Chapeau, Paterson Chato
Die besondere Leistung des 19. Spieltags
Direkt nach getaner Arbeit dem Kollegen mit der Trikot Nr. 15 zu gratulieren, ihn zu beglückwünschen und zu herzen, schien in den Reihen des SVW Wiesbaden allen ein großes Bedürfnis zu sein: Immer wieder aufs Neue ein freudiges Shakehands, eine innige Umarmung und eine weitere Geste des Dankes an Paterson Chato.
Derart hofiert und umworben schlich der hünenhafte „Sechser“ sichtlich erschöpft als Letzter in den Kabinentrakt der Brita-Arena. Denn Chato hatte in dieser feurigen Fußball-Nacht des erfolgreichen Kraftaktes in Unterzahl gegen die robusten Kicker aus Aue gar für Drei geschuftet und obendrein mit einem platzierten Volleyschuss ins untere linke Eck das goldene Tor erzielt. Den routinierten Männel zu bezwingen, gehört aktuell keineswegs zu den leichteren Aufgaben eines Fußballspielers.
Stellvertreter als Torschütze und Turm in der Schlacht
Fast schien es, als konnte er sein großes Glück über seinen ersten Treffer in seinem zwölften Einsatz in dieser 2. Bundesliga kaum realisieren. Jedenfalls schüttelte Chato zunächst recht verwundert mit dem Kopf, als sei es ihm geradezu unangenehm, als die eigentlich in Wiesbaden für das Toreschießen zuständigen Kollegen, Schäffler und Aigner, ihm jubelnd in die Arme sprangen.
Doch Wiesbadens Topstürmer wollten ihren Stellvertreter in diesem Moment nun einmal gebührend würdigen. Schließlich sie zuvor allerbeste Chancen nicht nutzen können und so durchaus Ängste aufkommen lassen.
So berichtete auch Wiesbadens wieder famos haltender Torwart Heinz Lindner nach dem Match dem Reporter des Hessischen Rundfunks ins Mikrofon, dass Chato mit seinem Treffer „ein Chancen-Festival zum richtigen Zeitpunkt belohnt“ und dann in der zweiten Halbzeit als „Turm in der Schlacht“ vorangegangen sei, um „dieses 1:0 mit Mann und Maus erfolgreich verteidigen“ zu können.
Ja, dies war der Abend des Paterson Chato und sogleich das wohl größte Match einer Karriere, die so furios zu beginnen, doch zwischenzeitlich so angestrengt zu ruckeln schien.
Vor 23 Jahren wurde Chato im politisch unruhigen Zaire, also in der heutigen Demokratischen Republik Kongo geboren. Die Flucht seiner Eltern führte ins Ruhrgebiet. Als er sieben Jahre alt war, meldete ihn sein Vater bei Schalke 04 an. Fünf Jahre später, inzwischen war er zwölf, holten ihn die Scouts von Bayer Leverkusen in das damals wohl größte Talente-Camp herüber.
Mehr noch: Die Ausbildungs-Abteilung des Werksklubs stattete ihn mit einem spektakulären Sechsjahres-Vertrag aus. Damit schien klar: Aus Chato wird ein Fußballer.
Stabilität durch Spielpraxis
Als er 18 war, liehen ihn die Leverkusener nach Cottbus in die 3. Liga aus. Doch auch hier waren die Konkurrenz im Abwehrverbund sowie die Herausforderungen des Trainers noch zu groß für Chato. „So gab es beim besten Willen für ihn noch keine Nische im Team“, erinnert sich Roland Benschneider, damals Sportchef bei Energie.
Erst die ständige Wettkampfpraxis in Wiedenbrück, im U23-Team von Borussia Dortmund sowie bei den Sportfreunden Lotte steuerten Chato in jene Stabilität, die ihn im zweiten Anlauf endlich interessant machten für den Profifußball hierzulande.
Liga-Zwei.de hat sich deshalb beim Fußball-Lehrer Jan Siewert erkundigt. Der war zuletzt in Huddersfield verantwortlich tätig und ist seither immer noch von England aus unterwegs, um sich selbst stetig fortzubilden und auch eigene Inhalte in Seminarfortbildungen weiterzugeben. Beim BVB hat Siewert in der Spielzeit 2017/18 einen besonders bedeutenden Karriereschritt von Paterson Chato begleitet.
Viele gute Voraussetzungen hat Chato mitgebracht in die Abteilung des Dortmunder Feinschliffs. Doch in einer besonders bedeutenden Challenge musste er sich Brauchbarkeit und Güteklasse erst noch erarbeiten: „Chato brauchte etwas Zeit, um sich an unser hohes Aktionstempo zu gewöhnen. Doch er ist immer drangeblieben, hat im Training nie locker gelassen und sich so verdientermaßen ins Team gekämpft“, erinnert sich Siewert voller Anerkennung an die Arbeit mit Chato.
So charakterisiert ihn Jan Siewert des Weiteren gern mit dem Eigenschaften „einwandfrei“, „wertvoll“ und „vielseitig“. „Einwandfrei ist er charakterlich, wertvoll ist er als Typ, weil er ein Musterprofi ist und immer eine positive Strahlkraft verkörpert. Und seine Vielseitigkeit macht ihn so wertvoll für einen Trainer, weil er in mehreren Positionen ausgebildet worden ist und verschiedene Aufgaben somit lösen kann“, berichtet Siewert.
Aktuell in Wiesbaden wird Chato mit seiner wuchtigen Körperlichkeit in den Brennpunkten vor dem Abwehrverbund gebraucht. Andernorts haben wir ihn auch im linksbeinigen Aktionsfeld der Viererkette erlebt. Sowohl als Innen- als auch als Außenverteidiger. Und auch das Offensivspiel ist ihm über die linke Seite nicht fremd.
Spiel des Gegners lesen, ablaufen und zerstören
Siewert glaubt auch zu erkennen, was Chato gerade jetzt in diesem so existenziellen Kampf des SVW Wiesbaden um den Erhalt der 2. Bundesliga so wertvoll macht: „In dieser Situation braucht eine Mannschaft diese auffällige körperliche Präsenz eines Chato. Braucht diesen Typus, der das Spiel des Gegners liest, abläuft und somit zerstört“, erklärt Siewert seinen Blick auf die Entwicklung seines früheren Schülers.
Kein Zweifel: Jan Siewert beschreibt hier einen Aufschwung in seiner Ganzheitlichkeit. Den eines Spielers, den er als „mustergültigen Vollprofi“ bezeichnet und eines Wiesbadener Teams, das nun für jeden Gegner allemal ein hohes Hindernis darstellt in dieser 2. Bundesliga. Am Samstag in Hannover soll die Fortsetzung dieses Weges folgen…
Schon Mitglied bei Wettanbieter tipico? Jetzt exklusiven tipico Bonus Code sichern & mit 10€ zusätzlich auf Wehen Wiesbaden wetten!