1. FC Heidenheim: Interview mit Robert Leipertz
"Bei der individuellen Qualität sind wir dem HSV & VfB unterlegen"
Der 1. FC Heidenheim blickt den letzten vier Saisonspielen entgegen und hat als Tabellen-Vierter die Aufstiegsplätze sowie den Relegationsplatz im Blick. Robert Leipertz spricht mit Liga-Zwei.de über das bevorstehende Heimspiel gegen den SSV Jahn Regensburg (Samstag, 13:00 Uhr), über den Aufstiegskampf mit dem Hamburger SV und den VfB Stuttgart, die Stärken des 1. FC Heidenheim und den Vorteil gegenüber den Großen.
Herr Leipertz, wie sehr haben Sie auf dem heimischen Sofa gejubelt, als der Hamburger SV am Montagabend in der Nachspielzeit noch den Ausgleich gegen Holstein Kiel kassierte und somit für den 1. FC Heidenheim in Schlagdistanz bleibt?
Robert Leipertz: „Natürlich war es für uns besser, dass Holstein Kiel noch den Ausgleich gemacht hat. Aber leider haben wir selber unsere Hausaufgaben nicht gemacht. Aufgrund der Niederlage gegen Hannover haben wir die Chance verpasst, jetzt vor dem HSV zu stehen. Trotzdem haben wir weiterhin eine realistische Chance, weil wir den HSV am 33. Spieltag noch bei uns zu Hause haben und dadurch weiterhin aus eigener Kraft Platz 3 erreichen können.“
Wo sehen Sie den Grund dafür, dass Heidenheim tabellarisch überhaupt mit den finanziell besser aufgestellten Traditionsvereinen Hamburger SV und VfB Stuttgart mithalten kann?
Leipertz: „Unsere Stärke ist das Team. Geht man nach der individuellen Qualität, sind wir dem Hamburger SV und dem VfB Stuttgart auf dem Papier natürlich unterlegen. Wir machen das oft wett, indem wir noch einmal drei, vier oder fünf Kilometer mehr rennen als der Gegner und eklig zu bespielen sind.“
Nun steht das Heimspiel gegen den SSV Jahn Regensburg bevor, gegen die Sie in der Hinrunde mit 1:3 verloren haben. Was für ein Spiel erwarten Sie?
Leipertz: „Der Trainer hat uns noch einmal daran erinnert, dass wir jetzt in Liga Zwei fünf direkte Aufeinandertreffen mit Regensburg hatten und kein einziges davon gewonnen haben. Auch als ich für den FC Ingolstadt gespielt habe, blieb mir ein Sieg gegen Regensburg verwehrt. Wir haben mit Regensburg also eine Rechnung offen.
Ich erwarte ein sehr hektisches Spiel mit viel Pressing, Gegenpressing, vielen taktischen Fouls und Spielunterbrechungen. Das praktiziert Regensburg bereits seit Jahren so. Wer mehr Zweikämpfe und zweite Bälle gewinnt, wird sich durchsetzen.“
Sie haben bereits das möglicherweise entscheidende Spiel am 33. Spieltag gegen den Hamburger SV angesprochen. In der Hinrunde gewannen Sie mit 1:0. Was können Sie aus dieser Erfahrung mitnehmen?
Leipertz: „Es war ein schönes Erlebnis, im Volksparkstadion vor so vielen Fans zu spielen. Wir hatten damals genau das umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben: In der Verteidigung kompakt stehen und hintenraus mutiger werden. Man hat während des Spiels gemerkt, dass die Mannschaft und die Fans des HSV immer unruhiger wurden. Wir haben dann im richtigen Moment zugestochen. Sicherlich war das 1:0 etwas glücklich. Aber wir haben konsequent verteidigt und nur wenig Chancen zugelassen.“
Das Spiel gegen den Hamburger SV wird in Heidenheim stattfinden. Spielt das momentan überhaupt eine Rolle?
Leipertz: „Wir haben seit dem Restart zu Hause mehr Punkte geholt als auswärts. Von daher betrachte ich das schon als Vorteil. Von der Stimmung her spielt das zwar keine Rolle. Es könnte aber ein Vorteil sein, dass Hamburg eine Anreise hat und wir nicht.“
Am letzten Spieltag reisen Sie zu Arminia Bielefeld, die dann möglicherweise den Aufstieg schon sicher haben. Wäre das ein Vorteil?
