Chapeau, Daniel Gordon
Die besondere Leistung des 11. Spieltags
Nach dem Spiel in Karlsruhe haben die Protagonisten die Leistungen des Karlsruher SC wieder einmal mit jenem sprachlichen Repertoire beschrieben, der gut und gern auch den historischen Abhandlungen größerer Völkerschlachten entnommen worden sein könnten.
Da ist die Rede von den besonderen Fähigkeiten des KSC, „niemals aufzugeben, solange der Kampf noch nicht zu Ende ist“ (KSC-Trainer Schwartz), sich „mit starker Willenskraft in die Brennpunkte zu stürzen“ (96-Trainer Slomka) oder sich „mit voller Wucht, Dynamik und Entschlossenheit gegen die drohende Niederlage zu stemmen“ (der Reporter der Sportschau).
Alle diese Beschreibungen skizzieren die Schaffenskraft des Hünen mit der Nr. 3 im Abwehrverbund des KSC, den Schwung und Elan des Vorarbeiters dieser so speziellen Karlsruher Antriebskraft sowie den nimmermüden Tatendrang des zwar ältesten, doch offenbar immer noch belastbarsten Kämpfer des Teams:
Daniel Gordon, 34 Jahre alt, Abwehrchef, Kopfballspezialist, Leader, Mitreißer, Optimist und Torschütze. Alles in einer Person verkörpert.
„Gordi“ trifft in Gestalt eines Mittelstürmers
Dreimal sind die Karlsruher gegen Hannover 96 in Rückstand geraten, doch als die Niederlage konkret zu werden scheint, rauscht „Gordi“, wie ihn die Kollegen rufen, in Gestalt eines gelernten Mittelstürmers und Kraft seiner 1.94 Meter Körperlänge heran, um mit dem Schädel zum 2:2 auszugleichen, so wie es einst Horst Hrubesch es tun pflegte. Und obendrein um in letzter Sekunde im Stil von Gerd Müller voller Handlungsrasanz zum 3:3 zu treffen.
Dies war exakt Gordons 450. Karriere-Einsatz. Als er Anfang 20 war, ist er von Thomas Doll sogar neunmal in der Bundesliga ausprobiert worden. Dann aber ist er beim BVB, als Fußball-Azubi im eigenen Haus, nicht genutzt worden.
Beim Karlsruher SC agiert Gordon in seiner siebten Spielzeit – unterbrochen von einem Jahr beim SV Sandhausen. Im Jahr ohne „Gordi“ stieg der KSC in die 3. Liga ab. So kam er zurück, um den Ligaverlust zu korrigieren. Schon dies gelang vortrefflich.
Einer, der Gordon besonders gut kennt, ist Dirk Orlishausen. Der Abwehrchef und der Torhüter aus der Abteilung Gardemaß haben vier Jahre lang gemeinsam die Aufgaben des Verhinderns von Gegentreffern unter sich aufgeteilt.
„Gordi hat große Fähigkeiten, das Angriffsspiel des Gegners zu lesen, sich dabei mit präzisem Auge perfekt zu positionieren und mit einer Handlungsentschlossenheit und Bissigkeit im Infight den Ball zu erobern“, erklärt Orlishausen, um das vielleicht Beste an seinem geschätzten Kollegen sogleich noch hinzuzufügen: „Und wenn Gordi zum Kopfball springt, ist er in der Luft so stabil wie ein Kunstturner am Reck“, erinnert sich Orlishausen.
Für ihn war es somit stets besonders wichtig, sein eigenes Handeln perfekt mit Gordons Tatendrang zu justieren. Andernfalls? „Konnte es verdammt schmerzhaft werden“, lacht Orlishausen.
Herz schlägt im Rhythmus des Reggae
Daniel Gordon hat auch eine Staatsbürgerschaft Jamaikas. Sein Vater stammt aus diesem karibischen Inselstaat. Als der Sohnemann einige Länderspiele für das Land seiner Vorfahren absolvierte, schien Gordon sen. schier zu platzen vor lauter Stolz.
Wenn Orlishausen darin erinnert, dass „Gordis“ Herz eben auch im Rhythmus des Reggae schlägt und dass in seinem Geist auch der Lifestyle von Montego Bay präsent ist, dann will er damit sagen: „In der Persönlichkeit von Daniel Gordon steckt viel Lebensfreude, das Laissez-Faire der Karibik, viel Ulk und Spaß sowie dann und wann auch schon mal ein wenig Bruder Leichtfuß. Und mit seinem rechten Fuß spielt er den besten Außenrist der Liga“, sagt Orlishausen, der inzwischen im Trainerstab von Jens Härtel bei Hansa Rostock für das Leistungshoch des dortigen Keepers Markus Kolke mitverantwortlich zeichnet.
Wenn im nächsten Frühjahr der Vertrag zwischen dem KSC und Gordon abläuft, wird der Vorkämpfer 35 sein. Was dann, KSC?
Diese Frage gibt uns die Vorlage, zurückzukehren zur eingangs erwähnten Verknüpfung des kämpferischen Treibens im Mittelalter mit den Stärken des Daniel Gordon. Den gordischen Knoten durchhauen, heißt so viel wie: Eine überraschend einfache Lösung finden. Eine Lösung mit „Gordi“, Karlsruhes besten Fußballkrieger…
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