1.FC Kaiserslautern: Interview mit Marius Müller
"Der Abstieg ist für uns keine Option"
Er hat den Großteil seines Lebens beim 1. FC Kaiserslautern verbracht. Sein Wechsel zu RB Leipzig machte Marius Müller zeitweise jedoch zum Buh-Mann. Zum Saisonbeginn kehrte er Leihweise zu seinem Heimatverein zurück – und wurde nicht überall mit offenen Armen empfangen. Im Liga-Zwei.de Interview spricht Müller über sein Verhältnis zu den Fans, seine Erfahrungen bei RB Leipzig und den Abstiegskampf mit Kaiserslautern.
Herr Müller, der 1. FC Kaiserslautern steckt tief im Abstiegskampf. Wie erleben Sie die Menschen in der Region? Spüren Sie viel Frust von den Fans?
Marius Müller: „Natürlich haben wir in den letzten Wochen viel Frust zu spüren bekommen. Das war verständlich, aber dennoch nicht immer einfach für uns. So etwas möchten wir nicht wieder erleben. Dafür haben wir nach unserem Auswärtssieg am Montag gesehen, wie erleichtert die Fans waren. Ich bin mir sicher, dass wir am Sonntag auch zu Hause wieder super unterstützt werden. Wenn wir unsere Leistung bringen, können wir die Leute zufriedenstellen.“
Ihre Mannschaft hat am Montagabend das Auswärtsspiel bei Dynamo Dresden in der Schlussphase gedreht. Kann das die Initialzündung für eine erfolgreiche Aufholjagd sein?
Müller: „Absolut. Das Spiel war für alle ein richtiger Motivationsschub. Wir sind trotz des Rückstandes immer dran geblieben. Das zeugt von Moral.“
In den letzten 26 Monaten hatte der 1. FC Kaiserslautern sechs Cheftrainer und vier sportliche Leiter. Ist das die Ursache für die vielen Probleme?
Müller: „Es kann sein, dass dies auch eine Rolle spielt, aber das kann ich nicht bewerten. In meiner Profizeit habe ich hier bereits mit über 100 Mitspielern zusammengespielt. Aber das ist sicher nicht der einzige Grund dafür, dass wir aktuell am Tabellenende stehen.“
Welche Gründe kommen außerdem hinzu?
Müller: „Wir haben einige Spiele zurecht verloren, weil wir nicht die erforderliche Qualität an den Tag gelegt haben. Es gab aber auch Spiele, die wir unnötig verloren haben. Wenn ich zum Beispiel an das Spiel gegen Holstein Kiel zurückdenke, wo wir uns das Ding in der letzten Sekunde selber reinheben, oder an das Heimspiel gegen Duisburg, welches wir ebenfalls nicht hätten verlieren dürfen.
Aufgrund solcher Niederlagen sind uns die anderen Mannschaften enteilt. Umso wichtiger, dass wir in Dresden gewonnen haben. Nun haben wir die Chance, uns in den Spielen gegen Bielefeld und Heidenheim zurück zu kämpfen.“
Unter dem Trainer Jeff Strasser gab es in den letzten sechs Spielen nur noch sechs Gegentore. Klammert man das ernüchternde Spiel in Regensburg aus, waren es sogar nur drei Gegentreffer in fünf Spielen. Wie hat der Trainer die Verteidigung stabilisiert?
Müller: „Wir hatten ein intensives Abwehrketten-Training. Unser Trainer macht uns heiß darauf, jeden Zweikampf anzunehmen und zu Null zu spielen.“
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Sie kamen bereits mit zehn Jahren zum 1. FC Kaiserslautern. Geht Ihnen der Abstiegskampf vielleicht etwas näher als anderen Mitspielern?
Müller: „Ich kann hier nur für mich sprechen. Ich habe fast mein ganzes Leben als Fußballer hier verbracht und weiß daher, wie wichtig den Menschen in der Region der FCK ist. Das versuche ich auch meinen Mitspielern zu vermitteln.“
Grundsätzlich gehören Auf- und Abstiege zum Fußball dazu. Ist der Abstiegskampf aufgrund der finanziellen Situation des Vereins besonders dramatisch? Ein Abstieg in die 3. Liga wäre für den Verein schwer zu verdauen.
