anfrage aus Ingolstadt kam. Ich mag das Gefühl, gebraucht zu werden. Dieses Gefühl hatte ich im letzten halben Jahr in Hannover als Nummer Zwei nicht.“
Hätten Sie auch Hannover verlassen, wenn es den Trainerwechsel bei 96 bereits in der Winterpause gegeben hätte? Schließlich ist ein Trainerwechsel auch immer eine neue Chance.
Tschauner: „Das weiß ich nicht. Darüber zu sprechen, wäre reine Spekulation. Ich bin froh, jetzt in Ingolstadt zu sein.“
Kleinere Stadt, kleineres Stadion, weniger Unruhe – ist Ingolstadt eine andere Welt als Hannover?
Tschauner: „Natürlich ist Ingolstadt vom Umfeld etwas kleiner. Vor allem aber bin ich zurück in meiner Heimat, zurück in Bayern. Das ist für mich eine große Sache. Ich fühle mich hier mit der Familie total heimisch. Wir haben uns hier gleich eine Wohnung genommen und haben in der Stadt sofort Anschluss gefunden.“
Das klingt so, als könnten Sie sich vorstellen, über Ihre Ausleihe bis Sommer 2019 hinaus in Ingolstadt zu bleiben…
Tschauner: „Erst einmal möchten wir unser Ziel Klassenerhalt erreichen. Wenn das klappt, könnte das in Ingolstadt auch etwas Längeres werden.“
Wie ist Ihr Eindruck von Trainer Jens Keller?
Tschauner: „Er hat im Fußball schon viel erlebt, strahlt viel Ruhe aus und hat viel Autorität vor der Mannschaft. Es ist sehr wichtig, einen Trainer zu haben, bei dem man nicht das Gefühl hat, er könnte nervös werden oder die Ruhe verlieren. Gerade für eine junge Mannschaft ist es wichtig, dass der Trainer die schützende Hand über die Mannschaft hält und die richtige Ansprache findet.“
Wie wurden Sie von Ihren Torwart-Kollegen aufgenommen? Immerhin wurden Philipp Heerwagen, Fabijan Buntic und Marco Knaller durch Ihre Verpflichtung verdrängt…
Tschauner: „Wir haben im Verein eine besondere Konstellation, weil alle vier Torhüter in dieser Saison bereits ihre Einsätze in der 2. Bundesliga für den FC Ingolstadt hatten. Natürlich empfindet das keiner als positiv, wenn man einen anderen Torwart vor die Nase gesetzt bekommt.
Aber wir haben in der Vorbereitung die Mentalität entwickelt, dass wir alle nur von positiven Ergebnissen profitieren. Wir alle wollen den Klassenerhalt. Daher ist es wichtig, dass sich jeder einzelne dem großen Ziel unterordnet.“
Sie haben bei 1860 München, beim FC St. Pauli und in Hannover selber erleben müssen, den Stammplatz an einen Kollegen zu verlieren. Wie sind Sie damit umgegangen?
Tschauner: „Man braucht ein paar Tage, um die Enttäuschung zu verarbeiten und sich neu zu fokussieren. Als Ersatztorhüter nimmt man eine andere Rolle ein. Aber vor allem wenn man gegen den Abstieg spielt hat man keine Zeit, um persönliche Eitelkeiten in den Vordergrund zu stellen.“
Letzte Frage: Am 21. März soll entschieden werden, ob der Videobeweis auch in der 2. Bundesliga eingeführt wird. Sie kennen das bereits aus der Bundesliga. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Tschauner: „Ich persönlich bin kein Freund vom Videobeweis. Der Fußball hat sich dadurch sehr verändert. Ich finde nicht, dass wir einen Videobeweis brauchen. Der Fußball lebt von Emotionen.
Ich habe nie erlebt, dass eine Mannschaft durch Fehlentscheidungen über die ganze Saison benachteiligt wurde. Das hat sich letztendlich immer ausgeglichen.“
Herr Tschauner, vielen Dank für das Gespräch!
Schon Mitglied bei Wettanbieter bethard? Jetzt exklusiven bethard Bonus sichern & mit bis zu 50€ gratis Guthaben auf Ingolstadt wetten!