1. FC Heidenheim: Interview mit Florian Pick
„Früher war ich nicht auf Fußball fokussiert.“
Nachdem Florian Pick letzte Saison 13 Tore für Kaiserslautern erzielte, wechselte er in diesem Sommer zum 1. FC Heidenheim. Vor dem Spiel gegen den SC Paderborn spricht der Stürmer mit Liga-Zwei.de über den Saisonstart und das Potenzial von Heidenheim, über seine früheren Fehler auf dem Wege in den Profifußball und über die Probleme seines Ex-Vereins Kaiserslautern.
Herr Pick, nach zwei Spielen hat der 1. FC Heidenheim drei Punkte auf dem Konto. Wie beurteilen Sie den Saisonstart?
Florian Pick: „Wir haben im ersten Spiel gegen Braunschweig nicht unser bestes Spiel gemacht, waren aber vorne effektiv und sind dadurch mit drei Punkten gestartet. Bei St. Pauli haben wir eigentlich ein gutes Auswärtsspiel gezeigt, konnten aber unsere Chancen nicht nutzen, bekamen hinten blöde Gegentore und haben dadurch verloren. Da kam einiges zusammen.“
Nun treffen Sie auf den Bundesliga-Absteiger SC Paderborn, der die ersten beiden Spiele verloren hat. Wie schätzen Sie den Gegner ein?
Pick: „Paderborn ist eine Mannschaft, die mit ihren schnellen Außenspielern sehr gut kontert. Gegen Paderborn sind die Spiele immer sehr offen. Diese Mannschaft schießt viele Tore, bekommt aber auch viele Gegentore. Das hat man am Montag beim 3:4 gegen den HSV gesehen.“
Stand jetzt dürfen 3.000 Zuschauer das Stadion besuchen. Wie groß ist Ihre Hoffnung, dass wir über die komplette Saison keine kompletten Geister-Spieltage mehr erleben werden?
Pick: „Ich finde es überragend, dass nun 3.000 Zuschauer ins Stadion dürfen. Nachdem man viele Wochen komplett ohne Zuschauer gespielt hat, fühlen sich 3.000 Zuschauer an wie 10.000. Auch auswärts bei St. Pauli war es schön, vor einigen Zuschauern zu spielen. Ich denke, dass das mit den Abständen auch gut gemacht wurde. Daher hoffe ich, dass die Zuschauerzahlen sukzessive nach oben gehen und wir irgendwann wieder normale Zuschauerzahlen haben werden.“
Befinden Sie sich als Profis genau wie in der vergangenen Saison in einer Quasi-Quarantäne? Oder gibt es Unterschiede?
Pick: „Es ist ein bisschen anders. In der Schlussphase der letzten Saison war der Spielplan, insbesondere in der 3. Liga, sehr eng. Ein Spiel folgte nach dem anderen. Daher bewegte man sich automatisch nur zwischen Fußballplatz und zu Hause. Nun versucht man schon, etwas normaler zu leben und geht zum Beispiel auch normal mit Mund-Nasen-Schutz einkaufen. Große Menschensammlungen vermeidet man natürlich. Niemand möchte sich infizieren und zwei Wochen fehlen.“
Zurück zum Sportlichen: Der 1. FC Heidenheim hat nach der vergangenen Saison viele Leistungsträger verloren – unter anderem auch Stürmer Tim Kleindienst, der 14 Tore erzielt hatte. Verspüren Sie einen besonderen Druck, diese Lücke ausfüllen zu müssen?
Pick: „Ich denke, wir sind zwei unterschiedliche Spielertypen. Tim Kleindienst war ein Stoßstürmer, der seine Stärken in der Box hatte und sehr kopfballgefährlich war. Ich bin mehr mit dem Ball und im Dribbling unterwegs, versuche von außen nach innen zu ziehen. Daher kann man uns nicht vergleichen. Trotzdem möchte ich meine Abschlussstärke einbringen.“
Glauben Sie daran, dass der 1. FC Heidenheim genauso wie im Vorjahr um den Aufstieg mitspielen kann?
