Ermin Bicakcic von Eintracht Braunschweig im Interview: „Wir fangen nicht mit Zauberfußball an“

Der Kapitän spricht über das Spiel gegen Magdeburg und den Traum von der Weltmeisterschaft

Autor: Oliver Jensen Veröffentlicht: Freitag, 09.08.24 | 23:11

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Ermin Bicakcic möchte mit Eintracht Braunschweig dem Abstiegskampf fernbleiben © IMAGO / regios24

Ermin Bicakcic, der Kapitän von Eintracht Braunschweig, spricht im Interview mit Liga-Zwei.de über den enttäuschenden Saisonstart auf Schalke, das bevorstehende Spiel gegen Magdeburg am Sonntag und den Traum von der Weltmeisterschaft

Herr Bicakcic, nach der 1:5-Niederlage beim FC Schalke 04 haben Sie sich sehr kritisch geäußert und gefordert, man müsse „mit Eiern“ auftreten. Welche Lehren hat Ihre Mannschaft aus dem misslungenen Saisonauftakt gezogen?

Das Spiel war zu naiv und zu einladend von unserer Seite. Das war über 90 Minuten einfach zu wenig. Wir waren zwar in der 2. Halbzeit zwischenzeitlich mit 1:2 dran, aber das war trotzdem zu wenig und wir müssen und können das besser machen.

Es gab im Sommer einige Veränderungen im Kader. Sechs neue Spieler standen in der Startelf. War ein Auswärtsspiel vor einer vollen Kulisse auf Schalke vielleicht das schwierigste Auftaktspiel, das eine neuformierte Mannschaft haben kann?

Das hängt von der Herangehensweise ab. Wir haben uns schon vorgenommen, von der ersten Minute an mutig aufzutreten. Wenn man auf Schalke spielt, muss man sich mental darauf vorbereiten, was einen erwartet. Niemand sollte davon überrascht sein. Im Gegenteil: Letztendlich sind es solche Spiele in großen Stadien, für die ein Fußballspieler lebt. Aber wir haben uns offenbar von der Kulisse beeindrucken lassen und zu einfache Fehler gemacht.

Ist der Druck nun besonders groß, gegen den 1. FC Magdeburg vor heimischem Publikum keinesfalls eine weitere Niederlage folgen zu lassen? Schließlich folgt danach mit dem Auswärtsspiel beim 1. FC Köln eine weitere schwierige Aufgabe…

Wenn man sich die Liga anschaut, dann wird man feststellen, dass das eine extrem qualitativ hochwertige Liga ist. Kein Spiel ist einfach. Was den Druck betrifft, so hat die Saison zwar gerade erst angefangen. Aber es ist unser Anspruch, besser aufzutreten und die Dinge umzusetzen, die wir uns in der Vorbereitung erarbeitet haben. Dass noch nicht alle Abläufe bei uns 100-prozentig funktionieren, ist ganz normal. Aber die Basisdinge müssen immer vorhanden sein.

Nach der starken Rückrunde war die Begeisterung in Braunschweig groß. Es wurden deutlich mehr Dauerkarten verkauft als in der Vorsaison. Geht damit auch eine hohe Erwartungshaltung einher?

Ja, die Erwartungshaltung ist höher. Wie wir in der Rückrunde noch den Klassenerhalt geschafft haben, war eine herausragende Leistung. Ich denke, eine gewisse Qualität hat man gesehen. Diese Qualität war auch in der Vorbereitung vorhanden. Jetzt geht es darum, dass jeder einzelne Spieler und wir als komplette Mannschaft dem gerecht werden, was von uns erwartet wird.

Sie persönlich dürften an den 1. FC Magdeburg gute Erinnerungen haben. Ende Januar schossen Sie den Siegtreffer zum 1:0…

Absolut. Diese positive Erinnerung nehmen wir auch mit in das bevorstehende Spiel. Wir haben Magdeburg zu Hause geschlagen. Warum sollte uns dies am Wochenende nicht wieder gelingen?

