Abstiegskampf: Interview mit Benno Möhlmann
"Die 2. Liga ist im Moment brandgefährlich."
Benno Möhlmann gehört sicherlich zu den erfahrensten Trainern in Deutschland. Seit 1992 ist er schon als Chef-Trainer in den deutschen Profi-Ligen unterwegs. Dabei hat er alle Höhen und Tiefen erlebt, die es in der Karriere eines Übungsleiters geben kann. Mit Arminia Bielefeld stieg er in die 1. Bundesliga auf und wieder ab, Ingolstadt rettete er vor dem Abstieg in die 3. Liga, mit Greuther Fürth verpasste er mehrfach den Aufstieg nur knapp. Mit Liga-Zwei.de sprach er über den engen Abstiegskampf in dieser Saison, seine Methoden und die Wirkung von Trainerwechseln.
Herr Möhlmann, Sie haben in über 500 Spielen in der zweiten Liga gecoacht. Wie froh sind Sie, dass Sie momentan nicht an der Seitenlinie stehen müssen (Stichwort: Brutaler Abstiegskampf)?
Benno Möhlmann: „Ich bin nicht froh, dass ich im Moment keinen Job habe (lacht). Aber der Wettkampf und die Herausforderung gehören zum Job dazu. Wenn ich es mir wünschen könnte, wäre ich jetzt lieber im Aufstiegsrennen dabei, als im Abstiegskampf. „
Über Druck wird momentan viel gesprochen, auch der Druck im Abstiegskampf ist enorm. Mit welchen Methoden konnten Sie dem früher Herr werden?
Möhlmann: „Ich habe ja nicht mein ganzes Leben im Abstiegskampf verbracht. Aber wenn man drin ist, gibt es für einen Trainer zwei unterschiedliche Situationen: Zum einen bin ich zu Mannschaften geholt worden, die bereits im Abstiegskampf steckten, zum anderen ist es auch passiert, dass ich mit einem Team nach ein oder zwei Jahren in den Abstiegskampf reingerutscht bin. Wenn ich neu dazu kam, konnte ich immer schnell etwas bewirken, weil ich immer neue Ansatzpunkte hatte, die der Mannschaft dann halfen.“
Hatten Sie bestimmte Ansätze, die Ihren Teams im Abstiegskampf halfen?
Möhlmann: „Ich glaube, dass die reine Tatsache irgendwo neu zu einem Gebilde dazuzukommen schon hilft. Man ist dann gefordert, Akzente zu setzen, die Spielidee oder auch personell etwas zu verändern. Man kann nicht immer das Gleiche machen. Ich bin immer auf die gegebene Situation eingegangen. Die sind ja auch unterschiedlich, je nachdem ob man zum Beispiel im September oder Oktober dazukommt, wenn der Existenzkampf noch nicht bedrohlich ist.
Dann hat man noch Zeit genug im taktischen und technischen Bereich zu arbeiten oder sogar neues Personal zu holen. Aber ich bin auch schon später eingestiegen, wenn es darauf ankam, sehr schnell Wirkung zu erzielen. Dann ging es hauptsächlich darum, durch Motivation und positiven Zuspruch die Leistung zu steigern.“
Gut gemeistert hat den Druck Erzgebirge Aue, das nach einer Aussprache eine starke Serie startete. Wie wichtig ist eine funktionierende Mannschaft für den Klassenerhalt?
Möhlmann: „Es ist immer wichtig, den Spielern klarzumachen, dass sie die entscheidenden Akteure sind. Das ist zum Beispiel einfacher, wenn man als Trainer neu ist: Da sind die Spieler eher bereit, Dinge aufzunehmen. Wenn man schon länger dabei ist, sind doch viele Dinge eingefahren. Davon kann man sich nicht freimachen und auch die Spieler sind davon nicht frei.“
Braucht eine Mannschaft dabei klare Hierarchien?
