Eintracht Braunschweig: Interview mit Ex-Torwart Thorsten Stuckmann
Meine Hände jucken schon wieder
150-mal kam Thorsten Stuckmann in der 2. Bundesliga zum Einsatz, es folgten zahlreiche Partien im Mutterland des Fußballs. Im Interview mit Liga-Zwei.de spricht der ehemalige Löwe über seine Zeit auf der Insel, Zukunftspläne und andere Torhüter.
Herr Stuckmann, mit 36 Jahren sind Sie eigentlich noch nicht zu alt für das Fußball-Geschäft. Vor kurzem haben Sie in einem Interview über eine Rückkehr nach Deutschland gesprochen. Wie konkret sind diese Pläne nun?
Thorsten Stuckmann: „Das sehe ich auch so, dass ich noch nicht zu alt bin (lacht). Die Rückkehr nach Deutschland ist erfolgt, auch sportlich hoffe ich auf einen Wiedereinstieg. Vor knapp sechs Wochen sind wir von England nach Deutschland zurückgekehrt, sechs sehr schöne Jahre liegen hinter uns. Derzeit bin ich aber noch auf Vereinssuche.
Zwar haben wir die Rückkehr schon länger geplant, aber erst im Mai haben wir uns final dazu entschieden. Da waren natürlich schon viele Positionen besetzt. Meine Hände jucken und ich hoffe, dass es bald wieder los geht. Ich möchte gerne so hoch wie möglich spielen, die 2. oder 3. Liga sollte es schon sein.“
Nach einigen Jahren in Deutschland haben Sie 2011 den Sprung auf die Insel gewagt. Was hat Sie damals gereizt?
Stuckmann: „Ich wollte immer schon mal ins Ausland. Zwar gab es zu dem Zeitpunkt auch Anfragen aus südeuropäischen Ländern, aber das hat mich nicht gereizt. England war schon immer mein Traum und ich denke als Torwart habe ich auch eine passende Statur für den Fußball auf der Insel.
Ich hatte zwei, drei Möglichkeiten, mich bei Vereinen im Probetraining zu beweisen. Dann habe ich natürlich Blut geleckt. Auch bei Preston North End durfte ich mich zeigen, aber unglücklicherweise hatte der Verein schon einem anderen Spieler ein Angebot gemacht, welcher dieses dann auch angenommen hat. Im folgenden Oktober ist der Verein dann aber glücklicherweise erneut auf mich zugekommen.“
108 Partien haben Sie in der League One absolviert, dies ist die 3. Liga in England. Wie darf ein Fan diese Liga im Vergleich zur 2. und 3. Liga in Deutschland einordnen?
Stuckmann: „Ich glaube, die League One liegt zwischen der 2. und 3. Liga in Deutschland. Es gibt einige Teams, die in der 2. Bundesliga in Deutschland spielen könnten und andersrum. Preston North End beispielsweise habe ich mit dem Aufstieg in die Championship verlassen, weil ich meinen Stammplatz verloren hatte und wieder mehr spielen wollte.
Die Mannschaft hat sich seitdem jedoch nicht großartig verändert, konnte sich als Zweitligist etablieren und besitzt Ansprüche, in den nächsten Jahren in die Premier League aufzusteigen. In Deutschland gibt es natürlich innerhalb der 3. Liga einige Unterschiede, aber alles in allem hat die League One ein sehr gutes Drittliganiveau.“
In Deutschland steht vor allem Manuel Neuer als „mitspielender Torhüter“ oftmals im Fokus. Wie werden Torhüter auf der Insel wahrgenommen?
Stuckmann: „In Deutschland gab es seit Manuel Neuer und René Adler einige Talente, man konnte einen Nachwuchshype beobachten. Viele junge Talente, wie beispielsweise Bernd Leno oder Timo Horn, haben eine Chance bekommen und diese dann auch genutzt. In England ist das ein bisschen anders. Natürlich gibt es auch dort talentierte Keeper, diese werden jedoch oftmals in untere Ligen verliehen.
Man traut denen nicht den großen Sprung zu. Dass es auch auf der Insel Talente gibt, dafür ist ja Jordan Pickford ein gutes Beispiel. Der Junge war sozusagen mein „Nachfolger“ in Preston und wurde durch seinen Transfer zum FC Everton jüngst zum teuersten englischen Torhüter aller Zeiten.“
Sie haben unter einigen namhaften Trainern gespielt, u.a. Michael Krüger, Willi Reimann, Uwe Reinders oder Peter Vollmann. Welcher Coach hat ihre Torwartkarriere denn am meisten gefördert?
Stuckmann: „Ich habe von jedem was gelernt. Michael Krüger hatte einen großen Einfluss auf mich, weil er mich sowohl in Aachen als auch in Braunschweig trainiert hat. Doch ich denke, dass die Torwarttrainer mehr Einfluss auf meine Karriere hatten. In Aachen war dies Christian Schmidt.
Alan Kelly kann ich hier jedoch herausstellen, weil er mich einfach in den letzten Jahren bei Preston sehr begeistert hat. Wir haben heute noch einen engen Draht und teilen eine Philosophie. Ich war stets konform mit seinen Ideen und habe für die Zeit nach meiner aktiven Karriere einige Dinge mitgenommen. In der Retroperspektive würde ich sagen, dass er mich am meisten gefördert und inspiriert hat.“
In Deutschland haben Sie 133 Pflichtspiele für Eintracht Braunschweig absolviert, sind mit den Löwen auch in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Wie sehr hat diese Station ihre Karriere geprägt?
