1. FC Magdeburg: Interview mit Timo Perthel
"Keiner darf glauben, wir haben etwas geschafft."
Der 1. FC Magdeburg zählt zu den großen Überraschungsmannschaften der Rückrunde. Großen Anteil daran haben die Winter-Neuzugänge wie zum Beispiel Timo Perthel. Vor dem Abstiegs-Gipfel gegen den MSV Duisburg (Freitag, 18:30 Uhr) spricht Perthel mit Liga-Zwei.de über die Gründe für den Aufschwung des 1. FC Magdeburg, seine vielen Umzüge und über Stefan Raab.
Herr Perthel, seitdem Sie im Winter zum 1. FC Magdeburg gewechselt sind, gab es nur noch Erfolgserlebnisse. Der Verein blieb in allen fünf Ligaspielen des Jahres 2019 ohne Niederlage, holte in dieser Zeit elf Punkte und steht in der Rückrundentabelle auf Platz 4. Was sind die Gründe für den Aufschwung?
Timo Perthel: „Ich gehöre ja zu den neuen Spielern und finde, dass wir in der Vorbereitungszeit sehr schnell zusammengewachsen sind. Bereits die Vorbereitungsspiele liefen gut – auch wenn das nicht immer etwas heißen muss. Aber wir haben es geschafft, den Positivtrend mit in den Ligabetrieb zu nehmen.“
Mit Torwart Giorgi Loria, Jan Kirchhoff, Steven Lewerenz und Ihnen haben vor allem die Winter-Neuzugänge bislang einen großen Einfluss auf den erfolgreichen Jahresauftakt. Wie ist es Ihnen gelungen, sich so schnell in der Mannschaft und im Spielsystem einzufinden?
Perthel: „Unser Trainer Michael Oenning ist ja auch noch nicht so lange hier. Somit war die Wintervorbereitung die erste gemeinsame Vorbereitung für uns alle. Das hat uns zusammengeschweißt.“
Oenning erlebte in den ersten Wochen nach seinem Jobantritt zunächst eine längere Durststrecke, scheint nun aber genau der richtige Mann für diese Mannschaft zu sein. Was zeichnet ihn aus?
Perthel: „Er ist ein extrem positiver Mensch und überträgt diese Stimmung auf die Mannschaft. Der Trainer hat uns vermittelt, an die eigene Stärke zu glauben. Das hat bislang gut funktioniert. Wichtig ist aber, dass wir nicht nachlassen. Keiner darf glauben, dass wir schon etwas geschafft haben. Die Saison ist noch lang.“
Freitag steht das Auswärtsspiel beim MSV Duisburg an. Mit einem Sieg könnte man sich weiter Luft im Abstiegskampf verschaffen. Wie schätzen Sie den Tabellenletzten ein?
Perthel: „In der 2. Liga gibt es keine einfachen Spiele. Nur weil Duisburg Tabellenletzter ist, wird es nicht einfacher für uns. Wir müssen genauso wie gegen Paderborn Vollgas geben, um Punkte mitzunehmen.“
Sie haben selber eine Saison beim MSV Duisburg verbracht. Verspüren Sie noch eine emotionale Verbindung zu Ihrem Ex-Verein?
Perthel: „Ja schon, aber auch zu einzelnen Personen, die ich von anderen Stationen kenne. Unter Trainer Torsten Lieberknecht und Co-Trainer Darius Scholtysik habe ich bei Eintracht Braunschweig in der Bundesliga gespielt. Zu Darius habe ich noch immer Kontakt, wir gratulieren uns zum Beispiel immer zum Geburtstag. Und mit dem MSV-Torwart Felix Wiedwald habe ich sowohl in Duisburg wie auch bei Werder Bremen zusammengespielt.“
Geht es vor allem darum, Ingolstadt, Sandhausen und Duisburg hinter sich zu lassen? Oder glauben Sie, dass auch Vereine wie Dynamo Dresden, der FC Erzgebirge Aue oder der SV Darmstadt noch einmal unten reinrutschen könnten?
