Dynamo Dresden: Interview mit „Lumpi“ Lambertz
Wir wollen die Großen ärgern
Von der Oberliga bis in die Bundesliga: Andreas „Lumpi“ Lambertz hat eine außergewöhnliche Karriere hingelegt. Zwölf Jahre spielte der Mittelfeldspieler für die 1. Mannschaft von Fortuna Düsseldorf. Im Sommer 2015 wechselte er zu Dynamo Dresden und feierte gleich in der ersten Saison den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Am Sonntag möchte Dynamo gegen den SV Sandhausen (13:30 Uhr) die 40-Punkte-Marke knacken.
Im Interview mit Liga-Zwei.de spricht Lambertz über die Heimschwäche von Dynamo, über seinen besonderen Karriereweg und über einen Fan aus Japan.
Herr Lambertz, auswärts sind Sie die zweitbeste Mannschaft der Liga. In der Heim-Tabelle zählen Sie nicht einmal zu den Top-10. Wie ist das zu erklären?
Lambertz: „Wenn ich das erklären könnte, wären wir zu Hause genauso stark (lacht). Ich denke, uns hat manchmal das Glück gefehlt. Wenn ich an das Spiel gegen Hannover 96 oder den 1. FC Kaiserslautern denke, waren das richtig gute Auftritte von uns. Oft haben wir wegen individueller Fehler oder aufgrund von Einzelaktionen des Gegners die Punkte liegen gelassen. Auswärts geschah das seltener. Grundsätzlich treten wir in Auswärtsspielen genauso auf wie in Heimspielen: Wir wollen immer das Spiel machen.“
Der Klassenerhalt dürfte mit 38 Punkten geschafft sein. Gleichzeitig sind die Aufstiegsränge verhältnismäßig weit entfernt. Worum geht es in den restlichen zehn Saisonspielen?
Lambertz: „Wir möchten einfach fleißig Punkte sammeln. Für den Verein ist jeder Tabellenplatz wichtig. Je weiter oben wir stehen, desto mehr Fernsehgelder könnte es geben. Und natürlich würden wir auch gerne die Großen ärgern. Wir treffen ja noch auf Stuttgart und Braunschweig.“
Ihre Karriere ist außergewöhnlich. Sie haben mit Fortuna Düsseldorf in der Oberliga begonnen und sind mit dem Verein bis in die Bundesliga aufgestiegen. Wäre so ein Karriereweg heute überhaupt noch möglich?
Lambertz: „Schwer zu sagen. Auch damals hätte niemand erwartet, dass wir so eine Entwicklung nehmen würden. Fortuna hing finanziell am Abgrund. Wir haben uns Stück für Stück weiterentwickelt. Auch heute verlaufen die Karrieren mancher Spieler unerwartet. Ein gutes Beispiel ist unser Niklas Hauptmann…“
… der 20-jährige Mittelfeldspieler von Dynamo Dresden…
Lambertz: „Genau. Der hat auch letzte Saison schon ordentlich mitgemischt, kam aber nie an die Stammplätze heran. Dann hat er eine überragende Vorbereitung gespielt. Jetzt ist er kaum noch aus der Startelf wegzudenken. Und ich gehe davon aus, dass er bereits auf dem Zettel einiger anderer Vereine steht.“
Wie wäre Ihre Karriere verlaufen, wenn Sie mit 18 oder 19 Jahren bereits im Kader eines Bundesligisten oder Zweitligisten gestanden hätten?
Lambertz: „Ganz ehrlich: Ich hatte damals nicht die Qualität dafür. Ich war nicht zweitliga-tauglich. Ich habe mich mit den Ligen immer weiterentwickelt. Ich bin nicht der technisch versierteste Profi. Ich war am Ball viel zu hektisch. Mit den Jahren habe ich die Ruhe gewonnen. Außerdem hatte ich die Eigenschaft, mich immer durchzubeißen. Das ist heute noch so. Ich gehe viele Wege, die manchmal sinnlos erscheinen. Aber so reiße ich Löcher für die Mitspieler.“
Hätten Sie in jungen Jahren erwartet, jemals Bundesligaprofi zu werden?