Stuckmann: „Braunschweig war für mich eine sehr erfolgreiche und prägende Station, auch sportlich. Ich hatte immer das Glück immer mindestens drei Jahre bei einem Verein spielen zu können, mit Ausnahme von meinen beiden letzten Stationen in England.
Mit Braunschweig bin ich in die 2. Bundesliga aufgestiegen, danach haben wir die Klasse gehalten. Das waren für mich schon die größten sportlichen Erfolge. Ich denke sehr gerne an die Zeit zurück, die sehr intensiv und schön war.“
Wie sehr fiebern Sie noch mit?
Stuckmann: „Einmal Löwe, immer Löwe – das muss man schon so sagen. Ich hatte ja das Glück, dass ich mit einigen Trainern und heutigen Mitarbeitern aus dem Management noch zusammenspielen konnte, das war unglaublich schön.
Durch die Sachen, die ich in Braunschweig erlebt habe und die Art und Weise, wie der Verein mit mir umgegangen ist, ist Braunschweig mir wirklich ans Herz gewachsen. Wenn mein Herz einem Verein gehört, dann der Eintracht.“
Wie schätzen Sie die aktuelle Torhütersituation in Braunschweig ein?
Stuckmann: „Thorsten Stuckmann könnte da nicht schaden (lacht). Nein, aktuell ist es sehr gut. Mit Alexander Kunze hat der Verein einen Top-Torwarttrainer, den ich als Torwart noch miterleben durfte. Wir bildeten damals das Gespann, ich schätze ihn sehr. Ich habe viel von ihm gelernt, auch wie der Umgang zwischen Torhütern sein sollte und wie man sich behandelt.
Junge Torhüter sollten gepusht und unterstützt werden, auch wenn man mal auf der Bank sitzt. Ich habe sehr viel von Alex mitgenommen. Wenn er heute die Dinge im Training umsetzt, die man damals schon erahnen konnte, dann wundert es mich nicht, warum Daniel Davari beispielsweise eine überragende Saison in der 1. Bundesliga gespielt hat. Auch Marjan Petkovic hat sich entwickelt. Jasmin Fejzic war ja lange Zeit als Talent verkannt, aber Alex hat aus ihm einen gestandenen Torhüter gemacht.“
Auch im Hinblick auf das letztjährige Scheitern in der Relegation – Was trauen Sie ihrem ehemaligen Verein in dieser Spielzeit zu?
Stuckmann: „Ich hoffe, dass es nicht wieder in die Relegation geht, sondern dass der BTSV es direkt schafft. Man hat in den letzten Jahren einiges erreicht, Eintracht hat sich immer mehr stabilisiert. Es war natürlich schade, dass man in der Relegation dann gegen Wolfsburg musste, das war schon eine finanzielle Übermacht.
Mit dem Kader hätte der VfL aber auch nicht da unten drin stehen dürfen. Am Ende fehlte das Glück, auch einige Entscheidungen im Spiel waren grenzwertig. Ich hoffe, dass Eintracht das wiederholen kann und bis zum Ende oben mitspielt. Dann ist alles möglich.“
Wenn Sie eine Top-3 mit den besten Torhütern der 2. Bundesliga erstellen müssten, welche wären das?
Stuckmann: „Michael Rensing darf man als erfahrenen Mann nicht vergessen, der steht immer auf der Liste. Auch Mark Flekken würde ich wählen, vielleicht bin ich da aber auch ein wenig gebrandmarkt. Ich habe noch in Aachen gespielt, als er aus der Jugend kam und er hat sich richtig gut entwickelt. Das ist ein Junge der sehr viel Potenzial mitbringt und ich hoffe, dass es für ihn auch noch eine Stufe nach oben geht.
Natürlich darf auch Fejzic nicht fehlen, auch wenn Union derzeit mit Daniel Mesenhöler einen sehr begabten und jungen Schlussmann hat. In der Liga hat Mesenhöler zum Ende der letzten Saison gezeigt, was er drauf hat. Seine Chance wird noch kommen.“
Viele Keeper steigen nach der aktiven Karriere als Torwarttrainer ein, ist dies auch für Sie eine Option? Oder wollen Sie in dem Bereich (Betriebliches Gesundheitsmanagement) aktiv werden, in dem Sie Ihr Studium absolviert haben?
Stuckmann: „Sowohl als auch. Natürlich möchte ich dem Sport so lange wie es geht, treu bleiben. Ich möchte meine Erfahrung gerne weitergeben. Vor allem dadurch, dass ich in zwei Ländern aktiv war, habe ich viel Input gesammelt. Ob ich im Jugendbereich landen werden, oder im professionellen Sektor aktiv sein werde, weiß ich noch nicht, aber ich sehe mich schon später einmal als Torwarttrainer.
Es ist aber auch so, dass Fußball ein etwas anderes Geschäft ist und ich mich nicht nur darauf verlassen möchte. Deswegen habe ich auch mein Studium absolviert und werde sicherlich einige Dinge daraus in meiner Arbeit als Torwarttrainer anwenden können.“
Vielen Dank für das Interview, Herr Stuckmann!
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