Chapeau, Tim Kleindienst
Die besondere Leistung des 13. Spieltags
Als sich Tim Kleindienst Ende Mai 2017 mit seinem Treffer zum 2:1-Erfolg des 1. FC Heidenheim über die Sechziger aus München vom Ostalb-Fußball verabschiedete, ging der charismatische Gardemaßstürmer als Musterbeispiel eines effektiven Leihgeschäfts zurück zum SC Freiburg in die Bundesliga. Im Profifußball gilt eine solche Allianz als gelungen, wenn der Leasingkicker und die beiden betroffenen Vereine eine komplette Win-win-Situation daraus entstehen lassen.
Genau so geschehen damals: Kleindienst tankt in 27 Spielen mit sieben Treffern frisches Selbstbewusstsein auf. Der SC Freiburg erhält einen Spieler zurück, der mit diesem Entwicklungssprung einen Neubeginn in die Bundesliga aufnehmen kann. Und der 1. FC Heidenheim erzielt den besten Tabellenplatz aller Zeiten: Rang sechs in der 2. Bundesliga ist ein positives Ergebnis in vielerlei Hinsicht.
Maßgeschneidert für Schmidt
In diesen vergangenen beiden Jahren haben sich Heidenheims Fußballmacher, Frank Schmidt und Holger Sanwald, die Finger geleckt nach diesem Tim Kleindienst. Ja, sie hatten ihre Toremacher in dieser Zeit: Den Alpen-Dribbler Dovedan, das Münchner Fußballkindl Glatzel und selbstverständlich wie immer und ewig: ihren Schnatterer.
Doch einen wie Kleindienst hatten sie auf dem Schloßberg zu Heidenheim nicht mehr. Was vor allem Frank Schmidt, der Konstrukteur des Heidenheimer Fußballs, bedauerte. Denn Kleindienst schien maßgefertigt zu sein für Schmidts Idee des Fußballspiels.
„Tim Kleindienst ist ein Pressing-Monster“, sagt Frank Wormuth und nennt einen bedeutenden Charakterzug des modernen Fußballs. Wer sich wie Kleindienst auszeichnet, das Aufbauspiel gegnerischer Verteidiger lauffreudig, aggressiv und durchtrieben zu attackieren, erzwingt frühzeitige Fehler des Kontrahenten.
So bestätigt Wormuth sein großes Verständnis für Schmidts Anhänglichkeit. Wormuth war viele Jahre beim DFB beschäftigt, kennt Schmidt und Kleindienst gleichermaßen gut: Als Ausbildungsleiter der Fußballlehrer-Lizenz und hierbei auch Frank Schmidts Prüfer. Obendrein war er in der Gruppe der DFB-Trainer zuständig für die deutsche U20-Auswahl.
In diesem Team hinterließ Kleindienst zwei Jahre lang seine Fußstapfen. So bemerkt Wormuth weiter: „Was mir an Tim Kleindienst gefällt, ist sein starker Wille alles zu geben, sich läuferisch und kämpferisch regelrecht aufzuopfern für das Ziel der Mannschaft.“
Doch Kleindienst hat seine Bereitschaft für den Rundumeinsatz häufig teuer bezahlen müssen: Mit seiner Gesundheit. Als Frank Wormuth seine DFB-Auswahl auf die WM in Neuseeland vorbereitet, reißen Kleindienst die Bänder im Sprunggelenk.
Der verlorene Sohn kehrt zurück
Futsch die WM für den so kämpferisch verteidigenden Stürmer. Futsch die Fortsetzung seiner durchaus in Schwung gekommenen Bundesliga-Karriere beim SC Freiburg. Als dann endlich ein paar Erstligaspiele auch für ihn hoffnungsvoll verlaufen waren, machte ein Kniegelenk schlapp. Bänder und Meniskus gerissen. Die Spielzeit erledigt. Und dies war es dann auch bereits für Kleindienst in Freiburg, wo mit Waldschmidt, Petersen und Höler die Konkurrenz groß und die Geduld ausgeschöpft war.
Gut, dass die sparsamen Heidenheimer in diesem Sommer einige Millionen für Glatzel und Dovedan eingenommen hatten. So konnten sie ihren Wunschspieler und verlorenen Fußballsohn diesmal den Freiburgern abkaufen.
Für Wormuth ein Musterschüler
Denn Heidenheim und Kleindienst – dies passt perfekt, wie der aktuelle Triumph über Hannover 96 bestätigt: Kleindienst trifft zuerst per Kopf als Sitzfußballer. Dann ebenso akrobatisch mit einem Volleykick und auf dem Weg zum dritten Tor wird Kleindienst in letzter Sekunde elfmeterreif von den Beinen geholt. Den Strafstoß übernimmt Schnatterer. Wie immer eben in Heidenheim.
Für Frank Wormuth ist Kleindienst, der stets so auffällig fokussierte Abiturient aus brandenburgischen Städtchen Jüterbog, ein Musterschüler: Hat seine Leistungen stets realistisch reflektiert. Hat an seinen persönlichen Herausforderungen, wie Ballbeherrschung und technischer Feinschliff, immer aufmerksam gearbeitet und hat neugierig immer wieder Fragen zum Sinn des großen Ganzen gestellt.
„Solche Spieler mag ich“, sagt Wormuth, der überzeugt ist, dass Kleindienst, inzwischen 24, die richtige Entscheidung getroffen hat, indem er zurück nach Heidenheim wechselte. Denn er glaubt dies: „Wenn Kleindienst seine gute Einstellung zum Profifußball weiterentwickeln und seine körperliche Stabilität verbessern kann, dann wird ihm die Bundesliga eines Tages eine zweite Chance geben.“ Nun, beim 1. FC Heidenheim, so scheint es, wären sie durchaus bereit für dieses Fußball-Abenteuer.
Übrigens: Frank Wormuth trainiert aktuell Herakles Almelo in der niederländischen Ehrendivision. Während Kleindienst, Schmidt und ganz Heidenheim ihr 4:0 über 96 feierten, gelang Wormuths Team ein 6:1-Torfestival über Venlo. Eine derartige Simultan-Überlegenheit der Schlüsselfiguren unseres heutigen Chapeau ist immerhin eine Premiere an dieser Stelle.
Und dies möge Liga-Zwei.de auch einmal eine Zugabe wert sein: Chapeau, auch Frank Wormuth.
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