Hansa Rostock Teamcheck
Analyse & Prognose zur neuen Saison
Nachdem in der ersten Spielzeit nach der Rückkehr in die 2. Bundesliga der Klassenerhalt bereits am 31. Spieltag nahezu perfekt war, musste der FC Hansa Rostock in der vergangenen Saison zwei Runden länger zittern, ehe das Abstiegsgespenst final vertrieben werden konnte. Ins dritte Zweitliga-Jahr starten die Ostseestädter nun wieder mit der obersten Prämisse, möglichst gar nichts mit den hinteren Rängen zu tun zu bekommen.
Ob dieses Ziel realistisch ist und wie wir den FC Hansa generell aufgestellt sehen, analysieren wir in unserem Teamcheck.
Kommen & Gehen
Zehn Profis haben dem FC Hansa den Rücken gekehrt, von denen viele schnell vergessen sein werden. Die Leihspieler Dong-gyeong Lee (Ulsan Hyundai) und Anderson Lucoqui (1. FSV Mainz 05) hinterließen ebenso keinen bleibenden Eindruck wie die Offensivkräfte Haris Duljevic und Ridge Munsy, die beide unter ihren Möglichkeiten geblieben und nicht zufällig noch ohne neuen Verein sind. Morris Schröter (TSV 1860 München) konnte die Erwartungen letztlich auch nicht erfüllen, während der vom Verletzungspech verfolgte Maurice Litka nach langer Leidenszeit ums Karriereende nicht mehr herumkommt.
Frederic Ananou (VV St. Truiden), Ryan Malone und Lukas Fröde (beide FC Ingolstadt) zählten zum Kreis der Stammspieler, doch fehlte dem Trio wahlweise ein passendes Angebot zur Verlängerung oder der unbedingte Willen der Rostocker Verantwortlichen zu einer weiteren Zusammenarbeit. Letzterer war bei Rick van Drongelen vorhanden, doch konnte Hansa beim zuletzt vom 1. FC Union Berlin ausgeliehenen Innenverteidiger mit dem Angebot des türkischen Erstliga-Aufsteigers Samsunspor nicht Schritt halten.
Thomas Meißner, Sebastien Thill und John Verhoek wurde unterdessen vor dem Trainingslager mitgeteilt, in den Planungen trotz laufender Verträge keine Rolle mehr zu spielen.
Neben den aus der eigenen U19 in den erweiterten Kader beförderten Talenten Elias Höftmann, Joshua Krüger und Milosz Brzozowski wurden bislang neun externe Neuzugänge präsentiert, zu denen noch ein Mittelstürmer kommen soll. Mit Oliver Hüsing (Arminia Bielefeld), der verletzungsbedingt aber erst einmal mehrere Wochen ausfällt, Patrick Nkoa (Rot-Weiß Erfurt) und Jasper van der Werff (SC Paderborn, ausgeliehen) kamen gleich drei neue Innenverteidiger, mit Alexander Rossipal (Waldhof Mannheim) zudem ein linker Verteidiger.
Im zentralen Mittelfeld verstärkte sich Hansa mit den zweitliga-erfahrenen Sebastian Vasiliadis (Arminia Bielefeld) und Janik Bachmann (SV Sandhausen). Auch die Offensivkräfte Sarpreet Singh (FC Bayern München II) und Christian Kinsombi (SV Sandhausen) haben sich in Liga zwei schon bewährt, wohingegen Regionalliga-Torjäger Serhat-Semih Güler (Wuppertaler SV) Neuland betritt.
So lief die Vorbereitung
Bei der LSG Elmenhorst (17:0), gegen eine Auswahl der OstseeSparkasse (7:0) und beim Malchower SV (9:0) gab sich der FC Hansa in den ersten drei Testspielen keine Blöße, kassierte dann aber bei der VSG Altglienicke (2:3) einen Dämpfer, ehe gegen den polnischen Erstligisten Pogon Stettin (2:0) wieder Selbstvertrauen getankt wurde.