Möhlmann: „Es gehört zum Mannschaftssport dazu, dass es eine klare Hierarchie gibt, die sich im Idealfall über Leistung definiert und innerhalb der Gruppe akzeptiert wird. Der Trainer braucht einen Kern an Spielern, die bei der Mannschaftsführung helfen. Denn was in der Kabine abgeht, bekommt der Trainer ja nicht immer mit. Da ist es wichtig, dass die Mannschaft Dinge alleine regelt und Spieler da sind, die die richtigen Worte finden.“
Auch in Fürth sieht es im Vergleich zur Anfangsphase besser aus. Wie sehr fiebern Sie mit Ihrem Ex-Klub heute noch mit?
Möhlmann: „Fürth ist der Verein, bei dem ich insgesamt am längsten war. Diese Saison habe ich aber nur das Spiel gegen St. Pauli vor Ort gesehen. Da habe ich eine gute Leistung gesehen, bei der man nicht davon ausgehen konnte, dass sie bis zum Ende unten drinbleiben. Die 2. Liga ist aber im Moment brandgefährlich.“
Was machen speziell Damir Buric und Rachid Azzouzi am Ronhof richtig?
Möhlmann: „Ich denke, dass Rachid als Typ dazu passt, in der Mannschaft, die ja nicht schlecht ist, für ein gutes Miteinander zu sorgen. Die beiden machen den Eindruck, dass sie auch die Fangemeinde hinter sich kriegen. Es hilft ja im Abstiegskampf, wenn man innerhalb des Vereins eine gute Unterstützung findet und mit einer Stimme spricht.“
Auch Eintracht Braunschweig ist in akuter Abstiegsnot. Ist es für den BTSV noch schwerer zu bestehen, weil die Zielsetzung von vorneherein ambitionierter war?
Möhlmann: „Es macht die Aufgabe sicher nicht leichter, dass man nicht damit gerechnet hat, solche Probleme zu kriegen. Auch das viele, die da sind, schon größere Erfolge mit dem Verein hatten, bringt immer die Gefahr mit, völlig von der Situation überrascht zu werden.“
Torsten Lieberknecht stand zuletzt häufiger in der Kritik. Besteht die Gefahr, wie Sie schon andeuteten, dass sich ein Trainer, der zu lang bei einem Verein ist, abnutzt?
Möhlmann: „Man muss aber sagen, dass Torsten Lieberknecht da dennoch sehr gut mit der Mannschaft umgegangen ist und immer wieder einen Weg gefunden hat, in die richtige Spur zu kommen. Aber es ist schon eine große Herausforderung für ihn, auch die eigenen Gedanken nochmal durchzugehen und auch nochmal andere Ansatzpunkte zu finden. Ich denke, es ist für ihn jetzt schwerer erfolgreich zu sein, als zum Beispiel in Aue, wo der Trainer noch nicht so lange da ist.“
Am brenzligsten ist die Lage am Betzenberg. Was würden Sie der Mannschaft jetzt vor den entscheidenden fünf Spielen in der Kabine mit auf den Weg geben?
Möhlmann: „Kaiserslautern ist in einer besonderen Situation. Vieles ist schon erreicht worden, sie spielen besser, holen Erfolge. Aber es ist schwer, wenn man schon so weit weg ist. Es kann aber ein Vorteil sein, dass sie schon den ein oder anderen Rückschlag weggesteckt haben. Mit dem ganz langen Atem, haben sie dann vielleicht das Quäntchen Glück, das man braucht.“
Liegt Ihr Handy stets griffbereit, falls ein Zweitligist im Endspurt noch einen Retter in der Not braucht?
Möhlmann: „Ich habe das Handy nicht immer am Mann. Das ist aber auch nicht nötig. Ich will nicht mit aller Gewalt jetzt noch in der Endphase der Saison einsteigen. Es ist auch ganz gut, wenn die Dinge dann bis zum Ende durchgezogen werden. Kurz vor Toreschluss noch aufzuspringen, ist nicht das Ideale.“
Eine Prognose lässt sich schwer treffen, aber: Wer muss Ihrer Meinung nach den Gang in Liga drei antreten?
Möhlmann: „Es ist nicht so einfach, aber ich glaube nicht, dass ein Verein, der schon 40 Punkte hat noch absteigt, auch wenn es theoretisch sein kann. Mehr Prognosen wage ich nicht zu treffen.“
Herr Möhlmann, vielen Dank für das Gespräch!
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