Müller: „Ich kann nicht beurteilen, ob die 3. Liga für den Verein darstellbar wäre oder nicht. Solche Gedanken haben wir Spieler ohnehin nicht im Hinterkopf. Wir denken nicht darüber nach, ob wir dann in der 3. oder 4. Liga spielen würden. So oder so ist der Abstieg für uns keine Option.“
Nicht alle Fans vom 1. FC Kaiserslautern waren glücklich, als Sie von RB Leipzig zurückgekehrt sind. Bei dem ersten Saisonspiel in Nürnberg wurden Sie mit einem feindlich gesinnten Spruchband begrüßt. Waren Sie von diesen Reaktionen überrascht?
Müller: „Mir war bewusst, dass nicht alle Fans glücklich über meine Rückkehr sein würden. RB Leipzig steht nun einmal bei vielen Anhängern in der Kritik. Dass das Spiel dann so schlecht laufen würde (Müller verschuldete die ersten beiden Gegentore, Anm.d.Red.), habe ich mir natürlich am allerwenigsten gewünscht. Aber ich habe viel daraus gelernt. Man muss so eine Situation einfach annehmen. Dinge, die man ohnehin nicht ändern kann, muss man akzeptieren.“
Spüren Sie noch immer Abneigungen oder ist das Thema erledigt?
Müller: „Ein Großteil der Fans unterstützt mich. Die Ultras sehen mich aber noch immer kritisch. Damit habe ich aber kein Problem. Sie beleidigen mich nicht. Aber wenn wir zum Beispiel in der Kurve abklatschen gehen, werde ich meist nicht abgeklatscht. Das ist völlig legitim. Natürlich würde ich mich aber freuen, wenn ich auch diese Leute noch umstimmen könnte.“
Haben Sie Verständnis dafür, dass Spieler von RB Leipzig für Fans von Traditionsvereinen oft ein rotes Tuch sind?
Müller: „Viele kämpfen um das Überleben und müssen jeden Cent zusammenhalten. RB Leipzig hat mit der Hilfe von Red Bull alles in kürzester Zeit hochgezogen. Trotzdem sollte man die Leistung anerkennen. Es gibt genügend andere Vereine, die mit viel Geld nichts anfangen können. Ich habe erlebt, wie akribisch in Leipzig unter Ralf Rangnick gearbeitet wird. Das ist wirklich herausragend.“
Sie haben in Leipzig lediglich für die zweite Mannschaft gespielt. Hatte man Ihnen mehr versprochen?
Müller: „Ich bin sicherlich nicht dorthin gegangen, um fünf Spiele in der Regionalliga zu machen. Ich habe bei RB Leipzig realistische Chancen gesehen und habe Olympia dafür abgesagt, was mich noch immer schmerzt. Auch wenn es nicht so lief wie geplant, habe ich dort aber viel gelernt und bin froh, diesen Schritt gemacht zu haben.“
Auch für Ihren ehemaligen Torwartkollegen aus Kaiserslautern, Julian Pollersbeck, läuft es beim Hamburger SV sehr unerfreulich. Ist die Umstellung von der 2. Bundesliga zur Bundesliga schwieriger als häufig angenommen wird?
Müller: „Ich habe ja einige Jahre mit „Poller“ zusammengespielt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er nicht das Zeug zur Bundesliga hat. Allerdings braucht man auch das nötige Quäntchen Glück. Ich wünsche ihm jedenfalls das Allerbeste.“
Ihre Ausleihe endet nach der Saison. Sie haben danach noch ein Jahr Vertrag bei RB Leipzig. Ist es für Sie denkbar, zurückzukehren und dort noch einmal richtig anzugreifen?
Müller: „Mit Peter Gulacsi hat RB Leipzig einen guten und seriösen Torhüter, der wenig Fehler macht. Wie meine eigene Zukunft aussieht, kann ich jetzt aber noch nicht beurteilen.“
Vielen Dank für das Interview, Herr Müller!
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