FC Schalke 04 Teamcheck

Analyse & Prognose zur neuen Saison

Autor: Johannes Ketterl Veröffentlicht: Sonntag, 28.07.24 | 16:10
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Kenan Karaman trägt künftig die Kapitänsbinde. © IMAGO / Kirchner-Media

Der FC Schalke 04 in der 2. Bundesliga schien zu Beginn des neuen Jahrtausends kaum vorstellbar, doch die bevorstehende Spielzeit 2024/25 ist die dritte in den vergangenen vier Jahren, die die Königsblauen nur auf zweitklassiger Ebene verbringen müssen. Nachdem 2021/22 der direkte Wiederaufstieg gelungen war, musste S04 vergangene Saison zeitweise sogar befürchtet, in die 3. Liga durchgereicht zu werden, ehe unter dem Strich immerhin noch Platz zehn stand.

Der eigene Anspruch freilich ist ein ganz anderer, wobei man auf Schalke mittlerweile der Realität ins Auge blickt und sich darüber im Klaren ist, dass es keine Alternative zu nachhaltiger Arbeit basierend auf einem stabilen Finanzgerüst gibt. Daher lautet das Saisonziel auch nicht ausdrücklich Aufstieg im zweiten Anlauf, sondern es sollen mit deutlich verändertem Kader Schritte in die richtige Richtung gemacht werden. Wie groß diese ausfallen werden, bleibt abzuwarten. Wir blicken in jedem Fall genauer auf Schalke und haben am Ende auch eine Prognose parat.

Kommen & Gehen

Elf Spieler haben den Verein verlassen, von denen die Abgänge der Top-Talente Assan Ouedraogo (RB Leipzig) und Keke Topp (Werder Bremen) sicherlich am meisten schmerzten, aber im Gegenzug auch einen zweistelligen Millionenbetrag in die Kassen spülten. Aus dem Kreise der Stammelf verabschiedete sich zudem Schlussmann Marius Müller (VfL Wolfsburg), der nach seiner Verpflichtung vor einem Jahr schnell zu einem Rückhalt avancierte und auch als Führungsspieler nicht einfach zu ersetzen sein dürfte. Selbiges gilt für Simon Terodde, der seine Karriere beendet hat.

Die Außenverteidiger Thomas Ouwejan und Cédric Brunner, bei denen sich Licht und Schatten abwechselten, haben nach ihrem Vertragsende bei S04 wie die nur noch selten eingesetzten Blendi Idrizi und Danny Latza bislang keinen neuen Arbeitgeber gefunden. Auf eine Weiterverpflichtung der Leihspieler Brandon Soppy (Atalanta Bergamo), Darko Churlinov (FC Burnley) und Yusuf Kabadayi (FC Bayern München II, jetzt FC Augsburg) wurde sowohl aus sportlichen als auch aus finanziellen Gründen verzichtet.

Neu dabei sind neben einem Schwung an eigenen Talenten (Luca Podlech, Niklas Barthel, Max Grüger, Vitalie Becker, Taylan Bulut, Tristan Osmani) sowie den Leih-Rückkehrer Justin Heekeren (Patro Eisden Maasmechelen), Mehmet Aydin (Trabzonspor) und Sebastian Polter (SV Darmstadt 98) elf echte Neuzugänge, die zu großen Teilen auf die Arbeit des neuen Kaderplaners Ben Manga zurückgehen.

Ron-Thorben Hoffmann (Eintracht Braunschweig) kämpft mit Heekeren um die Müller-Nachfolge im Tor, während von rechts nach links Adrian Gantenbein (FC Winterthur), Felipe Sánchez (Club de Gimnasia y Esgrima La Plata), Martin Wasinski (Sporting Charleroi) und Anton Donkor (Eintracht Braunschweig) zumindest theoretisch eine komplett neue Viererkette bilden könnten.

Mit Janik Bachmann (Hansa Rostock) und dem zuletzt vereinslosen Ex-Nationalspieler Amin Younes kam erfahrenes Personal für das defensive und offensive Mittelfeld. Davor fungiert vor allem Moussa Sylla (Pau FC) als großer Hoffnungsträger, an dessen Seite die Talente Aris Bayindir (RB Leipzig U19), Emil Højlund (FC Kopenhagen) und Peter Remmert (VfL Osnabrück U19) reifen sollen.

Fertig freilich ist der Kader noch nicht. Während im Offensivbereich noch nach Verstärkung gefahndet wird, haben zahlreiche Akteure (v.a. Timo Baumgartl, Dominik Drexler, Sebastian Polter, Henning Matriciani, Lino Tempelmann) keine Zukunft mehr auf Schalke und sollen gehen.

So lief die Vorbereitung

Schalke hat die Vorbereitung mit einem standesgemäßen 7:0-Sieg bei der SSVg Velbert eröffnet, dann aber bei einem Blitzturnier in je 45 Minuten gegen Kickers Emden (0:1) und den SV Meppen (4:2) gleichermaßen mit Licht und Schatten agiert. Gegen den FC Midtjylland (2:4) und gegen Dynamo Kiew (2:2) blieben die Königsblauen während des Trainingslagers in Mittersill zwar sieglos, präsentierten sich aber gerade in der Offensive durchaus ansprechend.

