1. FC Nürnberg: Klauß, die ostdeutsche Antwort auf Nagelsmann?
Frank Wormuth skizziert Rangnicks Musterschüler
Am 19. Mai 2009 wurde auf Initiative des Energydrink-Herstellers Red Bull das Fußballprojekt RB Leipzig gegründet. Schon mit seiner ersten Maßnahme stieß der neue Verein eine Welle der Polarisierung los, denn er begann seinen Weg durch die Spielklassen keineswegs ganz unten.
Nein, RB Leipzig stellte sich nicht wie alle anderen Neulinge hinten an, sondern übernahm – genauer: erkaufte sich – das Startrecht des SSV Markranstädt. Immerhin schon in der 5. Liga.
Warum wir dies an dieser Stelle noch einmal erwähnen?
Nun, dies ist derselbe Zeitpunkt, an dem sich für den Markranstädter Stürmer Robert Klauß mit 24 Jahren urplötzlich Lebens-Chancen auftaten, deren Realisierung bis dahin so fern schien wie die Sonne von der Erde.
Über Nacht ein „Roter Bulle“ zu werden und dieses Glück dann auch noch so geschickt und klug für sich nutzen zu können, steht vortrefflich wie ein Paradebeispiel dafür, was es wirklich heißt, im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein.
Gespür und Timing
Doch eine dritte Komponente muss noch hinzukommen und für die ist dann jeder Mensch selbst verantwortlich: Auch ein Glückskind muss danach das richtige Gespür und das richtige Timing dafür entwickeln, was nun zu tun ist an diesem neuen existenziellen Wendepunkt.
Robert Klauß, vor 35 Jahren in Eberswalde geboren und aufgewachsen, in Strausberg und Markranstädt Fußball gespielt und in Leipzig auf Lehramt studiert, hatte diese besonderen Fähigkeiten.
Denn Klauß war realistisch genug, um ruckzuck einschätzen zu können, dass es ihm als Spieler nicht mehr gelingen werde, mehr als Oberliga-Qualität nicht in die Waagschale werfen zu können. Daran war nicht zu rütteln.
Auch Daniel Meyer, soeben bei Eintracht Braunschweig angeheuert und zuvor beim FC Erzgebirge Aue Entwickler eines attraktiveren Fußballs als er heute wieder dort präsentiert wird, war es einst nicht gelungen, aus Robert Klauß mehr herauszuholen in gemeinsamen Zeiten beim FC Strausberg.
Doch Klauß erkannte vielleicht vom ersten Tag an, was er als Trainer erreichen konnte in diesem neuen hochprofessionellen Umfeld. So überzeugend, so begeisternd und entschlossen zeigte er es den damaligen neuen Machern Leipziger Fußballs: Primär Ralf Rangnick. Und dem von Rangnick vom VfB Stuttgart herbeigelockten Ausbildungsspezialisten Frieder Schorf.
Parallelen führen zusammen
Ja, diese beiden kreativen Fußballköpfe sollten seine starken Mentoren werden in kommenden Jahren bei RB Leipzig. Von der U14 bis zur U21 gelangen Robert Klauß Jahr für Jahr erfolgreich neue Klimmzüge auf der eigenen Karriereleiter; verknüpft mit einem stetig wachsenden Mehrwert an Anerkennung.
Ebenso wie einst Rangnick selbst hatte auch Klauß eine pädagogische Ausbildung absolviert und alternativ vor einer Karriere als Hochschuldozent gestanden. Wenn da nicht der große Fußball in die Quere gekommen wäre. Solche Lebensparallelen und intellektuellen Affinitäten führen Menschen zusammen.
Im Jahre 2017 haben die Fußballmacher von Red Bull für Robert Klauß einen weiteren wichtigen Ausbildungsabschnitt eingeleitet. Sie meldeten ihren so hochbegabten, so ganzheitlich einsetzbaren und nimmermüden Talente-Entwickler für die Zulassungsprüfungen zur Fußball-Lehrer-Ausbildung des DFB an und begleiteten ihr Anliegen mit einer Laudatio, die Frank Wormuth, damals hochgeschätzter Ausbildungschef, bis heute nicht vergessen hat.
