Arminia Bielefeld: Interview mit Konstantin Kerschbaumer
Das Spiel gegen Chelsea war ein Highlight
Er stammt von dem österreichischen Top-Verein Rapid Wien, spielte in der 2. englischen Liga für den FC Brentford und kam nun im Sommer zu Arminia Bielefeld. Der Österreicher Konstantin Kerschbaumer (25) hat großen Anteil an dem erfolgreichen Saisonstart von Arminia Bielefeld.
Vor dem Montagabendspiel gegen den VfL Bochum spricht der Mittelfeldspieler im Exklusiv-Interview mit Liga-Zwei.de über seine Eindrücke vom deutschen Fußball, seine Erfahrungen in England und die Krise der österreichischen Nationalmannschaft.
Herr Kerschbaumer, Sie haben bereits in Österreich und in England gespielt. Wie fühlt sich nun der deutsche Fußball an?
Konstantin Kerschbaumer: „Meine ersten Eindrücke sind sehr positiv. Die Fankultur in Deutschland ist ähnlich wie die in Österreich. Die Fangruppen planen, welche Transparente gezeigt werden und wie sich die Mannschaft am besten unterstützen lässt. Das gibt es in England nicht. Dafür sind die Fans dort etwas näher am Spielfeld dran.“
Haben Sie als Österreicher schon immer den deutschen Fußball verfolgt?
Kerschbaumer: „Ja, ich habe mich immer sehr für die Bundesliga und die 2. Bundesliga interessiert. Über Sky konnte man in Österreich immer sehr viele deutsche Spiele sehen. Ich habe besonders Borussia Dortmund sehr verfolgt. Als Spieler fand ich allerdings Bastian Schweinsteiger und später Toni Kroos am besten.“
Nun sind Sie in der Sommerpause nach Bielefeld gekommen. Trainer Jeff Saibene hat mit der Mannschaft vergangene Saison die Klasse gehalten und nun den Grundstein für den erfolgreichen Saisonstart gelegt. Was zeichnet ihn aus?
Kerschbaumer: „Er vermittelt Ruhe und Selbstvertrauen. Er zeigt uns bei jedem Training auf, wie gut wir arbeiten und welche Qualitäten wir haben. Das ist ein Grund dafür, dass wir als Einheit so selbstbewusst auftreten.“
Was ist das Saisonziel der Arminia?
Kerschbaumer: „Wir wollen eine ruhigere Saison spielen als 2016 / 2017. Das Ziel ist der Klassenerhalt.“
Sie haben drei Jahre für die 2. Mannschaft von Rapid Wien gespielt. Wie nahe waren Sie an der 1. Mannschaft dran?
Kerschbaumer: „Ich habe häufig mittrainiert und einmal auch die komplette Saisonvorbereitung absolviert. Wir haben dann allerdings entschieden, dass ich in die 2. Liga von Österreich gehe.
Der SKN St. Pölten hatte mich erst ausgeliehen und dann fest verpflichtet. Dennoch war Rapid Wien eine tolle Erfahrung. Das ist der größte Verein des Landes mit den meisten Fans. Ein Großteil der Österreicher ist Rapid-Anhänger.“
Im Jahre 2015 sind Sie zum FC Brentford in die 2. Liga von England gewechselt. War der englische Fußball ein Traum für Sie?
Kerschbaumer: „Von einem Traum würde ich nicht sprechen. Die deutsche Bundesliga hatte für mich als Österreicher einen höheren Stellenwert. Aber der FC Brentford war sehr an mir interessiert. Wir hatten gute Gespräche und ich wollte den Fußball dort einmal kennenlernen.“
Inwiefern unterscheidet sich das Niveau in der 2. Liga in England von der in Deutschland?
Kerschbaumer: „Das ist schwer zu beurteilen, weil ich bislang nur drei Spiele hier gemacht habe. Möglicherweise ist in England das Tempo etwas höher. Allerdings ist das Leistungsgefälle dort sehr groß. Es gibt etwa sechs Vereine, die fußballerisch richtig stark sind, aber eben auch deutlich schwächere Mannschaften.“
Die höheren Gehälter werden sicherlich in England bezahlt, oder?