Pick: „Wir müssen uns erst einmal finden. Gegenüber der Vorsaison sind viele Leistungsträger gegangen. Im Gegenzug kamen viele neue Spieler hinzu. Das Spiel bei St. Pauli hat gezeigt, dass wir noch kaltschnäuziger werden müssen. Dennoch glaube ich, dass wir aufgrund unserer Spielart viele Punkte holen werden. Wir laufen viel und arbeiten gut gegen den Ball. Daher ist es immer schwierig, Tore gegen uns zu schießen.“
Themawechsel: Sie stammen ursprünglich aus dem Nachwuchs des 1. FC Kaiserslautern, haben aber auch drei Jahre in Gelsenkirchen verbracht und dort für die A-Jugend sowie die 2. Mannschaft des FC Schalke 04 gespielt. Wie beurteilen Sie diese Station rückblickend?
Pick: „Ich hatte auf Schalke eine lehrreiche Zeit. Mit Norbert Elgert hatten wir einen sehr guten Jugendtrainer, der uns gut auf die Profizeit vorbereitet hat. Ich war aber daraufhin bei der 2. Mannschaft nicht genug auf den Fußball fokussiert, um dort den Durchbruch zu schaffen. Ich war jung und hatte zu viele Pfeile im Kopf. Aber daraus lernt man. Ich habe mich eben später entwickelt.“
Was hat Sie damals vom Fußball abgelenkt?
Pick: „(grinst) Wer den Ruhrpott kennt, weiß, dass man dort auch viele Partys feiern und neben dem Platz viel Blödsinn machen kann. Ich hatte so viele Dinge im Kopf, dass ich mich nicht voll auf den Fußball fokussiert habe. Aber wie gesagt: Daraus lernt man. Heute bin ich auf dem richtigen Weg.“
Ihren Durchbruch erlebten Sie erst in der vergangenen Saison, als Sie für den 1. FC Kaiserslautern in der 3. Liga 13 Tore und elf Vorlagen zu verbuchen hatten. Was war der Grund für diese Leistungsexplosion?
Pick: „Mir war klar, dass ich nicht zu lange in der 3. Liga spielen darf, weil ich ansonsten dauerhaft in der 3. Liga bleiben würde. Daher habe ich alles getan, um mein Talent auf den Platz zu bringen. Nebenbei habe ich auch mit einem Mentaltrainer zusammengearbeitet. Das hat geholfen. Ich traf auf dem Platz die richtigen Entscheidungen und schoss meine Tore.“
Auch wenn die Saison für Sie persönlich erfolgreich war, verlief sie für den 1. FC Kaiserslautern mit der Insolvenz und dem 10. Tabellenplatz sehr unerfreulich. Auch in der laufenden Saison hat Kaiserslautern die ersten beiden Saisonspiele verloren und bereits den Trainer entlassen. Warum geht es bei Ihrem Ausbildungsverein einfach nicht vorwärts?
Pick: „Das ist eine schwierige Frage. Ich persönlich glaube, dass es auf der Führungsebene noch nicht ganz passt. Man bekommt ja mit, dass sich die Verantwortlichen gegenseitig zerfetzen. Das ist zum Beispiel hier in Heidenheim völlig anders. Hier ist alles im Einklang. Man braucht aber auch die richtigen Spieler.
Also Profis, bei denen nicht sofort Unruhe aufkommt, wenn sie einmal nicht spielen. Das Mannschaftsgefüge ist sehr wichtig. Der 1. FC Kaiserslautern hatte in den letzten fünf Jahren eine Vielzahl an Trainern. Jetzt wurde erneut der Trainer gefeuert.
Ich denke, das ist der falsche Weg. Die Vergangenheit zeigt, dass es alleine durch Trainerwechsel nicht automatisch besser wird. Man sollte vielleicht einem Trainer einmal zwei Jahre Zeit geben, damit er die Spieler richtig kennenlernen und etwas aufbauen kann. Das wünsche ich dem 1. FC Kaiserslautern jedenfalls.“
Befürchten Sie, dass der 1. FC Kaiserslautern komplett aus dem Profifußball verschwinden könnte?
Pick: „Nein, das glaube ich nicht. Dazu ist der Verein einfach eine zu große Marke, gerade auch in der Region. Finanziell geht es immerhin bergauf. Mit dem Schuldenschnitt kommen auch Investoren ins Spiel. Ich glaube daher schon, dass der richtige Weg eingeschlagen wurde. Sportlich läuft es zwar noch nicht so gut. Aber der Verein hat erfahrene Spieler verpflichtet, die die 3. Liga kennen. Wenn der Verein die PS auf die Straße bringt, wird es wieder besser laufen.“
Herr Pick, vielen Dank für das Gespräch.
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