Beim SC Verl (1:0) gelang dann auch wieder ein Erfolgserlebnis, ehe zwei Duelle mit niederländischen Erstligisten anstanden. Einer 0:2-Niederlage gegen den FC Utrecht folgten dann gegen Twente Enschede (0:0) und gegen Leeds United (0:2) zwei weitere Testspiele ohne eigenes Tor, die den Verstärkungsbedarf in der Offensive unterstrichen haben.

Stärken & Schwächen

In der vergangenen Saison war es nicht zuletzt die individuelle Klasse von Spielern wie Marius Müller und Kenan Karaman, die ein Zittern bis zum Schluss verhinderte. Qualität ist an nicht wenigen Stellen weiterhin vorhanden, aber zwingend erforderlich ist es, diese auch durchweg auf den Platz zu bringen. Leistungsschwankungen gehören zwar gerade bei jungen Spielern, die bei S04 eine nochmals größere Rolle einnehmen dürften, ein Stück weit dazu, müssen aber minimiert werden und dürfen insbesondere nicht auf Kosten der defensiven Stabilität gehen.

Denn außer Frage steht, dass keine bedeutend bessere Saison möglich sein wird, wenn wieder elf Auswärtsspiele verloren werden und es erneut auch nur annähernd 60 Gegentore setzt. In diesem Zusammenhang war die Vorbereitung nur bedingt beruhigend. Dafür besteht trotz der Abgänge von Topp und Terodde die berechtigte Hoffnung auf eine durchschlagskräftigere Offensive, wenn Neuzugang Sylla die ersten Eindrücke bestätigen kann und sich noch passende Verstärkung findet.

Ein absolutes Faustpfand für Schalke ist auch im zweiten Jahr in der 2. Bundesliga die nahezu einzigartige Unterstützung der Fans, die nicht nur zu Hause häufig der zwölfte Mann waren. Gelingt es den Königsblauen, die Anhänger mitzunehmen und Euphorie zu entfesseln, scheint einiges möglich. Auf der anderen Seite kann das erwartungsvolle Publikum aber auch zur Bürde werden, sollte es abermals nicht wie erhofft laufen

Der Trainer

Als Karel Geraerts im Oktober 2023 die Nachfolge von Thomas Reis antrat, war bereits abzusehen, dass es für den FC Schalke 04 nur noch um Schadensbegrenzung gehen würde. Diese gelang unter dem Strich mit dem zehnten Tabellenplatz, wobei in Gelsenkirchen vermutlich schon größere Erwartungen in den 42 Jahre alten Belgier gesetzt hatte, der denn auch im Frühjahr Gegenstand nicht weniger Diskussionen war.

Letztlich aber fällten S04 und Geraerts die Entscheidung, die neue Saison gemeinsam in Angriff nehmen zu wollen. Nachdem Geraerts, der zuvor nur ein Jahr lang bei Union Saint-Gilloise als Cheftrainer gearbeitet hat, deutlich mehr Einfluss auf die Personalplanung nehmen konnte, ist der Druck auf den früheren Nationalspieler Belgiens indes sicher nicht geringer geworden.

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Seit Oktober 2023 auf Schalke: Karel Geraerts. © IMAGO / MB Media Solutions

Der potentielle Shooting-Star

Der Schalker Kader weist dank der Neuzugänge und der Talente aus dem eigenen Nachwuchs eine Menge Potential auf. Wer aus dem Kreis der ganz Jungen durchstarten wird, lässt sich aber noch schwer prognostizieren. Dafür aber hat der aus der französischen Ligue 2 gekommene Moussa Sylla in der Vorbereitung einen so ansprechenden Eindruck hinterlassen, dass der neue Publikumsliebling bereits gefunden scheint. Der 24 Jahre alte Nationalspieler muss seine ersten Leistungen zwar erst noch über einen längeren Zeitraum hinweg zeigen, hat aber fraglos das Zeug dazu, zum Torgaranten und Unterschiedsspieler zu werden.

Die mögliche Startelf

Hoffmann – Kalas, Kaminski, Murkin – Gantenbein, Seguin, Schallenberg, Donkor – Bachmann – Lasme, Karaman

Fazit & Prognose

Die Zurückhaltung bei den öffentlichen Zielvorgaben ändert zwar nichts daran, dass der FC Schalke 04 als einer der größten Vereine der Liga besonders im Rampenlicht steht, hilft aber vielleicht dabei, etwaige Rückschläge besser einordnen zu können. Und davon, dass nach einem doch recht großen Umbruch auf Anhieb alles rund laufen wird, ist nicht auszugehen.

Eine generell etwas unaufgeregtere Herangehensweise könnte aber die Grundlage für den fraglos weiterhin angestrebten Wiederaufstieg bilden, der in dieser Saison realistischerweise aber nur dann drin ist, wenn der Großteil der Neuzugänge einschlägt und Akteure aus dem bisherigen Kader Fortschritte machen. Das vordere Drittel sollte mit mehr Konstanz insbesondere in der Fremde aber zu erreichen sein.

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