1. FC Köln Teamcheck

Analyse & Prognose zur neuen Saison

Autor: Johannes Ketterl Veröffentlicht: Montag, 29.07.24 | 12:05
© IMAGO / Herbert Bucco

Zwei Hoffnungsträger im FC-Sturm: Tim Lemperle (l.) und Damion Downs. © IMAGO / Herbert Bucco

Für den 1. FC Köln kam es in der vergangenen Saison knüppeldick. Nach zwei überwiegend erfolgreichen Jahren unter Trainer Steffen Baumgart stürzten die Geißböcke in den Abstiegskampf, konnten sich daraus nie wirklich befreien und mussten letztlich zum siebten Mal in der Vereinsgeschichte den Gang in die Zweitklassigkeit antreten – inklusive einer Transfersperre, die wie schon im Winter auch im Sommer keine Neuzugänge erlaubte.

Weil entgegen der im Mai noch vorhandenen Befürchtungen ein totaler Zerfall verhindert werden konnte und viele Leistungsträger zum Teil durchaus überraschend geblieben sind, richtet sich der Blick in Köln aber nun wieder einigermaßen zuversichtlich nach vorne. Wir blicken auf den FC und wagen am Ende unseres Teamchecks auch eine Prognose.

Kommen & Gehen

Echte Neuzugänge konnte bzw. durfte der 1. FC Köln aufgrund der Transfersperre nicht registrieren, aber dennoch haben die Geißböcke mit Mansour Ouro-Tagba (TSV 1860 München), Chilohem Onuoha (RB Leipzig), Said El Mala und Malek El Mala vier Talente neu unter Vertrag genommen. Während die El-Mala-Brüder weiterhin für Viktoria Köln spielen und dann im Sommer 2025 die Rheinseite wechseln, wurden Ouro-Tagba an Jahn Regensburg und Onuoha an den SC Verl verliehen.

Neu bzw. wieder dabei sind mit Jonas Urbig, Tim Lemperle (beide Greuther Fürth) und Marvin Obuz (Rot-Weiss Essen) drei Akteue, die sich bei ihren Leihvereinen hervorragend entwickelt haben. Mathias Olesen (Yverdon Sport), Maximilian Schmid (Roda Kerkradr) und der schon wieder aussortierte Nikola Soldo (1. FC Kaiserslautern) sind ebenfalls zurück, indes mit schlechteren Perspektiven. Aus dem eigenen Unterbau sind Meiko Wäschenbach, Jaka Cuber-Potocnik, Julian Pauli und Fayssal Harchaoui zumindest in den erweiterten Kader aufgerückt.

Enorm wichtig war aufgrund der Transfersperre, dass Leistungsträger wie Timo Hübers, Eric Martel oder Jan Thielmann trotz Ausstiegsklauseln geblieben sind. Der vom VfL Wolfsburg bzw. vom KRC Genk bislang nur ausgeliehenen Luca Waldschmidt und Rasmus Carstensen wurde fest verpflichtet, wohingegen bei Faride Alidou (Eintracht Frankfurt) darauf verzichtet wurde, eine Kaufoption zu nutzen.

Scherzhaft ist vor allem der Abgang von Abwehrchef Jeff Chabo (VfB Stuttgart), der nicht zu halten war. Davie Selke (Hamburger SV) ließ die uneingeschränkte Bereitschaft zum Verbleib vermissen und zögerte zu lange mit seiner Zusage. Youngster Justin Diehl entschied sich frühzeitig dafür, den Durchbruch beim VfB Stuttgart schaffen zu wollen und Benno Schmitz, dessen Vertrag nicht verlängert wurde, heuerte gerade erst beim Grasshopper-Club Zürich an.

So lief die Vorbereitung

Nach einem lockeren Aufgalopp im Südstadion gegen den VfL Rheingold 1912 Köln-Poll (18:0) mit sportlich überschaubarem Wert wurden die Vorbereitungsgegner des 1. FC Köln schrittweise stärker. Nach Siegen bei den Sportfreunden Siegen (6:0) und gegen Kickers Offenbach (3:1) lieferten die Geißböcke gegen den belgischen Erstligisten VV St. Truiden (3:0) eine starke Vorstellung ab, kamen – freilich deutlich personell verändert – tags darauf allerdings dann nicht über ein 3:3 gegen Viktoria Köln hinaus.

Am vergangenen Mittwoch gelang während des Trainingslagers in Österreich gegen Swansea City (2:1) zumindest streckenweise wieder ein überzeugender Auftritt, ehe es am Samstag gegen Udinese Calcio zunächst nach einer verpatzten Generalprobe aussah. Nach einem 0:2-Rückstand drehte der FC die Partie aber und besiegte den italienischen Erstligisten mit 3:2.

Stärken & Schwächen

Nur 28 Treffer in 34 Begegnungen ließen unschwer erkennen, wo den 1. FC Köln vergangene Saison der Schuh am meisten drückte. Dass nun mit Mark Uth und Luca Waldschmidt zwei potentielle Unterschiedsspieler in der Offensive die Vorbereitung teilweise verpassten und zum Start noch nicht bei 100 Prozent sind, ist sicher nicht optimal. Ebenso wenig, dass mit Florian Kainz und dem offensivstarken Linksverteidiger zwei andere Akteure noch wochenlang fehlen. Und dennoch macht die Vorbereitung Hoffnung darauf, dass die Harmlosigkeit in und am gegnerischen Strafraum der Vergangenheit angehört.

