Chapeau, Robin Hack
Die besondere Leistung des 32. Spieltags
Jens Keller, dem man nicht immer anmerkt, dass die Arbeit in der Welt des Fußballs ihn wieder einmal in eine freudvolle Stimmung versetzen könnte, schien dankbar zu sein, als er in der Pressekonferenz zum Triumph in Wiesbaden endlich nach seinem Spieler Robin Hack befragt wurde.
Jedenfalls war dies der Moment in dieser Veranstaltung, der erstmals sichtbar werden ließ, dass der Trainer des 1.FC Nürnberg über ein 6:0-Spektakel und über einen gewaltigen Sprung in Richtung des Liga-Verbleibs in dieser 2. Bundesliga sprechen konnte.
So richtete sich Keller endlich ein wenig auf in seinem Stuhl, öffnete für seine Antwort seine müden Augen und steuerte erstmals ein wenig Frische in seine Stimme, mit der er nun jenen jungen Mann würdigen konnte, der drei dieser sechs Treffer erzielen und so konkurrenzlos zum Helden dieses höchsten Saisonsieges für die leidgeprüften Clubberer aufrücken konnte.
„Der Robin Hack“, sagt Jens Keller, „der Robin ist ein Spaßfußballer!“
Eine Nachfrage hat es nicht gegeben, doch gern hätten wir erfahren von Keller, wie er das genau gemeint hat.
Meint Keller, dass Robin Hack ein Kicker ist, bei dem sich Spaß und Freude einstellen, sobald er das Spielfeld betritt? Oder meint Keller vor allem, dass der Betrachter seines Fußballspiels nicht umhin kommen kann, sich vergnügt auf die Schenkel zu schlagen, wenn Robin Hack in Aktion tritt.
Meint Keller also, dass alle diese Menschen Spaß daran haben, wenn Hack seine Speed-Läufe aufnimmt, sich unwiderstehlich von einem Dribbling ins nächste manövriert und aus vollem Sprint auch noch zu einem extrem platzierten Torschuss gelangt?
Ja, der Beobachter dieses herzerfüllten Fußballspiels der Machart Robin Hack vermag zweifellos zu spüren, dass hier etwas Besonderes geschieht. Etwas Großartiges und etwas Hochbegabtes zu erleben ist.
So geschehen nun dieser Ligawoche in diesem Sechs-Punkte-Match in Wiesbaden: 1:0 Hack, 3:0 Hack und 5:0 Hack – und allesamt erzielt in der beschriebenen Art und Weise. Ja, dies zu erleben, kann nur Freude auslösen.
Ideales Timing für fußballerische Großtaten
Das waren die Saisontreffer acht bis zehn für Hack. Doch dies waren auch seine ersten erzielten Tore seit der Wiederaufnahme des Matchbetriebs.
Das Timing für derlei Großtaten könnte nun freilich besser kaum sein. Für den 1. FC Nürnberg nicht, dem nun ein weiterer Punkt zum Erhalt der 2. Bundesliga genügen wird. Und für Robin Hack persönlich nicht. Denn der pfeilschnelle Linksaußen mit der blonden Lockenpracht ist nun ein heißer Kandidat für einen spektakulären Karrieresprung.
Daraus kann eine Rückkehr nach Hoffenheim werden, ein Wechsel zu einem anderen Bundesligaklub, nach England oder nach Salzburg.
Dort hat Liga-Zwei.de den Fußball-Lehrer Frank Kramer erreichen können. Der hat Hack in seiner Amtszeit als DFB-Trainer von U-Mannschaften recht intensiv kennengelernt und ist aktuell als Ausbildungs-Chef von Red Bull in dessen Fußball-Standort Salzburg aktiv.
Von Frank Kramer wollen wir erfahren: Wie ist es bei Robin Hack selbst? Ist er immer gut drauf, ist er imstande, sich stets selbst in den Spaß-Modus zu versetzen? Frank Kramer hat dazu dies wahrgenommen: „Die Basis ist auch bei Robin, dass er Vertrauen braucht. Viel Vertrauen. Doch bei ihm habe ich festgestellt, dass er auch ein emotionales Anfixen braucht. Also durchaus Druck braucht, um seine bestmögliche Leistung abzurufen.“
Kramer könnte Recht haben und so die Erklärung dafür liefern, warum es bei Robin Hack ausgerechnet jetzt noch einmal besonders gut läuft. Denn jetzt ist nichts mehr aufschiebbar, um den Abstieg aus der 2. Bundesliga sowie einen dicken Makel in der Karriere zu vermeiden.
Das ist Druck. Großer Druck, der Hack offenbar guttut.
Wie Robin Hack zum Freigeist wurde
Als Liga-Zwei.de in der Winterpause das Talent dieses Stürmers schon einmal unter die Lupe nahm, kam mit dem früheren Profi Jens Rasiejewski ein weiterer Ausbildungstrainer zu Wort. Er berichtete von der Zusammenarbeit bei der TSG Hoffenheim und von einem immer wiederkehrenden Knackpunkt in der Ausbildung: „Es gibt immer zwei Möglichkeiten“, erzählte Rasiejewski, „entweder fängt man als Trainer an, das Individuelle zu kritisieren, daran herumzubasteln, zu beschränken und zu begrenzen. Oder man entscheidet sich, den fußballerischen Freigeist so wie er ist zuzulassen und für ihn in der Mannschaft einen entsprechenden Rahmen zu schaffen.“
Wie dieses Zulassen des freischaffenden Fußballspiels bei Hack auf dem Rasen aussieht, beschreibt nochmals Frank Kramer und lässt dabei erkennen, wieviel Freude ihm diese Beschreibung macht: „Robin Hack braucht niemanden, um torgefährlich zu sein. Keinen Partner zum Doppelpass, keinen Zuspieler, keinen Flankengeber. Wenn Robin eine Aktion aufnimmt, weil er sich für sie entschieden hat, dann schließt er sie auch selbst ab.“
Nun also stellt sich wieder die Frage aller Fragen. Wo ist auch künftig der Trainer, der für einen Solisten wie Robin Hack sein Team passend macht und eine Antwort parat hat auf die Frage: Wieviel Individualität verkraftet und braucht mein Team?
Der Ur-Clubberer Dieter Nüssing hat eine andere Lösung parat: „Robin ist bei allem Talent noch nicht komplett stabil. Zwei weitere Jahre beim Club täten ihm bestimmt gut.“
In diesem Vorschlag steckt viel Vernunft. Doch die nackte Realität formuliert nochmals Red Bull-Ausbilder Frank Kramer. Der wurde selbst einst beim 1.FC Nürnberg von Nüssing ausgebildet, stellt nun aber klar: „Im Fußball herrschen heute nun einmal ganz andere Gesetze. Sorry, Nuss!“
Nun, Robin Hack kennt sie längst und so wird Jens Keller für sein Team einen neuen Spaßfußballer finden müssen…