Dynamo Dresden: Interview mit Sören Gonther
„Ein offener Kampf um Platz 3.“
Sören Gonther steht am Samstag die Rückkehr an die alte Wirkungsstätte bevor. Mit Dynamo Dresden tritt der Innenverteidiger im Millerntor-Stadion beim FC St. Pauli an. Der 31-Jährige verbrachte fünf Jahre in Hamburg und führte die Mannschaft oft sogar als Kapitän auf das Feld. Im Interview mit Liga-Zwei.de spricht Gonther über St. Pauli, Dynamo und seine lange Verletzung.
Herr Gonther, am Samstag kehren Sie nun bereits zum zweiten Mal zu Ihrem Ex-Verein FC St. Pauli an das Millerntor-Stadion zurück. Wie fühlt sich so ein Spiel an?
Sören Gonther: „Das ist für mich natürlich das schönste Auswärtsspiel der Saison. Der Spielplan meinte es gut mit mir, weil diese Partie erst zum Ende der Hinrunde stattfindet, nachdem ich die ersten Wochen aufgrund meiner Verletzung noch gefehlt habe.“
Der FC St. Pauli ist gut in die Saison gestartet, war zwischenzeitlich Tabellenführer und rangiert derzeit auf dem 4. Platz. Sehen Sie in Ihrem Ex-Verein einen Aufstiegskandidaten?
Gonther: „Sie haben die Qualität, um oben mitzumischen. Sie punkten sehr konstant. Es ist die große Kunst im Fußball, auch aus den schwachen Spielen Punkte zu holen. Das hat der FC St. Pauli sehr gut gemacht. Wir stecken noch in einer frühen Phase der Saison. Ich rechne mit einem offenen Kampf mehrerer Mannschaften um Tabellenplatz 3.“
Die ersten beiden Tabellenplätze sind also fest vergeben?
Gonther: „Ich wäre sehr überrascht, wenn nicht der 1. FC Köln und der Hamburger SV diese Plätze belegen. Hannes Wolf hat den HSV wieder auf Kurs gebracht. Und der 1. FC Köln hat mit der Verpflichtung von Anthony Modeste noch einmal nachgelegt. Und das ist sicherlich keine typische Verpflichtung auf Zweitliga-Niveau.“
Zurück zum FC St. Pauli: Sie haben fünf Spielzeiten dort verbracht, waren in dieser Zeit dem Abstieg allerdings deutlich näher als dem Aufstieg. Warum blieb der Verein die vergangenen Jahre so häufig unter den Erwartungen?
Gonther: „Es gab viele kleine Baustellen. Wir hatten über mehrere Jahre ein großes Verletzungspech. Dadurch haben wir als Mannschaft teilweise nicht funktioniert – zumindest nicht dauerhaft. Wenn ich alleine an meine letzte Saison bei St. Pauli denke: Wir holten in der Hinrunde elf Punkte und waren ein klarer Abstiegskandidat, holten dann aber in der Rückrunde 34 Punkte. Das entsprach der Bilanz eines Aufsteigers. Wir waren einfach nicht konstant genug.“
Der FC St. Pauli soll Ihnen eine Vertragsverlängerung angeboten haben, allerdings nur für ein Jahr. War das der Hauptgrund für den Wechsel? Oder hatten Sie einfach Lust auf einen Tapetenwechsel?
Gonther: „In den Gesprächen, die ich mit mehreren Vereinen geführt habe, gab es viele Themen. Ich hatte ein Angebot vom FC St. Pauli und wäre grundsätzlich auch gerne dort geblieben. Aber im Fußball lässt sich eine Entscheidung nicht immer mit einem Satz beschreiben. Ich habe mich damals sehr bewusst für Dynamo entschieden.“
Dynamo Dresden ist ebenfalls ein großer Traditionsverein in der 2. Bundesliga. Sehen Sie Parallelen zwischen den beiden Clubs?
Gonther: „Beide Vereine haben viel Tradition, ein stimmungsvolles Stadion und werden auch auswärts von vielen Fans unterstützt. St. Pauli ist insofern etwas ganz Besonderes, weil der Verein und die Fans politisch sehr engagiert sind und für ihre Werte einstehen. Damit konnte ich mich immer gut identifizieren. Das gibt es natürlich auch in Dresden. Wir haben gegen Aue mit dem Sondertrikot „Love Dynamo, hate racism“ gespielt. Aber das politische Engagement von St. Pauli ist schon außergewöhnlich.“
Sie sind seit Ihrem Wechsel nach Dresden nicht vom Glück gesegnet. Sie zogen sich im vergangenen Jahr einen Kreuzbandriss zu und mussten zwei Mal operiert werden. Im Jahre 2012 hatten Sie schon einmal einen Kreuzbandriss. Stand Ihre Karriere diesmal auf dem Spiel?
Gonther: „Nein, ich wusste immer, dass ich wieder zurückkomme. Ich wurde von einem der besten Professoren für Kreuzbänder operiert. Und zwar von Prof. Dr. Strobel, der auch Marco Reus operiert hat. Ich bin froh, dass ich nun wieder fit bin. Jetzt möchte ich das Vertrauen, dass die Verantwortlichen bei der Verpflichtung in mich gesetzt haben, wieder zurückzahlen.“
Dynamo Dresden steht zwar auf dem zehnten Tabellenplatz, ist allerdings nur drei Punkte vom 3. Tabellenplatz entfernt, während der Vorsprung auf die Abstiegszone elf Punkte beträgt. Richtet sich der Blick also eher nach oben?
Gonther: „Die Tabelle ist eng beieinander. Mit einem Sieg rutscht man sofort ein paar Plätze nach oben, mit einer Niederlage geht es wieder hinunter. Daher macht es keinen Sinn, bereits jetzt groß auf die Tabelle zu schauen. Wichtig ist aber, dass wir mit dem Sieg gegen Ingolstadt den Abstand nach unten vergrößert haben.“
Direkt vor der Länderspielpause kassierte Dynamo eine vernichtende 1:8 Niederlage beim 1. FC Köln. Wie schwierig war es, diese Klatsche zu verarbeiten?
Gonther: „Das Spiel hat natürlich an uns genagt und war ein traumatisches Erlebnis. Aber mit dem Sieg gegen Ingolstadt haben wir das Thema abgeschüttelt. Nun reisen wir mit viel Selbstvertrauen nach Hamburg.“
Kapitän Marco Hartmann zog sich einen Rippenbruch zu und wird fehlen. Für Rechtsverteidiger Linus Wahlqvist ist das Fußball-Jahr 2018 verletzungsbedingt ebenfalls gelaufen. Wie groß ist die Lücke, die diese beiden hinterlassen?
Gonther: „Natürlich sind das zwei wichtige Spieler und Persönlichkeiten. Aber unser Kader ist in der Breite gut besetzt.“
In zwei Wochen treffen Sie auf Ihren anderen Ex-Verein – den SC Paderborn. Wie beurteilen Sie die gelungene Saison der Paderborner?
Gonther: „Wie es der Zufall so will, spielen wir ausgerechnet an meinem Geburtstag bei dem Verein, bei dem ich Profi wurde. Ich habe noch immer viele gute Kontakte zum SC Paderborn. Der Geschäftsführer Markus Krösche ist ein guter Freund von mir. Und es spricht für ihn, was für eine Mannschaft er und der Trainer in den letzten eineinhalb Jahren aufgebaut haben. Die Mannschaft hat eine gute Qualität, spielt gut nach vorne und ist in der 2. Bundesliga sehr ernst zu nehmen.“
Herr Gonther, vielen Dank für das Interview!
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