Wie schätzen Sie den 1. FC Magdeburg in dieser Saison ein?

Magdeburg ist, gerade auch unter diesem Trainer, eine spielerisch starke Mannschaft. Aber wir werden uns gut darauf vorbereiten und auf dem Platz das Maximale abrufen.

Zurück zur Eintracht: Als Sie in der vergangenen Saison nach Braunschweig wechselten, erlebten Sie noch zwei Niederlagen unter Interimstrainer Marc Pfitzner mit, ehe die Wende unter Daniel Scherning gelang. Wie genau hat er das damals hinbekommen?

Daniel und das Trainerteam haben in der schwierigen Phase die richtigen Worte, die richtigen Methoden und die richtige Herangehensweise gefunden, um die Mannschaft optimal einzustellen, sodass wir den Widerständen standhalten konnten. Das war zwar Überlebenskampf, weil wir gegen den Abstieg spielten. Aber trotzdem hat man eine spielerische Entwicklung gesehen.

Würde man lediglich die Spiele der vergangenen Saison unter Trainer Daniel Scherning berücksichtigen, hätte Eintracht Tabellenplatz 7 belegt. Geht es nun trotzdem in erster Linie um den Klassenerhalt?

Der Klassenerhalt muss grundsätzlich immer das erste Ziel sein. Wir steckten vergangene Saison in einer schwierigen Situation. Das ist uns allen bewusst, sodass wir nicht anfangen, plötzlich den Fußball neu zu erfinden oder Zauberfußball zu spielen. Wir sind realistisch genug, um einzuschätzen, woraus es ankommt.

Mit Kevin Ehlers haben Sie in der Verteidigung einen neuen Nebenmann, der vor einigen Jahren als großes Talent auf dem Wunschzettel vieler Bundesligisten stand. Gegen Schalke gelang ihm direkt sein erster Treffer. Wie schätzen Sie seine Qualitäten ein?

Er bringt auf jeden Fall noch einmal Qualität ein, ist ein zweikampfstarker Verteidiger und ich verstehe mich super mit ihm. Es ist natürlich klar, dass wir uns insgesamt als Mannschaft von Spiel zu Spiel und von Training zu Training weiter einspielen müssen. Aber er ist definitiv eine Bereicherung für uns.

Sie sind im Juni in die Nationalmannschaft von Bosnien zurückgekehrt und verloren die Spiele gegen die Top-Nationen England (0:3) und Italien (0:1). Ist die Weltmeisterschaft 2026 noch ein Ziel von Ihnen?

Natürlich erleben wir jetzt auch bei der Nationalmannschaft einen größeren Umbruch. Sead Kolasinac, Edin Dzeko und ich sind praktisch die letzten verbliebenden Spieler der damaligen Generation, die bei der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien dabei war. Wir haben nun viele junge Spieler und neue Gesichter dabei. Aber unser Trainer Sergej Barbarez ist ein absoluter Leader. Zudem haben wir Emir Spahic als Direktor. Das sind ehemalige Spieler, die die Nationalmannschaft mit Leib und Seele und mit großem Stolz immer im Herzen tragen. Wir haben großes Potenzial in der Nationalmannschaft. Ich finde, man darf von großen Dingen träumen. Daher ist die Weltmeisterschaft ein Ziel von uns.

Ihr Nationaltrainer Barbarez ist in Deutschland noch als langjähriger Bundesligaspieler bekannt. Was für ein Trainertyp ist er?

Er ist eine Person, die absolute Autorität hat. Er ist natürlich eine große Respektperson, ein Idol, eine Legende und hat sich ein gutes Trainerteam zusammengestellt. Er hat damals als Spieler in der Nationalmannschaft viel Erfahrung gesammelt. Und was die Disziplin und die Arbeit angeht, hat er sicherlich auch einiges aus Deutschland und aus der Bundesliga mitgenommen. Das sind Dinge, die er sehr gut auf die Mannschaft übertragen kann. Der Trainer hatte bislang erst eine Länderspielpause mit uns. Aber ich glaube, dass etwas Großes entstehen kann.