Lambertz: „Als ich in der Oberliga anfing, hatte ich zwar meine Einsätze, war aber nicht der große Durchstarter. Erst ab der Regionalliga ging es für mich richtig los. Trotzdem habe ich meine Berufsausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann gemacht. Über die Jahre hat sich dann abgezeichnet, dass ich Profi werden könnte. Zum Glück hatte ich bei der Fortuna immer Trainer, die mich als Spielertyp mochten. Dieses Glück hat nicht jeder. „
Sind Sie rückblickend froh, nicht bereits in jungen Jahren Bundesligaprofi geworden zu sein?
Lambertz: „Mein Weg war natürlich sicherer. Heute setzen viele junge Spieler voll auf die Karte Profifußball. Sicherlich besteht die Möglichkeit, nebenher ein Fernstudium zu machen. Aber wie viele machen das wirklich? Jeder junge Fußballer sollte an die Absicherung denken. Natürlich verdienen einige Spieler bereits in jungen Jahren viel Geld und haben finanzielle Rücklagen. Aber was ist, wenn man sich mit Anfang oder Mitte 20 schwer verletzt? Wie lange reichen die Rücklagen dann aus?“
In welcher Liga war es am schwierigsten, sich an das Niveau zu gewöhnen?
Lambertz: „Sicherlich in der Bundesliga. Wenn man da einen Fehler macht, musst man davon ausgehen, dass das sofort mit einem Gegentor bestraft wird. In den Ligen darunter geht es mit etwas Glück glimpflicher aus. Der Qualitätsunterschied zwischen der 1. und 2. Bundesliga ist enorm. Aber ich muss ganz ehrlich sagen: Das Jahr in der Bundesliga war eine geile Zeit. Wir standen im Saisonverlauf nicht ein einziges Mal auf einem Abstiegsplatz – dafür leider nach dem 34. Spieltag.“
Die 2. Bundesliga ist mit den vielen Traditionsmannschaften sehr attraktiv. Es gibt in der 2. Liga bald mehr Traditionsvereine als in der Bundesliga. Wird sich dieser Trend fortsetzen?
Lambertz: „Das weiß ich nicht. Wird nicht ohnehin jedes Jahr von der stärksten 2. Liga aller Zeiten gesprochen?“
Das wird gerne behauptet…
Lambertz: „(lacht) Genau. Sicherlich ist es für viele Tradtionsvereine sehr schwierig, in die Bundesliga aufzusteigen. Wenn aus der 1. Liga so große Brocken wie der VfB Stuttgart und Hannover 96 herunterkommen, die richtig viel Kohle haben und dementsprechend viel investieren, ist das für die übrigen kleineren Aufstiegsaspiranten bitter. Andererseits freut sich der Fan über die vielen attraktiven Gegner.“
Ihr Vertrag läuft zum Saisonende aus. Wie planen Sie Ihre Zukunft?
Lambertz: „Da mache ich mir keinen Stress. Wir warten erst einmal ab, wie sich alles weiterentwickelt.“
Aufgrund Ihrer besonderen Geschichte haben Sie viele Fans. Können Sie zum Abschluss noch eine besondere Anekdote erzählen?
Lambertz: „Ich habe einen weiblichen Fan aus Japan. Sie schreibt mir schon seit vielen Jahren Briefe, besuchte mich in Düsseldorf auch manchmal beim Training. Sie hat mir immer Geschenke mitgebracht, leckeres Gebäck und so weiter. Als ich dann nach Dresden gewechselt bin, ist sie einmal extra hierher geflogen, um mich beim Training zu besuchen. Davon wusste ich aber nichts. Und ausgerechnet an diesem Tag hatten wir trainingsfrei.“
Vielen Dank für das Interview, Herr Lambertz.
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