Gegen den BFC Dynamo (1:1) tat sich die Kogge dann allerdings wieder unerwartet schwer und steht nun am Samstag gegen den FC Sevilla vor einer hochkarätigen Generalprobe, die ein echter Gradmesser zu werden verspricht.
Stärken & Schwächen
Nur 32 erzielte Tore und damit die gemeinsam mit dem 1. FC Nürnberg schwächste Offensive der 2. Bundesliga 2022/23 machten in der Saisonanalyse schnell deutlich, wo der Schuh am meisten gedrückt hat. Die Ausmusterung von John Verhoek, der in der zurückliegenden Saison anders als in den Jahren zuvor kein Torgarant mehr war, war eine Konsequenz der Auswertungen. Hansa will weniger abhängig von einem Spieler sein und offensiv schwerer ausrechenbar sein. Mit Christian Kinsombi und dem besten Torschützen der letzten Saison, Kai Pröger, ist für Torgefahr über die Flügel gesorgt. Im Zentrum allerdings fehlt bisher noch ein Stürmer, der seine Treffsicherheit schon nachgewiesen hat.
Offensiv war Hansa zu harmlos, doch gleichzeitig ließ von den Teams ab Rang sieben der Abschlusstabelle auch niemand weniger Gegentore zu. Mit Alois Schwartz sitzt nun ein Trainer auf der Bank, der großen Wert auf eine funktionierende Defensive legt und der auch schon mehrfach nachgewiesen hat, kompakt agierende Teams formen zu können. Wegen der personellen Veränderungen im Defensivbereich ist Schwartz in dieser Hinsicht besonders gefordert.
Der Trainer
Nach seiner Ankunft bei Hansa Rostock nur einen guten Monat nach seiner Entlassung beim SV Sandhausen hat Alois Schwartz zunächst etwas Zeit benötigt, dann aber im Endspurt die richtige Formel gefunden und die Kogge mit 16 Punkten aus den letzten sechs Spielen zum Klassenerhalt geführt. Nur zwei Gegentore in diesen sechs Partien waren unverkennbar die Handschrift von Schwartz, der es auch auf seinen vorherigen Stationen stets verstanden hat, eine gut organisierte und dementsprechend stabile Defensive auf den Platz zu schicken.
In Rostock ist der 56-Jährige nun gefordert, die Mannschaft weiterzuentwickeln, wozu auch eine Umstellung von der zuletzt praktizierten Dreierkette auf die von Schwartz bevorzugte Viererformation gehören könnte. Schwartz freilich ist erfahren genug, Änderungen nur angepasst an das Spielermaterial durchzuführen und ansonsten auf Bewährtes zu vertrauen.
Der potentielle Shooting-Star
2020 als Student nach Deutschland gekommen, hat sich Patrick Nkoa über SW Wattenscheid 08 und Rot-Weiß Erfurt in die 2. Bundesliga vorgearbeitet, in der der 24 Jahre alte Kameruner das Zeug zu einer Überraschung hat. Nkoa nutzt seine 1,92 Meter wie in den Testspielen demonstriert zu einem ebenso robusten wie kompromisslosen Auftreten, mit dem auch der Sprung aus der Regionalliga in die Rostocker Startelf möglich scheint – erst recht, weil mit Oliver Hüsing ein anderer Innenverteidiger erst einmal für längere Zeit außer Gefecht gesetzt ist.
Die mögliche Startelf
Kolke – Neidhart, van der Werff, Roßbach, Rossipal – Dressel, Vasiliadis – Pröger, Ingelsson, Kinsombi – Hinterseer
Fazit & Prognose
Das Niveau des Endspurts der vergangenen Saison wird Hansa Rostock zwar nicht halten können, doch insgesamt trauen wir der Kogge den Schritt weg aus dem hinteren Tabellendrittel zu. Schafft es Trainer Schwartz wieder und diesmal von Anfang an, eine stabile Hintermannschaft zu formen und findet sich noch ein Stürmer von Format, sehen wir Hansa vor einer sorgenfreien Saison zwischen Platz 9 und 12.