1.FC Nürnberg: Interview mit Patrick Erras
"Ich muss meine Stärken in der Offensive mehr einbringen"
Nach der hervorragenden Hinrunde würde der 1. FC Nürnberg das Jahr 2017 gerne mit einer Pokalsensation beenden. Am Dienstag empfängt der Zweitligist den VfL Wolfsburg (20:45 Uhr). Wieder mit von der Partie ist bei den Nürnbergern der Mittelfeldspieler Patrick Erras. Nach seinem langwierigen Kreuzbandriss möchte der 22-Jährige an seine frühere Form anknüpfen. Im exklusiven Liga-Zwei.de Interview spricht Patrick Erras über das Pokalspiel, seine lange Verletzungspause und den Traum von der Bundesliga.
Herr Erras, wie schätzen Sie die Chancen für das Pokalspiel gegen den VfL Wolfsburg ein?
Erras: „Wir sind der Außenseiter und wissen, dass wir nur gewinnen können, wenn bei uns viel zusammenpasst und Wolfsburg Probleme hat. Dass das Spiel zu Hause stattfindet, ist natürlich ein Vorteil. Wir haben mit unseren Ligaspielen viel Euphorie in Nürnberg verursacht und hoffen daher auf sehr viele Zuschauer. Jeder freut sich, dass ein Bundesligist in Nürnberg zu Gast ist.“
Man könnte auch argumentieren, ein Auswärtsspiel wäre besser, weil Ihre Mannschaft im Ligabetrieb auswärts mehr Siege geholt hat als zu Hause…
Erras: „Das stimmt. Trotzdem sind wir alle froh, im DFB-Pokal ein Heimspiel zu haben.“
Welchen Eindruck haben Sie vom VfL Wolfsburg?
Erras: „Es steht außer Frage, dass Wolfsburg eine richtig gute Mannschaft hat. Mit Spielern wie Mario Gomez oder Daniel Didavi haben sie viel individuelle Qualität. Wir können das Spiel ohne Druck angehen.“
Der 1. FC Nürnberg gewann im Jahre 2007 den DFB-Pokal. Genau zur selben Zeit stießen Sie als 12-Jähriger in die Nachwuchsabteilung des Vereins. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit?
Erras: „Das stimmt, das war genau zur selben Zeit. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich bei dem Finale vor dem Fernseher mitgefiebert habe. In der Stadt war richtig viel los. Doch auch in den Jahren danach war das Ereignis immer präsent. Zum Beispiel bei den Feierlichkeiten zum Zehnjährigen, als die Pokal-Helden um Siegtorschütze Jan Kristiansen geehrt wurden.“
Die Pokal-Helden Marek Mintal und Andreas Wolf waren später in der Jugend Ihre Co-Trainer…
Erras: „Das ist richtig. Wie von vielen anderen Trainern habe ich auch bei ihnen einiges mitgenommen. Bei Marek Mintal stachen die Abschlussqualitäten hervor – auch wenn es schwierig ist, dies dann selber umzusetzen. Auch von Andreas Wolf konnte man aufgrund seiner Einstellung und seines Zweikampfverhaltens viel lernen.“
In Ihrer Karriere ging es jahrelang nur bergauf, bis Sie sich dann im März 2016 das Kreuzband gerissen haben. Bis vor kurzem hatten Sie noch mit Spätfolgen aus dieser Verletzung zu kämpfen. Wie schwierig ist es, wieder das alte Niveau zu erreichen?
Erras: „Das ist nicht einfach. Es gab immer wieder einmal schlechtere Phasen, in denen kleine Probleme auftraten. Das ist auch für den Kopf nicht einfach. Man will immer mehr, will immer näher an die Mannschaft herankommen, muss dann aber immer wieder Rückschläge hinnehmen. Nun bin ich aber von der Fitness auf einem guten Stand. Ich hatte keine Probleme mehr und möchte das hinter mir lassen.“
Wie haben Sie sich vom Fußball abgelenkt, wenn es Rückschläge gab?
Erras: „Meistens war ich trotzdem bei der Mannschaft. Aber es gab auch einmal Phasen, in denen ich etwas Abstand haben wollte. Ich habe während der Reha viele Athleten aus anderer Sportarten kennengelernt. Dadurch stieg auch mein Interesse an Sportarten wie Handball, Basketball oder Eishockey. Ich habe mir einige Spiele angeschaut, auch hier in Nürnberg vor Ort.“
In der Sommervorbereitung waren Sie noch nicht fit. Nun steht die Wintervorbereitung bevor. Ist das für Sie die große Chance, wieder das frühere Niveau zu erlangen?
Erras: „Absolut. Nach so einer langen Verletzung tut jede Vorbereitung gut. Daher hoffe ich, in der Rückrunde wieder voll durchziehen und alles mitmachen zu können.“
Der 1. FC Nürnberg ist ein Traditionsverein mit einer erfolgreichen Vergangenheit. Wie präsent ist in der Stadt der Traum von der Bundesliga?
Erras: „Wenn man mit den Menschen hier in der Stadt spricht, ist der Wunsch zu spüren. Aber wir wissen, dass der Weg noch sehr lang ist. Wir haben eine gute Hinrunde gespielt, haben aber noch einige Hausaufgaben zu machen.“
Wie schätzen Sie die Konkurrenzsituation in der Tabellenspitze ein?
Erras: „Alle Mannschaften stehen zurecht dort oben. Holstein Kiel leistet zum Beispiel sehr gute Arbeit und hat sehr gute Spieler. Ingolstadt hat dafür viele Spieler mit Bundesliga-Erfahrung. Es wird bis zum Schluss spannend bleiben.“
Lässt sich der Traum von der Bundesliga nur über Tabellenplatz 1 oder 2 realisieren? Es gab nach 2012 keinen Zweitligisten mehr, der sich in der Relegation durchsetzen konnte. Und in dieser Saison, wo es in der Bundesliga keine kleinen Mannschaften gibt, könnte es besonders schwierig werden.
Erras: „Es wäre sicherlich von großem Vorteil, der Relegation aus dem Weg zu gehen. Wir haben 2016 gegen Frankfurt selbst erlebt, dass viel zusammenpassen müsste, um sich gegen einen Bundesligisten durchzusetzen.“
Bevor Sie sich Ihren Kreuzbandriss zuzogen, wurde Ihre Mannschaft noch von Rene Weiler trainiert. In der Zwischenzeit gab es den Trainer Alois Schwartz und nun Michael Köllner. Wie hat sich der Fußball Ihrer Mannschaft seitdem verändert?
Erras: „Von Alois Schwartz habe ich aufgrund meiner Verletzung nicht viel mitbekommen. Aber jeder Trainer hat unterschiedliche Ansichten vom Fußball. Michael Köllner legt viel Wert auf eine gute Taktik und einen guten Spielaufbau. Unter Rene Weiler standen eher die Kompaktheit und das Konterspiel im Vordergrund. Allgemein hat sich unser Spiel aber nicht allzu sehr verändert.“
Trainer Köllner hat angemerkt, Sie müssten noch offensiver spielen, mehr Chancen kreieren und torgefährlicher agieren. Denken Sie manchmal zu defensiv?
Erras: „Nicht unbedingt. Es gab bereits Jahre, in denen ich torgefährlich war. Vor meiner Verletzung habe ich in 15 Partien fünf Mal getroffen. Dann gab es wieder Phasen, in denen ich weniger traf. Ich weiß aber, dass ich meine Stärken auch in der Offensive habe und diese mehr einbringen muss.“
Vielen Dank für das Interview, Herr Erras!
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