1. FC Nürnberg Teamcheck

Analyse & Prognose zur neuen Saison

Autor: Johannes Ketterl Veröffentlicht: Sonntag, 28.07.24 | 10:33
© IMAGO / Zink

Am 11. Juni wurde Miroslav Klose als neuer Club-Trainer präsentiert. © IMAGO / Zink

Von einem einjährigen Bundesliga-Intermezzo in der Saison 2018/19 abgesehen verbrachte der 1. FC Nürnberg die vergangenen zehn Jahre in der Zweitklassigkeit. Damit, im Konzert der Großen nicht mehr vertreten zu sein, will und wird man sich beim Club indes so schnell nicht abfinden. Vielmehr sind alle Überlegungen darauf ausgerichtet, die Rückkehr ins Oberhaus zu schaffen, wenn auch die Planungen längst nicht mehr kurzfristig sind.

Dennoch hat man in Nürnberg die Hoffnung, in nicht allzu ferner Zukunft den Sprung in die Bundesliga schaffen zu können. Mit der Verpflichtung von Miroslav Klose als neuem Aushängeschild haben diese Hoffnungen neue Nahrung erhalten. Der Weltmeister von 2014 muss auf seiner ersten Cheftrainerstation im deutschen Profifußball aber seine Qualitäten an der Seitenlinie erst noch nachweisen und im ersten Schritt nach einem doch größeren Umbruch eine funktionierende Mannschaft formen.

Kommen & Gehen

Nicht weniger als 18 Spieler haben den 1. FC Nürnberg im Sommer verlassen, darunter mit Can Uzun und Nathaniel Brown (beide Eintracht Frankfurt) auch die beiden Top-Talente, die einerseits zwar große Lücken gerissen, aber zusammen auch rund 14 Millionen Euro Ablöse in die klammen Kassen gespült haben, sowie mit Jan Gyamerah (1. FC Kaiserslautern) der Stammrechtsverteidiger, der in der Rückrunde meist als Kapitän aufgelaufen war.

Alle anderen Abgänge scheinen verkraftbar, wobei den Club der Verkauf des zuletzt bereits verliehenen Abwehrtalents Louis Breunig (Jahn Regensburg) in der Zukunft noch schmerzen könnte. Weil Torwarttalent Jan Reichert gefördert werden soll, erhielt der im Laufe der Vorsaison zur Nummer eins avancierte Carl Klaus ebenso keinen neuen Vertrag mehr wie mit Christopher Schindler, Florian Hübner und James Lawrence drei erfahrene Innenverteidiger sowie mit Felix Lohkemper (Waldhof Mannheim) und Sebastian Andersson zwei gestandene Stürmer. Dass das genannte Sextett mit Ausnahme von Lohkemper noch immer ohne neue Arbeitgeber dasteht, lässt den Schluss zu, dass die Einschätzungen der Nürnberger Verantwortlichen bezüglich der Leistungsfähigkeit in der Branche geteilt werden. Auch Johannes Geis, dessen Vertrag aufgelöst wurde, ist noch ohne neuen Klub.

Mit Iván Márquez (NEC Nijmegen, verliehen), Ahmet Gürleyen (Hansa Rostock) und Joseph Hungbo (Rotherham United, verliehen) zogen drei Vorjahreszugänge nach nur einer Saison schon wieder weiter. Die schon in der Rückrunde verliehenen Christoph Daferner (Dynamo Dresden, erneut verliehen) und Jermain Nischalke (FC 08 Homburg) sowie Erik Wekesser (1. FC Kaiserslautern) sind ebenfalls nicht mehr dabei.

Den Abgängen stehen neben den Leih-Rückkehrern Tim Handwerker (FC Utrecht), Manuel Wintzheimer (Arminia Bielefeld) und Ali Loune (Austria Klagenfurt) auch schon zehn Neuzugänge gegenüber, wobei die Suche nach weiteren Verstärkungen noch andauert. Das Torhüterteam wird durch Michal Kukucka (AS Trencin) ergänzt, während mit Robin Knoche (1. FC Union Berlin) für die Innenverteidigung ein Coup gelungen ist. Mit Ondrej Karafiat (FM Mlada Boleslav) empfahl sich ein weiterer Innenverteidiger im Probetraining für einen Vertrag. Linksverteidiger Danilo Soares (VfL Bochum) komplettiert die Riege der neuen Defensivkräfte.

Für das zentrale Mittelfeld sicherte sich der Club mit Caspar Jander (MSV Duisburg) und Rafael Lubach (Borussia Dortmund U19) zwei Talente. Ebenso im Offensivbereich mit Michal Sevcik (Sparta Prag) und Stefanos Tzimas (PAOK Saloniki), die beide ausgeliehen wurden. Auf dem linken Flügel wurde mit Florian Pick (1. FC Heidenheim) derweil ebenso ein gestandener Profi hinzugeholt wie mit Janni Serra (Aarhus GF, ausgeliehen) für die Mittelstürmerposition.

So lief die Vorbereitung

Nach einem lockeren Kantersieg beim 1. FC Hersbruck (13:0) tat sich der 1. FC Nürnberg im zweiten Test bei der SpVgg Ansbach (4:1) schon schwerer. Anschließend reichte es gegen den TSV 1860 München nur zu einem 1:1, wobei die Leistung dennoch Lust auf mehr machte. Erst recht galt das für den 4:2-Sieg in einer über 120 Minuten ausgetragenen Begegnung während des Trainingslagers in Österreich gegen den englischen Zweitligisten Blackburn Rovers.

