Clemens Riedel vom SV Darmstadt 98 im Interview: „Durch Florian Kohfeldt spielen wir dominanteren Fußball“

Außerdem spricht er über seine Rolle als Kapitän

Autor: Oliver Jensen Veröffentlicht: Freitag, 20.12.24 | 10:05

© IMAGO / Jan Huebner

Clemens Riedel vom SV Darmstadt 98 trägt derzeit die Kapitänsbinde (IMAGO / Jan Huebner)

Clemens Riedel trägt mit seinen 21 Jahren bereits die Kapitänsbinde vom SV Darmstadt 98. Im Interview mit LIGA-ZWEI.DE spricht er über diese Rolle, über den Einfluss von Trainer Florian Kohfeldt und über das bevorstehende Spiel gegen Tabellen-Schlusslicht SSV Jahn Regensburg

Herr Riedel, der SV Darmstadt 98 ist seit acht Spielen ungeschlagen. Was macht Ihre Mannschaft im Moment so stark?

Ich glaube, wir haben eine sehr gute Entwicklung hingelegt in den letzten Wochen. Wir optimieren uns Woche für Woche, gehen viele verschiedene Sachen im Training an und verstehen uns sehr gut auf sowie neben dem Platz. Wir wissen, was der eine vom anderen auf dem Platz erwartet und ergänzen uns sehr gut.

Der Saisonstart verlief zunächst sehr enttäuschend, ehe Florian Kohfeldt die Mannschaft übernahm. Wie hat er Darmstadt auf den Erfolgsweg gebracht?

Ich glaube, wir haben durch ihn vor allem unser Offensivspiel gut optimiert – das Defensivspiel natürlich auch. Wir spielen einen noch dominanteren Fußball, wodurch auch einzelne Spieler noch besser in Erscheinung treten. Man sieht Woche für Woche, dass wir uns sehr viele Torchancen herausspielen und dadurch auch viele Tore gemacht haben.

Was sind die größten Unterschiede zwischen Florian Kohfeldt und seinem Vorgänger Torsten Lieberknecht?

Beide legen zwar inhaltlich natürlich auf unterschiedliche Dinge wert, grundsätzlich unterscheiden sie sich allerdings gar nicht so sehr. Sie sind beide sehr menschlich, sehr nahe an der Mannschaft und haben einen guten Draht zum Team.

Darmstadt steht zwar lediglich auf Platz 10, hat allerdings nur vier Punkte Rückstand auf die ersten drei Tabellenplätze. Beginnt die Saison gefühlt so gesehen noch einmal von vorne, weil alles offen ist?

Die Saison beginnt zwar nicht von vorne. Aber wenn eine Mannschaft zwei, drei Spiele hintereinander gewinnt oder verliert, hat das durch die Enge der Liga bereits große Auswirkungen auf die Tabellenplatzierung. Auf die Tabelle brauchen wir daher jetzt noch nicht zu schauen, weil ohnehin alles so eng beieinander ist. Im Vordergrund steht vielmehr jedes einzelne Spiel, sodass wir konstant unsere Punkte holen.

Sie haben nun gegen fast alle Mannschaften in der 2. Bundesliga bereits gespielt. Welcher Gegner hat Sie am meisten beeindruckt?

Da kommen mir spontan Magdeburg und Elversberg in den Sinn, gegen die wir verloren haben. Sie haben wirklich sehr gut gespielt. Aber ich glaube, dass jedes Spiel in der 2. Liga schwer ist. Ich würde daher keine bestimmte Mannschaft hervorheben, da im Grunde alle Teams uns vor unterschiedliche Herausforderungen und Aufgaben gestellt haben.

Sie sind durch den Ausfall von Fabian Holland momentan der Kapitän der Mannschaft. Inwiefern hatte sich Ihre Aufgabe dadurch verändert?

Es ist natürlich eine unfassbare Ehre für mich, dass ich Kapitän sein darf. Ich habe vorher schon versucht, viel Verantwortung zu übernehmen – auf und neben dem Platz. Das ist vielleicht durch die Kapitänsrolle mehr geworden. Ich versuche einfach, mein Bestes zu geben und auch den jungen Spielern zu helfen, um mein Kapitänsamt gut auszufüllen. Grundsätzlich haben wir aber mehrere Führungsspieler in der Mannschaft.