Unverkennbar ist unterdessen, dass die zuletzt unter Ex-Trainer Timo Schultz etwas verhalten agierendere Mannschaft besser damit zurecht kommt, früh und aggressiv ins Pressing zu gehen. Die Spielertypen für die einst unter Steffen Baumgart erfolgreiche Spielweise sind in jedem Fall vorhanden.

Abzuwarten bleibt derweil die Stabilität der Defensive, in der neben Finkgräfe auch Luca Kilian noch länger fehlt, sodass die zweite Innenverteidigerposition neben dem neuen Kapitän Timo Hübers entweder vom jungen Julian Pauli oder von Routinier Dominique Heintz besetzt wird. In Kombination mit Finkgräfe-Vertreter Leart Pacarada weist der linke Teil der Viererkette mit Heintz indes Tempodefizite auf, die bei der Generalprobe von Udinese mehrfach aufgedeckt wurden.

Obwohl Team und Trainer nicht zuletzt wegen der vielen jungen Spieler im Umfeld erst einmal Kredit haben, könnte ein Fehlstart in die Saison relativ schnell zu Unruhe führen. Zwar in erster Linie in Bezug auf den Vorstand und die Geschäftsführung, die beide ohnehin schon kritisch gesehen werden, aber Auswirkungen auf die Mannschaft wären auch zu befürchten.

Der Trainer

Auf Platz eins stehend musste Gerhard Struber im April bei Red Bull Salzburg gehen. Während die Mozartstädter ohne den 47-Jährigen die Meisterschaft verpassten, heuerte Struber zur neuen Saison beim 1. FC Köln an und hätte sicherlich nichts dagegen an die lange Zeit erfolgreiche Arbeit seines Landsmanns Peter Stöger anzuknüpfen, der die Geißböcke 2013 übernahm und vier Jahre später nach Europa führte.

Anders als Stöger entstammt Struber der Red-Bull-Schule und ist ein klarer Vertreter einer Spielweise mit ebenso frühem wie aggressivem Pressing. Dass der Österreicher großen Wert auf hohe Intensität auf dem Spielfeld legt, war in der Vorbereitung bereits bestens erkennbar und wurde, falls nötig, auch lautstark eingefordert.

Nach Engagements beim FC Barnsley und den New York Red Bulls ist Köln bereits Strubers dritte Auslandsstation.

© IMAGO / GEPA pictures

Soll den FC zurück in die Bundesliga führen: Gerhard Struber. © IMAGO / GEPA pictures

Der potentielle Shooting-Star

Obwohl der nicht unbedingt zu erwartende Verbleib von Spielern wie Hübers, Martel oder Waldschmidt die Folgen der Transfersperre abgemildert hat, bietet sich einigen jungen Spielern die Chance auf viel Spielzeit und damit die Nachfolge von Max Finkgräfe an, der einer der wenigen Gewinner der letzten Saison war. Neben Julian Pauli und dem in der Vorbereitung allerdings zunächst verletzt ausgefallenen Marvin Obuz sind die Angreifer Tim Lemperle und Damion Downs heiße Kandidaten für den Durchbruch.

Lemperle freilich hat schon einige Erfahrungen sammeln können, wohingegen Downs erstmals wohl sogar als Stammspieler in die Saison startet. Der 20-Jährige hat in der vergangenen Rückrunde bereits zwei wichtige Joker-Tore erzielt und in der Vorbereitung seine Qualitäten auch gezeigt. Insbesondere passt der Deutsch-Amerikaner als fleißiger Anläufer gut zur Spielweise von Trainer Struber und könnte mit seinen 1,92 Metern zum körperlich präsenten Zielspieler werden.

Die mögliche Startelf zum Auftakt

Urbig – Thielmann, Hübers, Heintz, Pacarada – Martel – Ljubicic, Waldschmidt, Huseinbasic – Downs, Lemperle

Fazit & Prognose

Der 1. FC Köln ist auf einigen Positionen für Zweitliga-Verhältnisse herausragend besetzt und scheint unter Trainer Struber auch wieder eine Spielanlage zu verfolgen, die besser zum vorhandenen Personal passt. Die Voraussetzungen, um eine gute Rolle zu spielen, sind somit definitiv gegeben, wobei aber auch eine Portion Skepsis erlaubt ist. Etwa in Bezug darauf, ob die jungen Stürmer die Eindrücke aus der Vorbereitung dauerhaft bestätigen können und ob die in der Vergangenheit verletzungsanfälligen Waldschmidt und Uth über einen längeren Zeitraum hinweg funktionieren. Unter dem Strich rechnen wir mit dem FC schon im vorderen Drittel, aber nicht zwingend unter den ersten Drei. Auch, weil das eine oder andere Talent vielleicht noch ein Jahr zum Reifen benötigt.