Hannover 96 Teamcheck
Analyse & Prognose zur neuen Saison
Die Hoffnung, auf direktem Wege in die Bundesliga zurückzukehren, hat sich für Hannover 96 nicht erfüllt. Nach dem Abstieg hatten die Niedersachsen zunächst große Anlaufschwierigkeiten, ehe in einer deutlich besseren Rückrunde immerhin noch der sechste Platz erreicht wurde. Damit will sich 96 nun aber kein weiteres Mal begnügen, sondern nimmt erneut Anlauf in Richtung Wiederaufstieg. Im Teamcheck von Liga-Zwei.de beleuchten wir, was sich in den vergangenen Wochen in Hannover getan hat und halten auch mit unserer Einschätzung nicht hinter den Berg.
Kader & Transfers
Im zweiten Transfersommer nach dem Abstieg hat Hannover 96 erneut einen Umbruch vollzogen. 14 Spieler stehen auf der Liste der Abgänge, die angeführt wird vom schmerzhaften, aber aus wirtschaftlichen Gründen kaum vermeidbaren Wechsel von Waldemar Anton zum VfB Stuttgart. Ebenfalls Lücken hinterlassen die Leihspieler Jannes Horn (1. FC Köln) und John Guidetti (Deportivo Alaves), die gerade nach dem Re-Start wichtige Rollen inne hatten, aber nicht zu halten waren.
Auf eine Weiterverpflichtung von Cedric Teuchert (1. FC Union Berlin) hat 96 dagegen aus eigenem Antrieb ebenso verzichtet wie auf Vertragsverlängerungen mit den Außenverteidigern Miiko Albornoz, Matthias Ostrzolek, Julian Korb und Sebastian Jung, die alle noch keinen neuen Verein haben. Selbiges gilt für Marc Stendera und Marco Stefandl, deren Arbeitspapiere auch ausgelaufen sind. Trotz laufender Verträge ausgemustert wurden derweil die Routiniers Ron-Robert Zieler (Leihe zum 1. FC Köln) und Marvin Bakalorz (Denizlispor). Folgen sollen die gleichfalls nicht mehr eingeplanten Felipe und Edgar Prib, die aber noch in Lohn und Brot stehen.
Schließlich will das schon länger wechselwillige US-Talent Sebastian Soto (Norwich City) andernorts den Durchbruch schaffen, während der bereits in der Rückrunde an seinen Ex-Klub RKC Waalwijk verliehene Vorjahresneuzugang Emil Hansson künftig sein Glück bei Fortuna Sittard versucht.
Den Abgängen stehen bisher acht Neuzugänge gegenüber, denen aber noch weitere Verstärkungen folgen sollen. Der nach einem halben Jahr von der TSG 1899 Hoffenheim zurückgeholte Michael Esser ist als klare Nummer eins eingeplant, während der 33-jährige Mike Frantz (SC Freiburg) im Mittelfeld Führungsaufgaben übernehmen soll. Der Japaner Sei Muroya (FC Tokio) rechts und der Schwede Niklas Hult (AEK Athen) auf der linken Seite sollen die defensiven Außenbahnen verstärken.
Der 30-jährige Deutsch-Türke Baris Basdas, der mit Fatih Karagümrük in die Süper Lig aufgestiegen ist, stellte eine zusätzliche Alternative in der Innenverteidigung dar, während Franck Evina (FC Bayern München II), Kingsley Schindler (1. FC Köln, ausgeliehen) und das nach zwei Jahren gereift zurückgekehrte Eigengewächs Valmir Sulejmani (Waldhof Mannheim) den Konkurrenzkampf im Offensivbereich anheizen.
Die aktuelle Form
Inklusive der 1:2-Niederlage im Testspiel gegen den TSV Hartberg, der freilich in der neuen Saison in der Europa League an den Start geht, hatte man sich bei Hannover 96 das Trainingslager im österreichischen Stegersbach ganz anders vorgestellt. Ein Trainingsplatz in schlechtem Zustand und ein kurzfristig angesetztes, dann zugunsten einer vorzeitigen Rückreise in die Heimat doch wieder abgesagtes Testspiel gegen den Viertligisten SV Deutschkreutz ließen kein zufriedenstellendes Fazit zu.