Perthel: „Die Liga ist extrem ausgeglichen. Jeder Gegner ist schwierig zu bespielen. Von daher glaube ich, dass auch die Mannschaften, die in der Tabelle vor uns stehen, im Abstiegskampf noch ein Wörtchen mitzureden haben. Niemand darf sich ausruhen – wir natürlich auch nicht.“
Sie haben in großen Fußballstädten wie Bremen, Rostock, Braunschweig und zuletzt Bochum gespielt. Wie erleben Sie die Fußball-Begeisterung in Magdeburg?
Perthel: „Ich möchte die einzelnen Städte nicht miteinander vergleichen. Aber die Euphorie ist in Magdeburg sehr groß. Obwohl die Hinrunde für die Fans nicht berauschend war, habe ich von Anfang an eine sehr positive Stimmung gespürt. Die Menschen haben Freude an der 2. Bundesliga und wollen das weiter erleben. Beim Auslaufen werden wir ständig gegrüßt, die Menschen öffnen ihre Fenster und wünschen uns viel Glück oder gratulieren uns zum Sieg.“
Im Dezember hatte Bochum-Trainer Robin Dutt noch gesagt, er würde mit Ihnen als Alternative für Danilo Soares planen. Wie kam es dann trotzdem zum Wechsel nach Magdeburg?
Perthel: „Ich hatte in Bochum wenig Spielanteile. Und da Danilo seine Sache gut gemacht hat, gab es keine Aussicht, dass sich daran bald etwas ändert. Es war abzusehen, dass meine Zeit in Bochum spätestens im Sommer zu Ende gewesen wäre. Von daher habe ich mir das Angebot aus Magdeburg gerne angehört.“
Es gab in Ihrer Karriere eine längere Zeit, in der Sie jedes Jahr umziehen mussten. Bochum war Ihre erste längere Station im Profifußball. Fällt es dann nicht auch schwer, dies mit der Familie auszugeben und woanders wieder von vorne anzufangen?
Perthel: „Früher musste ich wirklich sehr viel umziehen. Als alleinstehender Mann ist das natürlich einfacher. Wenn man aber Frau und Kind hat, das Kind in den Kindergarten geht und auch die Frau ihre Kontakte in der Stadt hat, ist das natürlich eine andere Geschichte. Aber wir haben den Umzug hinter uns und bauen uns hier etwas Neues auf.“
Vor einigen Jahren gab es in der Sendung taff auf ProSieben Homestorys von Ihnen und Ihrer Frau Ramona, die man sich heute noch auf youtube anschauen kann. Daher die Frage: Ist Ihre Wohnung in Magdeburg schon genauso wie damals „bling-bling-mäßig“ eingerichtet?
Perthel: „(grinst) Nee, davon sind wir abgekommen. Wir sind etwas ruhiger geworden. Wir hätten damals auch noch mehr Homestorys machen können. Es gab weitere Angebote von taff. Aber so viel Spaß hat uns das dann doch nicht gemacht.“
Wie waren damals die Reaktionen darauf, dass Sie und vor allem Ihre Frau Einblicke in das Privatleben gewähren und sich auch von der Glamour-Seite zeigen?
Perthel: „Es gab jedenfalls keine schlechten Reaktionen. Man wird natürlich darauf angesprochen. Stefan Raab hat in seiner Sendung TV Total Ausschnitte gezeigt und uns auf den Arm genommen. Aber so lange das ein gewisses Niveau hat, kann ich darüber lächeln. Ich bin immer für einen Scherz zu haben.“
Ihre Frau hat damals berichtet, Sie würde die Prüfung zur Spielerberaterin ablegen. Warum lassen Sie sich nicht wie früher Thomas Häßler von Ihrer Ehefrau vertreten?
Perthel: „(lacht) Diese Sache hat sie abgebrochen. Das war eine kurze Idee von ihr und ihrer Freunde. Sie hat sich darüber informiert, hat die Idee dann aber fallen gelassen.“