Leipertz: „Ich denke auch, dass Bielefeld dann bereits sicher aufgestiegen ist. Aber ich weiß nicht, ob das ein Vorteil sein wird. Auch wir haben in den letzten Jahren gezeigt, dass wir am letzten Spieltag noch einmal Gas gegeben haben, obwohl es tabellarisch für uns um nichts mehr ging – zum Beispiel letzte Saison gegen Ingolstadt. Daher gehe ich davon aus, dass Bielefeld genauso auftreten würde.“
Der 1. FC Heidenheim hat in dieser Saison bereits 14 Mal zu Null gespielt. Was ist das Geheimnis hinter dieser Stabilität?
Leipertz: „Wir verteidigen mannschaftlich sehr geschlossen. Wenn es angebracht ist, stellen wir uns mit zehn Mann in den eigenen 16er – aber eben nicht immer. Zudem haben wir in Kevin Müller einen hervorragenden Torwart, der ja nun seinen Vertrag auch bis zum Jahre 2025 verlängert hat.“
In einer möglichen Relegation würde der 1. FC Heidenheim wahrscheinlich auf Fortuna Düsseldorf oder den SV Werder Bremen treffen. Wie schätzen Sie diese Aufgaben ein?
Leipertz: „Wir hatten diese Saison im DFB-Pokal mit Werder Bremen kein allzu schönes Erlebnis…“
Werder Bremen gewann mit 4:1…
Leipertz: „Genau, wir hätten also etwas gutzumachen. Aber es wäre vermessen, jetzt schon über den möglichen Relegationsgegner zu sprechen.“
Der ehemalige St. Pauli Trainer Ewald Lienen hat einmal gesagt, dass jede Mannschaft, die in der 2. Bundesliga eine tolle Saison spielt, aber nicht aufsteigt, danach Probleme bekommen könnte, weil die besten Spieler dann zu Vereinen mit mehr Perspektive oder Geld wechseln. Könnte auch Heidenheim dieses Schicksal drohen?
Leipertz: „Wir hatten bereits im vergangenen Jahr einen relativ großen Umbruch, haben damals Leistungsträger wie Robert Glatzel, Robert Andrich und Nikola Dovedan verloren. Daher hatten wir Anfang der Saison auch unsere Probleme, haben das dann aber als Kollektiv aufgefangen. Aber das bedeutet natürlich nicht, dass das immer funktioniert.
Ein Gegenbeispiel war Eintracht Braunschweig, die ein Jahr nach der Relegation um den Bundesliga-Aufstieg in die 3. Liga abgestiegen sind. Diese Gefahr sehe ich bei uns jetzt nicht. Aber man kann auch nicht zwingend davon ausgehen, dass es immer so gut weiterläuft wie diese Saison.“
Die letzten vier Stationen von Robert Leipertz
Sie haben bereits von 2014 bis 2016 für den 1. FC Heidenheim gespielt, bevor Sie dann zum FC Ingolstadt gewechselt sind und Anfang 2019 zurückkehrten. Inwiefern hat sich der Verein in dieser Zeit verändert?
Leipertz: „Menschlich ist alles identisch geblieben. Aber natürlich hat auf dem Vereinsgelände ein gewisser Ausbau stattgefunden. Wir haben zum Beispiel einen neuen Kraftraum und neue Trainingsplätze. Das war auch notwendig, um sich in der 2. Liga zu etablieren.“
Sie haben eine Vergangenheit beim FC Schalke 04. Sind das fußballverrückte Gelsenkirchen mit dem großen Stadion und das beschauliche Heidenheim zwei völlig entgegengesetzte Extreme?
Leipertz: „Ich bin ja selbst eher ländlich großgeworden. Von daher habe ich das Leben in der Großstadt hier in der 48.000-Einwohner-Stadt Heidenheim nie vermisst. Mir hat es als junger Spieler geholfen, dass das mediale Interesse hier etwas geringer ist und man nach einer schlechten Leistung nicht gleich auseinandergepflückt wurde. Das ist bei anderen Vereinen, wie zum Beispiel dem 1. FC Nürnberg, sicherlich anders.“
Herr Leipertz, vielen Dank für das Gespräch!
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