Darmstadt 98 Teamcheck
Analyse & Prognose zur neuen Saison
Hätte die vergangene Saison noch zwei, drei Spieltage länger gedauert, wäre es nicht unwahrscheinlich gewesen, dass Darmstadt 98 anstelle des 1. FC Heidenheim in der Relegation angetreten oder vielleicht sogar direkt aufgestiegen wäre. Hinter dem souveränen Meister Arminia Bielefeld (34) waren die Lilien mit 32 Punkten das zweitbeste Team der Rückrunde und kletterten so in der zweiten Saisonhälfte noch vom zwölften auf den fünften Platz.
Damit sind am Böllenfalltor natürlich gewisse Erwartungen an die neue Saison gewachsen, zumal zwar Trainer Dimitrios Grammozis durch Markus Anfang ersetzt wurde, sich im Kader aber vergleichsweise wenig getan hat. Wozu Darmstadt mit einer weitgehend eingespielten Mannschaft in der Lage ist, beschäftigt uns in unserem Teamcheck von Liga-Zwei.de.
Kader & Transfers
Neun Spieler haben Darmstadt 98 den Rücken gekehrt, von denen allerdings nur Dario Dumic und Yannick Stark den Status eines Stammspielers inne hatten. Während eine Weiterverpflichtung des vom FC Utrecht nur ausgeliehenen Innenverteidigers Dumic nicht zu stemmen war, fiel den Verantwortlichen die Entscheidung, dem nun für Dynamo Dresden aktiven Mittelfeldmann Stark keinen neuen Vertrag anzubieten, nicht leicht.
Ähnliches gilt für Publikumsliebling Marcel Heller, dessen Einsatzzeiten aber zuletzt immer geringer wurden und der mit 34 Jahren letztlich auch einer Verjüngung zum Opfer fiel. Sportlich kaum eine Rolle spielten Ognjen Ozegovic, inzwischen bei Adanaspor, und Ersatztorwart Igor Berezovskyi, der noch ohne neuen Verein ist, sowie Sebastian Hertner, der sich dem VfB Lübeck anschloss. Johannes Wurtz kam vergangene Saison nur zu einem Kurzeinsatz und versucht sich nun beim SV Wehen Wiesbaden. Torwarttalent Carl Leonhard setzt seine Karriere beim 1. FC Kaiserslautern II fort, während mit Leon Müller ein anderer Youngster an Rot-Weiß Koblenz verliehen wurde.
Neu im Kader sind neben den aus dem eigenen Nachwuchs beförderten Henry Jon Crosthwaite und Alexander Vogler sowie Leih-Rückkehrer Silas Zehner (Viktoria Aschaffenburg) lediglich vier Spieler. Darunter Defensiv-Allrounder Nicolai Rapp, der bereits vergangene Saison vom 1. FC Union Berlin ausgeliehen war und nun für ein weiteres Jahr auf Leihbasis verpflichtet werden konnte.
Geliehen ist auch Lars Lukas Mai vom FC Bayern München, der als hochveranlagter Innenverteidiger gilt und in Darmstadt regelmäßig Spielpraxis sammeln soll. Fest verpflichtet werden konnte der wie Mai 20 Jahre alte Adrian Stanilewicz (Bayer Leverkusen), der in erster Linie auf der Sechs zu Hause ist, aber auch weitere Defensivpositionen spielen kann. Komplettiert wird das Aufgebot durch Aaron Seydel (1. FSV Mainz 05), der in der 2. Bundesliga kein Unbekannter ist und einst schon unter Trainer Anfang bei Holstein Kiel spielte. Der 24-Jährige kann sowohl im Angriff als auch auf dem Flügel eingesetzt werden und erweitert offensiv die Möglichkeiten. Allerdings verpasst Seydel den Auftakt wegen einer in der Vorbereitung erlittenen Schulterverletzung.
Die aktuelle Form
Bei Viktoria Griesheim (5:1) und gegen Eintracht Trier (6:0) hat Darmstadt 98 die Phase der Vorbereitungsspiele mit zwei Kantersiegen eröffnet, dann aber keinen weiteren Erfolg mehr landen können. Einer 1:2-Niederlage beim SV Wehen Wiesbaden folgte ein Doppeltest gegen Norwich City. Gegen den englischen Premier-League-Absteiger unterlagen die Lilien ein Mal mit 2:3 und kamen im zweiten Vergleich nicht über ein 0:0 hinaus.
