Bochum vs Aue: Interview mit Dino Toppmöller
Der Ex-Spieler über das anstehende Duell
Wie der Vater, so der Sohn: Sowohl Klaus Toppmöller als auch sein Sohn Dino waren in ihrer Karriere in Bochum und im Erzgebirge aktiv – Klaus als Trainer beim VfL und dem Erzgebirge-Vorgänger Wismut Aue, Dino als Spieler.
Vor dem anstehenden direkten Duell zwischen den Westdeutschen und den „Veilchen“ hat sich der 36-jährige Trainer in Diensten von F91 Düdelingen etwas Zeit genommen und äußert sich gegenüber Liga-Zwei.de zu seinen beiden Ex-Vereinen, die Vergangenheit sowie Mister X.
Herr Toppmöller, Sie waren ein Jahr in Bochum und zwei Jahre in Aue aktiv – heißt das, dass Sie mit den „Veilchen“ ein wenig mehr mitzittern?
Dino Toppmöller: „Mitzittern ist etwas übertrieben, ich drücke Aue aber auf jeden Fall die Daumen, dass die Klasse gehalten werden kann. Die „Veilchen“ haben in der vergangenen Woche einen Trainerwechsel vollzogen und einen jungen, talentierten Coach eingestellt, der ein erfolgreiches Debüt feiern konnte.
Ich hoffe, dass Aue die Klasse hält. Meine Zuneigung zum VfL Bochum ist jedoch etwas größer, ich hatte zwar eine kurze, aber sehr schöne Zeit dort. Meine Verbundenheit zum VfL ist ein wenig größer, auch weil mein Vater natürlich einige Jahre dort Trainer war (1994 – 99, Anm. d. Red.). Ich habe mich sowohl in Aue als auch in Bochum sehr wohl gefühlt, von daher drücke ich beiden Vereinen noch die Daumen.“
Aue steckt derzeit im Tabellenkeller, vor dem 25. Spieltag liegt Erzgebirge auf dem 16. Platz. Glauben Sie, dass es zum Klassenerhalt reicht?
Toppmöller: „Wenn man sich die Tabelle anschaut, dann geht es wirklich sehr eng zu. Persönlich schätze ich St. Pauli jedoch stärker ein, was die individuelle Klasse der Spieler betrifft, so kann es sein, dass Aue sich über die Relegation retten muss. Gerade mit dem neuen Trainer aus der Hoffenheimer Schule hoffe ich, dass vielleicht ein ähnlicher Aufschwung wie bei der TSG 1899 unter Julian Nagelsmann möglich ist.“
Ex-Trainer Pavel Dotchev hat kürzlich seinen Rücktritt bekannt gegeben. Waren Sie von dieser Entscheidung überrascht?
Toppmöller: „Grundsätzlich bin ich nicht so involviert, dass ich von Überraschung sprechen kann. Ich verfolge das Geschehen und nehme es zur Kenntnis. Vielleicht war es auch so, dass der Verein ein Zeichen setzen wollte, wobei man nie weiß, wie die Trennung intern abgelaufen ist. Selbst wenn es nach außen hin so kommuniziert wurde, dass Dotchev seinen Rücktritt angeboten hat, kann es ja auch so gewesen sein, dass ihm der Rücktritt nahegelegt wurde. Dotchev hat sicherlich gute Arbeit geleistet, aber durch den neuen Trainer kommt nochmal ein neuer Impuls, um auch die letzten Prozent aus jedem Spieler herauszukitzeln.“
Was muss in den nächsten Wochen in Aue besser gemacht werden, damit es auch in der kommenden Spielzeit Zweitliga-Fußball im Erzgebirge zu sehen gibt?
Toppmöller: „Leider bin ich nicht so involviert, dass ich dies vielleicht auch nicht beurteilen kann. Ich verfolge die Ergebnisse, habe aber natürlich nicht jedes Spiel geschaut und daher fehlen mir eventuell die Informationen. Wenn ich Aue-Fan wäre, dann würde ich meine Hoffnungen jedoch in diesen Trainerwechsel legen. Diese neue Trainergeneration, die heranwächst, überzeugt mit einer sehr guten Ausbildung beim DFB. Domenico Tedesco hat schon einige Erfahrung im Juniorenbereich gesammelt, ist sicherlich eng verzahnt mit der Hoffenheimer Schule, die Julian Nagelsmann derzeit praktiziert.“
„Ich denke, dass es einige Umstellungen geben wird, die Spieler werden einen klaren Plan mit an die Hand bekommen. Es ist kein Zeichen der Schwäche, sich individuell auf jeden Gegner einzustellen, sondern vielmehr gilt es, taktisch kluge Entscheidungen zu treffen, die zu einem Erfolgserlebnis führen. Meiner Meinung nach ist Tedesco momentan der größte Hoffnungsträger in Aue. Es liegt an der Mannschaft, die Anweisungen umzusetzen und den Plan auf den Platz zu bringen. Letztendlich geht es jedoch auch darum, dass die Stürmer ihre Hütten machen und die Verteidiger den Laden hinten dichthalten.“
Zwar liegt Bochum derzeit im Tabellenmittelfeld, mit acht Zählern ist der Vorsprung auf Aue jedoch nicht zwingend komfortabel. Glauben Sie, dass es für die Westdeutschen nochmal eng wird?
Toppmöller: „Nein, das glaube ich nicht. Dafür ist der VfL qualitativ zu gut besetzt, in jedem Mannschaftsteil. Die werden ihre Punkte noch holen. Bochum ist ein geiler Verein, der in die erste Liga gehört. Die Fans sind super, die Infrastruktur wurde in den letzten Jahren enorm verbessert, sodass man es dem Verein nur wünschen kann, mal wieder in die Bundesliga zurückzukehren.