Vor der Reise nach Österreich aber hatte sich 96 in den ersten drei Testspielen ansprechend präsentiert. Einem 5:2 gegen den HSC Hannover folgten auch gegen Roda Kerkrade (3:1) und den KFC Uerdingen (4:3) Siege mit einer jeweils schon vielversprechend agierenden Offensive. Abgerundet wird die Vorbereitung am Samstag schließlich mit der Generalprobe gegen den SV Werder Bremen.
Stärken & Schwächen
Mit 22 von 33 möglichen Punkten hat Hannover 96 in der Endphase der vergangenen Saison gezeigt, welches Potential grundsätzlich vorhanden war. In den ersten beiden Saisondritteln allerdings gelang es den Niedersachsen nicht oder viel zu selten, ans Leistungslimit zu kommen. Insbesondere im eigenen Stadion nicht, wo zwar bei einem Remis fünf der letzten sechs Partien gewonnen, zuvor aber aus elf Begegnungen nur magere zehn Zähler eingefahren wurden.
Auswärts dagegen war 96 nach Arminia Bielefeld mit 22 Punkten aus 17 Partien über die gesamte Saison hinweg das zweitbeste Team der Liga. Diese Auswärtsstärke gilt es nun mit der im Endspurt gezeigten Effizienz in der HDI-Arena zu verknüpfen.
Zu erwarten ist, dass Hannovers Offensive mit den beiden Torjägern Marvin Ducksch und Hendrik Weydandt sowie Genki Haraguchi und Linton Maina wieder zu einem Trumpf wird. Nicht zuletzt die Neuzugänge Evina, Schindler und Sulejmani sorgen darüber hinaus aber auch für die Möglichkeit, taktisch wie personell zu variieren und je nach Spielverlauf neue Elemente einzubringen.
Dass die Defensive besser aufgestellt ist als im vergangenen Spieljahr mit 49 Gegentoren, den zweitmeisten unter den Top-10 der Abschlusstabelle, muss sich unterdessen erst noch zeigen. Mit der 2. Bundesliga betreten die neuen Außenverteidiger Muroya und Hult jeweils Neuland. Zudem hinterlässt der Abgang von Anton eine nicht ohne Weiteres zu schließende Lücke. Dass mit Dominik Kaiser und Frantz zwei erfahrene Sechser abräumen und mit Esser ein verlässlicher Routinier zwischen den Pfosten steht, sollte das ganze Gebilde aber stabilisieren. Acht Gegentore in den ersten vier Testspielen, freilich in unterschiedlichsten Besetzungen, lassen indes in defensiver Hinsicht noch Nachhol- und Abstimmungsbedarf erkennen.
Der Trainer
Den Aufschwung in der Rückrunde der zurückliegenden Saison darf sich der im November als Nachfolger von Mirko Slomka verpflichtete Kenan Kocak fraglos ans Revers heften. Dem 39 Jahre alten Fußball-Lehrer, der zuvor nach dem Ende seiner unter dem Strich durchaus erfolgreichen Zeit beim SV Sandhausen über ein Jahr ohne Job geblieben war, ist es relativ schnell gelungen, seine Philosophie von einem ebenso aktiven wie leidenschaftlichen und mutigen Fußball auf 96 zu übertragen.
Kocak hat sich dadurch in Hannover schnell Anerkennung erworben und auch mit seiner kommunikativen Art im Team und im Umfeld punkten können. Welches Vertrauen der immer wieder auch mit Klubs aus der Süper Lig in Verbindung gebrachte Deutsch-Türke genießt, wurde mit der Vertragsverlängerung im April gleich bis 2023 deutlich.
Mit der Ausmusterung der Routiniers Zieler, Bakalorz, Felipe und Prib ging der Coach aus einer starken Position heraus nun im Sommer aber auch ein Stück weit ins Risiko. Umso wichtiger wäre es, einen guten Saisonstart hinzulegen, damit diese Entscheidungen medial nicht mehr als ohnehin schon hinterfragt werden können.
Die mögliche Startelf
Fazit & Prognose
Die Ansprüche in Hannover sind selten niedrig, doch diesmal scheint es nicht unrealistisch, dass 96 die Erwartungen erfüllen kann. Der positive Endspurt in der vergangenen Saison macht auf jeden Fall Hoffnung darauf, dass die Kocak-Elf ganz oben ein Wörtchen mitreden kann. Für den direkten Aufstieg müsste allerdings schon vieles optimal laufen. Wir sehen 96 im Kampf um den Relegationsplatz.
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