Im Gespräch mit Liga-Zwei.de wirkt Frank Wormuth, der soeben seine dritte Spielzeit bei niederländischen Ehren-Divisionär Heracles Almelo vorbereitet, immer noch regelrecht amüsiert, wenn er dies berichtet:
„In meiner 10 Jahre langen Laufbahn als Ausbildungsleiter für die Fußball-Lehrer-Lizenz des DFB habe ich keinen zweiten Fall erlebt, in dem ein Bewerber mit so vielen Vorschusslorbeeren ins Rennen geschickt worden ist wie dies bei Robert Klauß und seinem Umfeld der Fall gewesen. Robert Klauß, so hieß es durch die Blume, sei die ostdeutsche Antwort auf Julian Nagelsmann.“
Frank Wormuth, für den Integrität und Gleichbehandlung in all den Jahren das Maß aller Dinge gewesen ist, stellt an dieser Stelle in einem Atemzug freilich gern klar:
„Klauß hätte die vielen Lobeshymnen überhaupt nicht gebraucht. Seine Auftritte bei den Bewerbungsprüfungen waren überzeugend. Klauß kam, sah und siegte und stand bei allem da wie eine Eins.“
Apropos eins: Diese Zahl begleitete Klauß durch die gesamte Ausbildung: Als Frank Wormuth ihm ein Jahr später das Zeugnis überreichte, war darin die Gesamtnote 1.0 verbrieft. Diese Bestnote schaffen nur wenige. Auch Julian Nagelsmann nicht.
Brimborium nicht nötig
So bekam auch Ralf Rangnick, was er wollte: Einen nunmehr lizenzierten Rohdiamanten aus der wohl anerkanntesten Trainer-Ausbildungsstätte in der Welt des Fußballs. So machte Rangnick die ostdeutsche Antwort auf Nagelsmann direkt zu seinem wichtigsten Assistenten in Champions League und Bundesliga.
Wir wissen nicht, ob Nagelsmann zögerte und erst einmal genau prüfte, was ihn erwarten würde, wenn er dieses Wunderkind aus der Trainerschmiede von Red Bull abgelehnt hätte, als er vor einem Jahr Rangnicks Nachfolger in Leipzig wurde. Nagelsmann ließ sich jedenfalls ein auf diesen Robert Klauß und fuhr gut damit.
Denn wohl auch Nagelsmann waren jene Charakterzüge aufgefallen, die Frank Wormuth heute noch positiv in Erinnerung hat: „Dieser Beifall, das Brimborium um ihn, all das war Robert Klauß eher unangenehm. Darauf hat er gar keine Lust. Ja, er ist in Sache stets selbstbewusst und mit großer Überzeugungskraft aktiv. Doch als Person habe ich ihn als bescheiden, bodenständig und zurücknehmend kennengelernt.“
Und nun hat Robert Klauß also Dieter Hecking überzeugen können.
Funktionierendes Gespann?
Der Sprung in diese erste Herausforderung als Cheftrainer im großen Fußball wird mit großer Spannung und so mancher Kontroverse betrachtet. Es gibt Liga-Insider, die glauben, dass es mit dem immer noch vergleichsweise finanzkräftigen 1. FC Nürnberg nach diesem eben durchlebten Tiefpunkt nur noch aufwärts gehen könne. Dieser junge Klauß also bei seiner Premiere gar nicht so viel riskieren müsse.
Frank Wormuth zeigt sich indes vorsichtig mit solch einer Prognose angesichts der vielen neuen Herausforderungen, die beim Club nunmehr bewältigt werden müssen. In der Rolle Dieter Heckings wähnt Wormuth primär den Code zum guten Gelingen.
„Es wird darauf ankommen, mit wieviel Feingefühl Hecking seinem jungen, unerfahrenen Trainer den Rücken stärkt. Wie er ihn vor so manchen Anfängerfehler bewahren kann, ohne dass Klauß dabei vor der Mannschaft sein Gesicht verliert. Wie glaubwürdig er ihn öffentlich unterstützt, wenn es aufs Neue in Nürnberg eine Zeitlang nicht rundlaufen sollte“, erklärt Wormuth.
Keine Zweifel an Robert Klauß hat Frank Wormuth freilich, wenn es um die Umsetzung von fußballerischen Inhalten geht: „Ich bin überzeugt davon“, stellt Wormuth klar, „dass der Club fortan einen richtig guten Fußball spielen wird.“
Nun, nach elf Jahren des Lernens unter dem Schutz seiner einflussreichen Förderer muss Robert Klauß, der Musterschüler von RB Leipzig, jetzt den Beweis antreten, dass er auch in dieser hammerharten 2. Bundesliga auch in stürmischen Zeiten jederzeit in der Lage ist, so aufrecht zu agieren wie eine Eins.
Und so wird der Red Bull-Rekrut Robert Klauß wohl nun besonders viel Energie brauchen, um aufs Neue nicht allein im richtigen Moment, sondern abermals dauerhaft am richtigen Platz zu sein…
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