Ich habe selber viele Jahre Erstliga-Fußball in Bochum miterleben dürfen, in der Zeit, wo mein Vater dort Trainer war. Die Derbys gegen Dortmund und Schalke waren sicherlich die Highlights. Das war schon eine super schöne Zeit, in der ich den Verein auch ins Herz geschlossen habe. Auch in meiner aktiven Zeit hatte ich ein gutes Verhältnis zu den Fans. Ich drücke dem VfL die Daumen und hoffe, dass die Bochumer es mit Schwung und Anlauf mal wieder in die 1. Bundesliga schaffen.“
Aus der Historie heraus hat der VfL eigentlich höhere Ansprüche als einen Platz im Mittelfeld der 2. Liga. Stimmen Sie zu?
Toppmöller: „Wenn man sich die Tabelle anschaut, dann wird deutlich, dass mehrere Traditionsvereine den Ambitionen hinterherlaufen. Mit dem KSC, Pauli, Düsseldorf, München, Kaiserslautern und Nürnberg liegen gleich sechs Vereine hinter dem neunten Tabellenplatz. Auch im oberen Tabellenbereich gibt es die Absteiger, die natürlich einen höheren Etat haben, aber in Summe sind es neun bis zehn Teams, die sich alle in höheren Sphären sehen.“
Wie gelingt man in diese Sphären?
Toppmöller: „Man muss schon die Strukturen innerhalb einer Mannschaft kennen, über die Ziele Bescheid zu wissen, ebenso darüber, ob der Verein investiert hat oder sich im Umbruch befindet – das sind alles Mosaiksteinchen, die zusammenpassen müssen, um den maximalen Erfolg zu erzielen. Man muss eine Basis schaffen, gezielte Verstärkungen vornehmen und dann den Angriff einleiten. Dies entfacht eine Euphorie im Umfeld.“
Haben Sie eine Idee, was beim VfL verbessert werden muss, damit es mal wieder mit dem Aufstieg klappt?
Toppmöller: „Es fehlt meiner Meinung nach ein Stürmer wie Simon Terodde, der Tore garantiert und auch in engen Spielen trifft. Beim VfB Stuttgart ist es dennoch so, dass der Kader auch in der Breite unglaubliche Qualität besitzt. Doch so ein Stürmer kann den Unterschied machen, so ein Faktor ist notwendig, um oben mitspielen zu können. Das gibt der Mannschaft auch eine gewisse Sicherheit, die weiß, dass wenn die Ordnung und Kompaktheit gewahrt werden kann, dass es diesen Mister X gibt, der aus einer halben Chance ein Tor erzielt. Das ist ein Manko.“
Stichwort: Individuelle Klasse. Als Sie in Bochum gespielt haben, standen dort Leute wie Rein van Duijnhoven, Dariusz Wosz und Paul Freier unter Vertrag. Fehlen dem VfL aktuell solche Typen?
Toppmöller: „Das war eine tolle Truppe. Mit Thomas Christiansen und Vahid Hashemian hatten wir gute Stürmer, Frank Fahrenhorst reifte beim VfL zum Nationalspieler. Es war ein ganz anderes Kaliber. Wenn man länger am Stück in der 2. Bundesliga spielt, so wie jetzt der VfL, dann verlassen jährlich junge, talentierte Spieler den Verein, die höhere Ansprüche haben.
Oder diese Akteure gehen den Weg wie Simon Terodde, der innerhalb der Liga wechselte, jedoch wusste, dass seine Chancen beim VfB Stuttgart besser waren, aufzusteigen. Es ist jedoch die große Kunst, solche Typen zu finden, sei es auf dem Platz, als Trainer oder als Manager. Man muss eine Mannschaft formen, die in der Lage ist, vorne wegzumaschieren.“
Sie haben gerade die Position des Trainers und des Managers angesprochen – trauen Sie dem aktuellen Personal kein Bundesligaaufstieg in absehbarer Zeit zu?
Toppmöller: „Ich kenne Gertjan Verbeek nicht persönlich, denke aber, dass er ein ausgesprochen intelligenter Fachmann ist, der weiß, was zu machen ist. Aus der Ferne wirkt es so, als ob er sein Werk versteht. Auch mit Christian Hochstätter besitzen die Bochumer einen absolut erfahrenen Fachmann. Es ist jedoch wichtig, die richtigen Spieler an Land zu ziehen. Natürlich besitzt der VfL nicht die nötigen finanziellen Mittel, um hochklassige Spieler zu transferieren, vielmehr ist es dann eine Aufgabe des Managements, Talente zu finden und zu binden.“
Eigene Talente?
Toppmöller: „Diese können auch aus der 3. Liga stammen, bewegen sich teilweise auch in der 4. Liga unter dem Radar. Diese Phase muss man nutzen. Das Talent zum Verein holen, zwei bis drei Jahre spielen lassen, bevor der Spieler den nächsten Sprung wagt. Der VfL gehört für mich in die Bundesliga, er passt perfekt in die Nische zwischen dem BVB und Schalke 04, die zwar mehr Strahlkraft besitzen, die Bochum aber auch schon immer wieder ärgern konnte.“
Ihre Ex-Klubs Bochum und Aue treffen am 19. März aufeinander. Wer hat das bessere Ende für sich?
Toppmöller: „Ich bin mal diplomatisch, es kommt zu einer Punkteteilung. 1:1 – mein Tipp.“
Herr Toppmöller, vielen Dank für dieses Interview!
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