Auch die Generalprobe am Samstag bei Vitesse Arnheim endete unentschieden, wobei Trainer Anfang das 2:2 auf der vereinseigenen Webseite dennoch als „richtig guten Test“ bezeichnete und mit dem Auftritt seiner Schützlinge zu weiten Teilen zufrieden war: „Das Tempo war insgesamt hoch, wir konnten nachlegen, die Jungs sind in einer guten Verfassung und haben viele Dinge gut umgesetzt“, so der Coach, der in den Niederlanden mit den angeschlagenen Mathias Honsak und Serdar Dursun sowie dem bei der isländischen Nationalmannschaft weilenden Victor Palsson drei potentielle Leistungsträger nicht dabei hatte.
Stärken & Schwächen
Weil sich der Personalwechsel im Vergleich zu vielen Konkurrenten in Grenzen gehalten hat, kann Darmstadt 98 mit einer weitgehend eingespielten Mannschaft in die neue Saison gehen. Der neue Trainer Markus Anfang bringt zwar natürlich seine eigenen Vorstellungen ein, die vom Team bislang gut angenommen wurden, setzt aber zu weiten Teilen die erfolgreiche Arbeit von Vorgänger Grammozis fort.
Vielversprechend ist die Mischung aus gestandenen Eckpfeilern wie etwa Torwart Marcel Schuhen, Kapitän Fabian Holland, Sechser Palsson, Standardspezialist Tobias Kempe und Torjäger Dursun auf der einen sowie talentierten Akteuren wie Neuzugang Mai, Honsak, Seung-Ho Paik oder Marvin Mehlem auf der anderen Seite. Generell sind im Mittelfeld und auf den Außenbahnen viele Optionen vorhanden, mit denen Verletzungen und Formschwächen aufgefangen werden können.
Abzuwarten bleibt indes, ob das Fehlen von Schlüsselspielern kompensiert werden könnte. Gerade zu Dursun fehlt in der Spitze eine verlässliche Alternative, die Felix Platte in der Vergangenheit nicht war bzw. verletzungsbedingt auch gar nicht sein konnte.
Gerade offensiv gilt es an die Rückrunde der vergangenen Saison, in der 30 Treffer gelangen, anzuknüpfen. Dass diese Quote keine Selbstverständlichkeit ist, lässt sich unschwer an den nur 18 Toren in der Hinrunde zuvor erkennen. Defensiv agierten die Lilien über weite Strecken konstant und stellten so mit 43 Gegentoren die viertbeste Hintermannschaft der Liga.
Der Trainer
Mit Holstein Kiel 2017/18 als Aufsteiger erst in der Relegation am VfL Wolfsburg gescheitert, sollte der Wechsel zum 1. FC Köln der nächste Karriereschritt für Markus Anfang werden. Bei den Geißböcken allerdings musste der gebürtige Kölner auf Platz eins liegend drei Spieltage vor Schluss gehen. Der Aufstieg war zu diesem Zeitpunkt noch nicht fix, doch letztlich hätten die unter Anfang eingefahrenen Punkte für den Sprung in die Bundesliga gereicht.
Anfang, der in Köln früh in die Kritik geriet und auch auf Anraten von Geschäftsführer Armin Veh von seinem bevorzugten 4-1-4-1 auf eine Doppelspitze umstellte, meldet sich nun nach einem guten Jahr ohne Job in der 2. Bundesliga zurück. Der 46 Jahre alte Fußball-Lehrer kehrt bei den Lilien zu „seinem“ 4-1-4-1 mit einer grundsätzlich offensiven Spielanlage zurück, sollte aber die Lehren aus seiner Zeit in Köln und auch in Kiel ziehen und größeren Wert auf die richtige Balance im Spiel legen.
Die mögliche Startelf
Fazit & Prognose
Die positiven Ergebnisse im Endspurt der vergangenen Saison waren kein Zufall. Die Lilien verfügen über Qualität und haben ihr eingespieltes Team nun punktuell weiter verstärkt bzw. zumindest ergänzt. Mit Markus Anfang hat zudem ein Trainer das Kommando übernommen, der auf seinen bisherigen Zweitliga-Stationen in Kiel und Köln immer vorne mitgespielt hat. Alles zusammengenommen muss man die Lilien vorbehaltlich von nicht gänzlich ausgeschlossenen Abgängen von Leistungsträgern aus unserer Sicht im Aufstiegsrennen dick auf der Rechnung haben.
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