Kerschbaumer: „Ich denke schon. In der 2. Liga von England steckt sehr viel Geld. Das Fernsehgeld ist beachtlich. Daher zahlen die Zweitligisten oft auch beachtliche Ablösesummen.“
London hat viele Top-Vereine in der Stadt wie Arsenal, Chelsea und Tottenham. Wie sehr haben sich die Menschen in London für den verhältnismäßig kleinen FC Brentford interessiert?
Kerschbaumer: „Das Interesse an unserem Verein war relativ groß. Es gibt zwar viele Vereine in London, das ist richtig. Aber das Besondere ist, dass jeder Club seine eigene Fangruppierung hat. Unser Stadion war mit den rund 12.000 Zuschauern immer gut besucht.
Nun baut der Verein sogar ein größeres Stadion, das in zwei Jahren fertig sein soll. Das beweist, wie viele Menschen sich für den Verein interessieren. Klar ist aber auch, dass sich der FC Brentford nicht mit den großen Vereinen wie Arsenal oder Chelsea messen kann.“
Sie müssen es wissen. Immerhin haben Sie einmal gegen Chelsea gespielt.
Kerschbaumer: „Stimmt, das war im FA Cup. Wir haben an der Stamford Bridge gespielt. Ich wurde zwar erst zwölf Minuten vor Spielende eingewechselt. Trotzdem war das ein Highlight. Zumal Chelsea mit sämtlichen Top-Spielern angetreten ist.
Es ist schon beeindruckend, wenn einem Stars wie Cesc Fabregas gegenüberstehen. Gerne hätte ich mit ihm auch mein Trikot getauscht. Aber ein Mannschaftskamerad von mir war schneller (lacht).“
Wie liefen die zwei Jahre ansonsten sportlich für Sie?
Kerschbaumer: „Sehr positiv. Ich kam als No Name nach England. Wenn man aus der 2. Liga von Österreich kommt, kennt einen niemand. Ich konnte mich dort aber sehr positiv entwickeln. Leider gab es dann einige Trainerwechsel. Ich hatte in den zwei Jahren drei unterschiedliche Trainer. Zuletzt habe ich nicht mehr das Vertrauen gespürt.“
Also sind Sie nach Bielefeld gewechselt…
Kerschbaumer: „Genau. Ich stand bereits im Winter mit der Arminia im Kontakt. Damals kam der Wechsel leider nicht zustande. Im Sommer wurden die Gespräche noch einmal aufgenommen. Das Interesse vom Trainer und Sportdirektor war sehr groß. Zudem war mir die Arminia ein Begriff, weil ich schon so lange den deutschen Fußball verfolge.“
Wie groß war die Umstellung, von der Weltstadt London in das eher beschauliche Bielefeld zu ziehen?
Kerschbaumer: „London ist natürlich eine gigantische Stadt, dort wird sehr viel geboten. Ich bin früher immer gerne in die Innenstadt gefahren und habe mich mit anderen österreichischen Fußballspielern wie Sebastian Prödl oder Kevin Wimmer getroffen. Aber ich fühle mich auch in Bielefeld sehr wohl. Hier lässt es sich gut leben.“
Wie sehen Sie die österreichische Nationalmannschaft? Bei der EM 2016 zählte Österreich noch zum Favoritenkreis. Seitdem ging es sportlich allerdings rapide bergab.
Kerschbaumer: „Das stimmt leider. Der Hype war in Österreich sehr groß, als sich die Nationalmannschaft souverän für die Europameisterschaft qualifiziert hat. Wir haben mittlerweile viele Spieler, die in großen Vereinen eine wichtige Rolle einnehmen. Aber die WM-Qualifikation wird schwierig, denn die Mannschaft müsste die nächsten Spiele alle gewinnen.“
Vielen Dank für das Interview, Herr Kerschbaumer!
Gewinnt Bielefeld in Bochum? Jetzt wetten!