Das Kapitänsamt beinhaltet auch, dass Sie vor Spielbeginn zum Münzwurf am Mittelkreis stehen. Bekommen Sie vom Trainer irgendwelche Vorgaben oder entscheiden Sie zum Beispiel selber, auf welche Seite Sie spielen wollen?

Nein, das entscheide ich selber. Manchmal frage ich den Torwart, welche Seite er aufgrund der Wetterbedingungen bevorzugen würde. Aber momentan scheint nicht so oft die Sonne, wenn wir spielen. Daher entscheide ich aus dem Bauch heraus, ob wir auf die Kurve zuspielen oder auf die Gegenseite.

Und entscheiden Sie sich immer für die gleiche Münzseite?

Nein, auch das entscheide ich aus dem Bauch heraus. Jede Münze hat ja verschiedene Farben. Wenn blau dabei ist, nehme ich natürlich blau (lacht).

Am Sonntag wird der Tabellenletzte SSV Jahn Regensburg der Gegner sein. Wie groß ist die Gefahr, so einen Gegner unterbewusst zu unterschätzen?

Ich glaube, unterschätzen werden wir diese Mannschaft auf keinen Fall. Das wird auch wieder ein unfassbar schweres Spiel in Regensburg. Und das wahrscheinlich auf einem Platz, der nicht so gut bespielbar ist, wodurch dann unser Offensivspiel schwieriger durchzuziehen sein wird. Wir hoffen natürlich, dass wir unseren Lauf fortführen können.

Vergangene Saison spielten Sie mit dem SV Darmstadt 98 in der Bundesliga, waren allerdings in der Rückrunde verletzungsgeplagt. Gibt es dennoch bestimmte Highlights, an die Sie gerne zurückblicken?

Ich glaube, mein Highlight war das Spiel hier am „Bölle“ gegen Frankfurt in der Rückrunde, als wir noch in der Nachspielzeit den Ausgleich zum 2:2 erzielt haben, nachdem wir bereits 0:2 zurücklagen.

Wie groß ist der qualitative Unterschied zwischen Bundesliga und 2. Bundesliga?

Ich glaube, der größte Unterschied ist, wie die Stürmer in der Bundesliga die Chancen verwerten. In der Bundesliga wurden unsere Fehler im Aufbauspiel gnadenlos bestraft. In der 2. Bundesliga wird man teilweise noch verschont, weil nicht alle Chancen genutzt werden. Und natürlich gibt es in der Bundesliga einige Spieler, die individuell krasse Ausreißer nach oben sind.

Warum tun sich Absteiger in der 2. Bundesliga dann oftmals so schwer? Auch Ihre Mannschaft gewann erst am 6. Spieltag das erste Spiel. Hängt das damit zusammen, dass sich eine Mannschaft erst einmal auf die 2. Liga umstellen muss?

Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube, der Grund ist eher, dass die 2. Liga so schwierig zu analysieren ist. Jedes Spiel für sich ist schwer. Natürlich hofft man auf einen guten Saisonstart. Das hat bei uns nicht geklappt. Das war bei Köln ähnlich. Aber wir hatten vorher schon in der 2. Bundesliga gespielt und ausreichend Zeit, um uns vorzubereiten. Daher sollte das kein Grund sein.

Sie haben in der Jugend für Eintracht Frankfurt gespielt, verließen den Verein allerdings im Alter von 14 Jahren und wechselten zur TSG Wieseck, ehe Sie zwei Jahre später nach Darmstadt gingen. Warum hatten Sie damals die Eintracht verlassen?

Ich wollte mich mehr auf meine Entwicklung konzentrieren. Bei Wieseck war ein bisschen weniger Druck. Ich bin dort menschlich sehr gewachsen. Ich hatte dennoch eine schöne Zeit in Frankfurt.

Hatten Sie nicht das Gefühl, sich dadurch vom Traum Profifußball zu entfernen?

Ein bisschen vielleicht schon. Aber das war für mich damals nicht so ein großes Thema. Natürlich hatte ich den Traum, Profi zu werden. Aber ich war darauf nicht so fixiert wie manch andere Jugendspieler. Ich bin einfach meinem Bauchgefühl gefolgt. Und das war die richtige Entscheidung.