Zur Generalprobe empfing der Club am Freitag niemand Geringeren als Juventus Turin. Und auch wenn die Italiener in der Vorbereitung noch nicht so weit sind und nicht mit der ersten Garde antraten, war der 3:0-Erfolg schon ein Ausrufezeichen.

Stärken & Schwächen

Mit Can Uzun hat der 1. FC Nürnberg seinen Unterschiedsspieler verloren, doch im Abschied des türkischen Jung-Nationalspielers liegt auch eine Chance. Der Club, dessen 43 Treffer in der vergangenen Saison eine sehr mäßige Ausbeute waren, sollte ohne Uzun weniger leicht ausrechenbar sein. Zugleich lässt die personelle Neuaufstellung in der Offensive generell auf einen Zuwachs an Torgefahr hoffen, ebenso die Arbeit von Klose, unter dessen Leitung der FCN in der Vorbereitung offensiv deutlich klarer wirkte.

Auf der anderen Seite wurden die 64 Nürnberger Gegentreffer 2023/24 nur vom abgestiegenen VfL Osnabrück überboten. Auch in dieser Hinsicht versprechen die Kaderveränderungen, insbesondere natürlich die Verpflichtung des erfahrenen Abwehrchefs Knoche, Besserung. Abzuwarten bleibt allerdings, ob Schlussmann Reichert in seiner ersten Saison als Nummer eins die Erwartungen erfüllen kann.

Eine große Chance, zugleich aber auch eine gewisse Gefahr liegt in den vielen jungen Spielern im Kader. Erwischt der Club einen guten Start und setzt in der Folge noch mehr Euphorie ein als mit der Klose-Verpflichtung ohnehin schon vorhanden ist, scheint einiges möglich. Umgekehrt aber erscheint fraglich, ob die Riege der Talente mögliche Krisensituationen schon meistern könnte.

Der Trainer

Nach dem Ende seiner aktiven Karriere im Sommer 2016 hat sich Miroslav Klose bewusst dafür entschieden, sich erst im Nachwuchsbereich des FC Bayern München bzw. als  Assistent der deutschen Nationalmannschaft mit einem klaren Fokus auf die Stürmer mit dem Trainerberuf vertraut zu machen. Im Sommer 2022 wagte Klose dann den Schritt in die österreichische Bundesliga zum SCR Altach, musste aber rasch erkennen, dass dort die Kaderqualität nicht zu seinen Vorstellungen von aktivem Fußball mit viel Ballbesitz passte.

Nur neun Monate blieb Klose in Altach im Amt und musste dann als Tabellenschlusslicht wieder gehen. Gut ein Jahr später nimmt der 46-Jährige nun die Mission in Nürnberg in Angriff, war dort von Tag eins an der Star, wird sich indes im Liga-Alltag auch an den Ergebnissen messen lassen müssen.

Miroslav Klose. © IMAGO / Zink

Erste Cheftrainerstation im deutschen Profifußball: Miroslav Klose. Miroslav Klose. © IMAGO / Zink

Der potentielle Shooting-Star

Im Kader des 1. FC Nürnberg finden sich zahlreiche Akteure, die ganz am Anfang ihrer Karriere stehen und gerne in die Fußstapfen von Can Uzun treten würden, der eine rasante Entwicklung genommen hat – oder auch von Finn Jeltsch, der aus dem Abwehrzentrum kaum mehr wegzudenken ist.

Neben Torwart Jan Reichert sowie den sehr jungen Neuzugängen Rafael Lubach, Caspar Jander und Stefanos Tzimas könnte mit Dustin Forkel auch ein Akteur aus dem eigenen Nachwuchs in die Rolle des Shooting-Stars schlüpfen. Der 19-Jährige hat vergangene Saison nicht nur in der A-Junioren-Bundesliga (12 Tore und sieben Vorlagen in 16 Spielen) überzeugt, sondern mit sechs Treffern in elf Regionalliga-Spielen auch im Herrenbereich bereits Duftmarken gesetzt – ebenso wie nun in der Vorbereitung der Profis unter anderem mit einem Treffer gegen Juventus Turin, sodass ein zeitnahes Debüt in der 2. Liga alles andere als unwahrscheinlich ist.

Die mögliche Startelf

Reichert – Hofmann, Knoche, Jeltsch, Soares – Castrop, Flick, Jander – Sevcik, Serra, Pick

Fazit & Prognose

Die vielen Kaderveränderungen machen den 1. FC Nürnberg vor dem Start zu einer kleinen Wundertüte – von der wir aber nichtsdestotrotz einiges erwarten. Die mit der Verpflichtung von Trainer Klose entstandene Euphorie, vielversprechende Neuzugänge und positive Auftritte in der Vorbereitung bedeuten zwar keine Garantie für eine erfolgreiche Saison, aber dennoch rechnen wir mit dem Club in einer guten Rolle. Für das Aufstiegsrennen reicht es zwar vermutlich noch nicht ganz, doch das vordere Drittel könnte möglich sein, wenn sich die vielen Talente wie erhofft entwickeln.

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