Hannover 96: Daniel Stendel meldet sich zurück
Zwischen Spieler- und Trainerkarriere bei Hannover 96 ein Aufstieg mit St. Pauli
Ja, Daniel Stendel ist wieder hier. In seinem Revier. Daheim in Hannover. Er war kurz mal weg. Im Fußball auf der Insel. Doch jetzt ist er wieder hier. Westernhagen sei Dank. Die Verse des Gesangspoeten passen auch hier: Zu Daniel Stendel.
Sechs Wochen nach seinem vorzeitigen Aus als Trainer des FC Barnsley in der Championship, dem Vorzimmer zur Premier League, trifft Liga-Zwei.de auf einen ausgesprochen lebendigen und interessierten Daniel Stendel. Ja, wieder hier und damit ganz nahe dort, wo der Name Daniel Stendel in der Fußballwelt eine Säule ist: Bei Hannover 96. Sieben Jahre Spieler, 10 Jahre Trainer. Macht 430 Matches für 96 total.
Am Samstag trägt der Spielplan der 2. Bundesliga eine schwere Last im Hause Stendel: Pauli gegen 96 – das kann einen wie Stendel nicht eiskalt lassen. Wenn er nicht so bescheiden wäre und nur ein wenig von der imposanten Strahlkraft eines Dieter Schatzschneider übernehmen würde, wäre auch er längst eine Fußball-Institution bei 96.
Doch der inzwischen 45-Jährige Stendel, der sich einst aus Henry-Maske-Stadt Frankfurt/Oder in den Fußball-Norden vorkämpfte, beim HSV die Ausbildung machte und dem über den SV Meppen bei Hannover 96 eine Punktlandung gelang: Stieg mit 96 auf, steuerte 16 Treffer bei und wurde gar ein gefürchteter Stürmer in der Bundesliga. „Da musste ich schon oftmals selber zwicken, um klarzustellen, dass dies alles wirklich wahrgeworden ist“, sagt Stendel rückblickend.
Auf den Samstag am Millerntor freut er sich. „Der Fußball am Millerntor ist großartig. Für jeden Spieler ein großes Geschenk“, berichtet er beschwingt, weil er auch dies erleben durfte. Ein Geschenk, das leider nur 15 Spiele wert war. „Ein „Jammer“, sagt Stendel rückblickend, „ich wäre in dieser so berauschenden Atmosphäre gern viel häufiger an den Start gegangen.“
Sieben Spielzeiten lang trug Stendel hingegen ein Stürmer-Trikot von 96. Von 1999 bis 2006. Erlebte dabei die vielfältigsten Trainer: Von Rangnick bis Neururer, von Ehrmantraut bis Lienen.
Zum Geburtstag Bundesliga-Trainer
Und ein Jahr später stieg er ein in die Ausbildungsarbeit bei Hannover 96. Erst U23, dann U17, U19 und am 4. April 2016, an diesem Tag feierte Stendel seinen 42. Geburtstag, übernahm er in der Bundesliga die Elite des Vereins, für die er einst jahrelang stürmte.
Der Abstieg war damals nicht mehr vermeidbar und mit der Leichtigkeit des Seins gelang es Stendel famos, mit seinem voller jugendlicher Frische auftrumpfenden Team den Verein in die Hochstimmung eines hoffnungsvollen Neuanlauf zu steuern. Stendel hielt seine Position bis ins Finale des Aufstiegsrennens. Doch dann musste er Breitenreiter Platz machen. Ja, für 96 galt und gilt: Vorsicht, Schlangengrube!
Unter „Stani“ bei St. Pauli
Daniel Stendel macht nicht den Eindruck, als wenn er die Erinnerungen daran voller Groll bewertet. Dennoch macht er sich Gedanken über die Tücken des Fußball-Lehrer-Daseins. Im letzten Frühjahr beim FC Barnsley, der Stolz einer 70-tausend Einwohner-Stadt zwischen Sheffield und Leeds, war er noch als Aufstiegsheld gefeiert worden. Doch vor sechs Wochen haben sie ihn bereits davongejagt, weil sich in der neuen Liga mit ihren neuen Herausforderungen ein paar Niederlagen zuviel ansammelten.
„Dennoch möchte ich keine Minute bereuen, mich für den Weg entschieden zu haben, mich nun auch als Trainer in der ersten Reihe der sportlichen Entscheider durchsetzen zu wollen. Und ich glaube, die Momente rechtzeitig erkennen zu können, in denen ich rigoros Distanz halte zu Bedürfnissen und Einflussnahmen anderer“, sagt Stendel und glaubt so ein gutes Maß für sich entwickelt zu haben.
Genau zwischen der Spielerkarriere bei 96 und der Trainer-Ära bei 96 spielte Daniel Stendel beim FC St. Pauli. Stanislawski hatte ihn für seine Mission, Rückkehr in die 2. Bundesliga, ans Millerntor geholt. Eine schwere dauerhafte Sehnenverletzung im Oberschenkel ließ zwar nicht mehr den Fulltime-Stendel zu, doch Stendel erinnert sich dennoch gern zurück: „Ich konnte Stani und der Mannschaft immerhin helfen. Wenn nicht auf dem Platz, dann in der Kabine.“ Nun, ein paar Törchen sind es ja dennoch geworden.
Und einen Trainer mit großer Ganzheitlichkeit und starken Charisma hat er damals kennengelernt: Holger Stanislawski, der erst kurz zuvor seinen Schreibtisch in der Geschäftsstelle gegen den Job als Coach unten an der Rampe zum Spielfeld aufgenommen hatte. „Stani ist ein Menschenfänger. Unglaublich, mit welcher Begeisterungsfähigkeit er mich als Spieler immer wieder über meine Schmerzen hinwegpushen konnte“, bemerkt Stendel immer noch beeindruckt. Wohl wissend, diesen Typus niemals verkörpern zu können und somit auch nicht zu wollen.
Frische Eindrücke vom Millerntor-Fußball hat Stendel inzwischen auch schon wieder gesammelt: „Ich bin beim Hamburger Derby dabei gewesen und nun ein wenig überrascht, dass aus diesem Sieg nichts Wertschöpfendes entstanden ist.“ Diese Irritation teilt Stendel wohl mit Vielen, die Pauli nahestehen.
Was ihn an Hannover 96 erinnert, sind die großen Spiele und die großen Spieler, mit denen er gemeinsam durch dick und dünn gehen durfte in all den Jahren. „Auch ich habe enorm profitiert von der Genialität eines Jan Simak, habe auf der rechten Bahn mit Steven Cherundolo ein schier blindes Verständigungsvermögen entwickelt, sodass wir dort jahrelang ein Duo bildeten. Und immer in Erinnerung behalten werde ich Altin Lala als Balleroberer und Antreiber höchster Güte“, berichtet Stendel mit einer Präzision, als wenn er diese Erlebnisse erst vor kurzem hatte.
Torpremiere für 96 ausgerechnet gegen Pauli
Und noch eine weitere Erinnerung im Brückenschlag zwischen Pauli und 96 hat Daniel Stendel bis heute nicht vergessen: „Mein erstes Tor für Hannover 96 war ein Treffer gegen den FC St. Pauli“, sagt Stendel klipp und klar.
Und dies stimmt: Im November 1999, also vor genau 20 Jahren, traf Stendel zum zwischenzeitlichen 1:1 gegen Pauli-Keeper Wehlmann, heute Sportchef in Darmstadt, und gegen Paulianer wie Klasnic und Marin. Bei 96 stand damals Sievers im Tor, Sebastian Kehl ein Mittelfeldtalent und Kobylanski sen. ein gewiefter Mittelfeldstratege. Erinnerungen eben. Wie die Tatsache, dass Pauli dieses Match 2:1 gewann.
Nein, mit diesem Resultat und einem neuerlichen Rückschlag würde sich Stendel an diesem Samstag nicht abfinden wollen. „Ich verstehe nicht, wie dieser gute Kader in diesen Teufelskreis geraten konnte. Deshalb gehöre ich zu den Optimisten: 96 kriegt noch die Kurve.“
Schön wär’s, würde Martin Kind sagen…
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